Busemanns EM-Orakel Lauf Krause hat das Zeug zum EM-Titel - Medaillen im Halbmarathon?
Nach der Babypause will Gesa Krause ihren Hunger auf Erfolg über 3.000 m Hindernis stillen. Gold scheint bei der Leichtathletik-EM in Rom möglich. Bei den Männern ist mit einer deutschen Medaille wohl am ehesten im Halbmarathon zu rechnen. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Lauf-Einschätzungen.
800 m
Wer crasht die italienische Party?
Die Briten strunzen mit einem Überangebot an guten Läufern, schicken sie doch nur die diesjährige Nummer zwei, vier und fünf ins Rennen um die EM-Krone. Im letzten Jahr waren die noch nicht mal in den Top 6 zu Hause. Diese Nation steht irgendwie auf Schmerzen - oder laufen die alle zur Schule? Pünktlich zur Heim-EM dreht Italiens Catalin Tetuceanu mächtig auf und meldet Titelambitionen an. Zwei Franzosen und die Briten wollen die Party crashen.
Für Kolberg wäre die Endlauf-Teilnahme ein Erfolg
Majtie Kolberg muss sich in diesem Jahr leider allein auf die Zweirundendistanz begeben. Seit Jahren wird sie immer besser. Schon vor drei Jahren knackte sie die magischen zwei Minuten, die aber sind bei Meisterschaftsrennen ein schwieriges Unterfangen. Ihre internationale Erfahrung lässt sie im Feld bestehen: Kolberg versucht mit etwas Glück in den Endlauf einzuziehen. Vorn will das Laufgeschwader aus Großbritannien mit Toptopfavoritin Keely Hodgkinson Titel und Medaillen britisch kolorieren.
ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.
1.500 m
Farken kann ohne großen Druck laufen
Pünktlich zur olympischen Saison läuft es bei Robert Farken wieder besser, die verletzungsbedingte Leidenszeit scheint ausgestanden. Bei der EM kann er wertvolle Praxis unter Turnierbedingungen sammeln. In Oslo zauberte er mit 3:32,20 Min. noch kurzerhand die Olympianorm auf die Bahn, sodass er in Rom schön auf Platzierung laufen kann. Mit Amos Bartelsmeyer und Marius Probst gesellen sich zwei weitere schnelle Jungs dazu, die Zeiten um die 3:35 Minuten im Gepäck haben. Für das Finale bedarf es eines schnellen Spurts mit taktischem Geschick. Es gehört mitunter auch ein wenig Glück dazu, in Europas dicht gedrängtem Getümmel in der Leistungsklasse hinter Jakob Ingebrigtsen.
Weßel braucht neben Können auch etwas Glück
Bei den Frauen gibt es durch den Verzicht der Dauerbrennerinnen Laura Muir und Sifan Hassan ganz neue Möglichkeiten für andere Athletinnen. Die Favoritinnen kommen alle von der Insel - von dort also, wo es zum Frühstück Porridge und den Tee mit einem Schuss Painlover gibt.
Nele Weßel muss im Vorlauf im Feld mitgehen und ehrfurchtslos ihr Können auf die Bahn bringen. Von der blanken Zeit kann sie sogar ins Finale kommen, aber Vorrundenläufe haben ihre eigenen Gesetze von Taktik und ein wenig Glück ...
3.000 m Hindernis
Bebendorf und Ruppert müssen clever laufen
Über die 3.000 m Hindernis ist in Rom geballte Deutschland-Power vertreten. Vier Mann mit Quali, also schon ein guter interner Anspruch, um überhaupt zur EM zu kommen. Das macht Lust auf mehr. Karl Bebendorf, der Dauer(b)renner, der sich stetig verbessert und mit Erfahrung und Klasse immer ein Auge für die Lücke hat. Dicht auf den Fersen - aber mit besserer Bestzeit aus dem Jahr 2022 - ist Frederik Ruppert dabei, der in diesem Jahr auf einem erstklassig stabilen Niveau läuft. Die beiden drücken auf die vor ihnen liegenden Franzosen und Spanier, bekommen aber auch mächtig Druck von hinten.
Meisterschaftsrennen haben ihre eigenen Gesetze: clever laufen, Augen auf im Grabengewimmel - und schon könnte was gehen. Nach vorn, aber auch nach hinten. Das DLV-Trio komplett macht Velten Schneider, der in Brüssel kurz vor dem Nominierungsschluss richtig eskalierte. Dieses gute Gefühl will er mit ins Olympiastadion nehmen.
Starkes deutsches Frauen-Trio mit vielen Chancen
"She is back" - und wie! Gesa Krause hat sich nach ihrer Babypause eindrucksvoll zurückgemeldet und ist sofort wieder im Kreise der Titelanwärterinnen zu nennen. Vor zwei Jahren in München ist Lea Meyer eindrucksvoll mit der Silbermedaille in die Bresche gesprungen, sie hat eine kleine Schwächephase Krauses überstrahlt. Und mit der U23-Europameisterin Olivia Gürth haben wir eine dritte hochgehandelte Athletin am Start, die die Vermutung aufkommen lassen könnte, dass Deutschland direkt neben dem Hindernisland Kenia angesiedelt ist. Da ist also viel möglich mit drei Deutschen im Finale!
5.000 m
Alles geben im allesentscheidenden Lauf
Über 5.000 m haben Maximilian Thorwirth und Florian Bremm Ende Mai in Brüssel starke Zeiten in die Bahn ge(b)rannt - jeweils um 13:11 Minuten. Sie reihen sich damit in der ewigen deutschen Bestenliste auf Platz 5 und 7 ein. Der in der Liste Zweitbeste, Mohamed Abdilaahi, hatte im April einen guten Saisoneinstieg, in den letzten beiden Rennen vor der EM stieg er aber aus.
Dennoch: Die drei machen Lust auf die zwölfeinhalb Runden. Für Abdilaahi muss es bei Ingebrigtsens Titelverteidigung in die Top 8 gehen. Wie in den letzten Jahren wird es nur einen großen Endlauf geben. So können alle mit allen Körnern alles in diesen einen allesentscheidenden Lauf hauen.
Wer beerbt Klosterhalfen nach ihrer EM-Absage?
Titelverteidigerin Konstanze Klosterhalfen ist krankheitsbedingt leider nicht am Start. Vor zwei Jahren hatte sie sich noch vom Heimpublikum beflügeln lassen und in einem beeindruckenden Finish die Goldmedaille geholt. Für die Italienerin Nadia Battocletti könnte es ähnlich laufen. Doch Athletinnen wie Karoline Grovdal aus Norwegen und die anderen aus der Phalanx der U15-Minuten-Läuferinnen wollen das in einem taktischen, sich belauernden Rennen verhindern. Einzige deutsche EM-Starterin über diese Strecke ist nach der Klosterhalfen-Absage 3.000-m-Halleneuropameisterin Hanna Klein. Sie kann eine Top-6-Platzierung anstreben.
10.000 m
Voigt, Bienenfeld und Förster müssen eigenes Tempo finden
Wie eng der Zeitplan der internationalen Leichtathletik ist, zeigt unter anderem die Tatsache, dass es 2024 keinen Europacup über die längste Stadionstrecke gibt. Aus dem Grund dürfen bei der EM pro Nation fünf Teilnehmer dabei sein und es gibt ein sogenanntes B-Finale.
Die 25 Runden bei den Männern werden von Nils Voigt, Aaron Bienenfeld und Tom Förster im deutschen Trikot bestritten. Sie müssen in einem starken europäischen Feld ihr eigenes Tempo finden, aber kräfteschonend im Feld mitschwimmen.
Bei den Frauen ist Top-Ten-Platzierung möglich
Aufgrund der krankheitsbedingten Absage von Klosterhalfen sowie Marathon-Team-Europameisterin Miriam Dattke schmilzt das deutsche Team auf ein schlankes Trio: Deborah Schöneborn - ebenfalls Marathon-Team-Europameisterin -, die deutsche Meisterin Eva Dieterich und die erst 21-jährige Lisa Merkel. Beim Sieg der Britin Eilish McColgan strebt eine deutsche Läuferin eine einstellige Platzierung an.
Halbmarathon
DLV-Team mit vielen Treppchen-Aspiranten
Die Konstellation mit den Olympischen Spielen in diesem Sommer bringt es mit sich, dass es in Rom keinen Marathon gibt - was die Sache um den EM-Titel etwas verzerrt. Spätestens seit Richard Ringer in München wissen wir, dass die Medaillen erst ab Kilometer 41 ausgelaufen werden. Nun kommen also die "Sprinter" zum Zuge: Neben Titelverteidiger Ringer wollen auch der deutsche Rekordler Amanal Petros, Samuel Fitwi und Simon Boch ins Rennen um neuerliche Medaillen einsteigen. Und es sieht gut aus.
Bei diesen Namen klingeln die Ohren der Laufenthusiasten. Selten standen die Chancen so gut und offensichtlich, dass am Ende des Tages wieder Edelmetall den Medaillenspiegel des Verbandes aufhübscht. Das Team komplettieren Hendrik Pfeiffer und Filimon Abraham. Es ist die Creme de la Creme der deutsche Läuferszene. Da kann eigentlich nix anbrennen für Doppelblingbling.
Kejeta zählt zu den Topfavoritinnen
Bei den Damen gehen mit der deutschen Rekordlerin Melat Kejeta, Fabienne Königstein und Domenika Mayer ebenfalls äußerst klangvolle Namen ins Rennen. Kejeta zählt zu den Topfavoritinnen und kann die anderen mitreißen, was in der italienischen Hitze die ein oder andere Überraschung in alle Richtungen mit sich bringen kann. Das Team komplettieren die ebenfalls saustarken Esther Pfeiffer und Katharina Steinruck, die Deutschlands Läuferherz ebenfalls höher schlagen lassen wollen. Alina Reh musste ihren Start leider kurzfristig absagen.
Beide Teams laufen übrigens in der Mannschaftswertung um die Medaillen mit. Deshalb darf niemand aufgeben. Alle müssen sich total verausgaben. Denn jede Sekunde zählt - und am Ende wird abgerechnet.
20 km Gehen
Für Linke ist eine Medaille in Reichweite
Das deutsche Gehen ist in den letzten Jahr international äußerst etabliert gewesen. Mit Jonathan Hilbert und Christopher Linke wurden Topplatzierungen und Medaillen eingefahren. Und die strebt Linke natürlich auch wieder in Rom an. Der Vizeeuropameister über 35 Kilometer muss jetzt auf der "kürzeren" Distanz ran, auf der er international zahlreiche vierte und fünfte Plätze vorzuweisen hat. Es wird nicht einfach, aber wenn er mitgeht, dann ist die Medaille immer in Reichweite. Leo Köpp und der EM-Achte 2018 über 50 km, Nathaniel Seiler, machen den Dreifachstart deutscher Geher komplett. Sie wollen ihre Meldeplätze 19 und 33 deutlich verbessern.
Feige peilt Jahresbestleistung an
Die EM-Dritte von München Saskia Feige wird von ihrer Erfahrung profitieren und die beste Leistung des Jahres auf Roms Straßen brennen. Auch hier wird sich der Rückenwind der Landsleute auf die eigenen Athletinnen übertragen. Das, was Feige vor zwei Jahren zu Hause erleben durfte, wird nun die italienischen Geherinnen beflügeln.