Busemanns EM-Orakel Mehrkampf König Kaul, hungrige Thronaspiranten und Sonderfall Mayer
Europameister Niklas Kaul führt das deutsche Zehnkampf-Quartett bei der Leichtathletik-EM in Rom an und will seinen Titel verteidigen. Bei den Siebenkämpferinnen sind es drei, wobei Sophie Weißenberg im Schatten von Weltmeisterin Katharina Johnson-Thompson am meisten zuzutrauen ist. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Mehrkampf-Einschätzungen.
Zehnkampf
Favorit Kaul - Mayer sorgt für ein Novum
Dem König sei Dank. Deutschland schickt vier Vertreter dieser adeligen Zunft ins Rennen. Titelverteidiger Niklas Kaul startet als erneuter Favorit mit Wildcard. Doch in diesem Jahr muss er sich gegen eine handvoll wilder, hungriger Thronaspiranten erwehren und erlebt ein Novum in der Qualifikationshistorie. Der Weltrekordler und zweimalige Weltmeister Kevin Mayer startet ohne Norm mit einer weiteren Wildcard, da der europäische Verband um sein Dilemma weiß. Er hat noch keine Norm für die Heimspiele in Paris. Das heißt, er muss durchkommen. Auf Biegen und Brechen. Das bedeutet: Medaille oder Karriere.
Kauls Fokus wird trotz aller Begeisterung eher auf den Olympischen Spielen liegen, was ihn mit den anderen Medaillenanwärtern eint: Sie sind schon auf einem Topniveau, aber noch nicht ausgereizt. Zum Beispiel die jungen Norweger Markus Rooth und Sander Skotheim. Sie waren im vergangenen Jahr gut und werden das auch in diesem Jahr sein.
ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.
Eitel, Wolter und Nowak hoffen auf einstellige Platzierungen
Das deutsche Quartett komplettieren der WM-Elfte Manuel Eitel, der in den Bereich seiner Bestleistung kommen will und die Top sechs ins Auge fassen kann, der Novize Felix Wolter, der bisher aufgrund seines Studiums eher in den USA performte und das jetzt eindrucksvoll in Europa fortführt, sowie Dauerbrenner Tim Nowak, der in Götzis eine Bestleistung aufstellte.
Alle vier können aufgrund ihres Potenzials einstellige Platzierungen anstreben. Was die anderen Nationen verhindern werden wollen, weil es so eine Quote noch nie gegeben hat. Und es setzt voraus, dass alle durchkommen. Es liegt in der Natur der Sache, dass unterwegs der ein oder andere verloren geht ...
Siebenkampf
Weißenberg sinnt auf Schweinehund-Revanche
Bei den Siebenkämpferinnen haben wir mit Carolin Schäfer, Sophie Weißenberg und Vanessa Grimm ebenfalls altbekannte und versierte Kräfte am Start. Weißenberg hat nach ihrem Hürdenstrauchler in Götzis, der ihr den Wettkampf kostete, noch eine gehörige Portion Wiedergutmachung in der Magengegend. Sie sinnt auf Schweinehund-Revanche. Dafür muss sie diese dunklen Erfahrungen zur Seite schieben und den Fokus in Roms Sonne legen. Dann kann im Bereich um 6.400 Punkte alles gut werden und im Schatten von Weltmeisterin Katharina Johnson-Thompson oder Nafi Thiam eine Top-sechs-Platzierung herausspringen, was wertvolle Vertrauenspunkte zurückholt.
Schäfer vs. Grimm um die Kronprinzessinnenregenschaft
Caro Schäfer hat in diesem Jahr so gut wie keine Wettkämpfe bestritten, weiß aufgrund ihrer Erfahrung aber, wie eine solche Meisterschaft läuft. Trotzdem ist es nie einfach aus der kalten Hose in den Saisonhöhepunkt einzusteigen. Sie wird sich mit Vanessa Grimm um die nationale Kronprinzessinnenregenschaft auf internationaler Bühne duellieren. Grimm ist da im Vorteil: Sie hat in Götzis mit 6.307 Punkten an der eigenen Bestleistung gekratzt und will diese in Rom verbessern, was ihr auch einen Platz in den Top acht einbringen kann.