Frank Busemanns Olympia-Kolumne Olympia-Gold für Ogunleye – Ein Sieg für die Geschichtsbücher
Yemisi Ogunleye hat für einen unvergesslichen Olympia-Moment gesorgt. Gold im Kugelstoßen ist eine Sensation und das Ergebnis von Teamwork in einer Einzelsportart, betont ARD-Experte Frank Busemann.
GOLD FÜR DEUTSCHLAND! Ich flipp aus. Ich wurde im Vorfeld immer gefragt: Wer holt die Medaillen? Yemisi Ogunleye hatte ich vage auf der Rechnung. Als eine von Vieren, die Medaillen holen könnten.
Und dann habe ich immer noch gesagt, dass es Überraschungen geben könnte. Aber die hat man nicht auf der Rechnung, sonst wäre es keine Überraschung. Was soll ich sagen. Doppelpack! Medaille mit Überraschung. Yemisi Ogunleye! Nicht Bronze, nicht Silber. Gold!
Sie strahlt grenzenlose Sicherheit aus
Dabei fing das Finale alles andere als gut an. Es regnete und sie als Drehstoßtechnikerin rutschte im ersten Versuch gnadenlos aus. Ein schlimmer Sturz, die Kugel flog im 90-Gradwinkel von der Anlage weg. Keine Chance, im Ring Halt zu finden. Panik pur, sollte man meinen. Doch sie wiegelte sofort ab. Sie strahlte in dieser Situation eine grenzenlose Sicherheit aus.
Sicherheit: Die hatten die US-Amerikaner in der Staffel nicht. Das ist auch eine Überraschung. Im negativen Sinne. Wie können vier so schnelle Jungs so schlecht wechseln? Weil sie es können! Weil sie glauben, dass sie selbst mit schlechten Wechseln gewinnen können. Haben sie dann auch probiert. Klappte aber nicht. Unbegreiflich.
Auch die Staffel-Frauen begeistern mit Teamwork
Ganz anders die deutschen Frauen. Lisa Mayer sagte vor ein paar Monaten, dass sie Großes vorhätten. Ist das Überheblichkeit? Nein! Man muss schon dran glauben, dass man es drauf hat, ohne es selbstverständlich zu nehmen. Das ist der Unterschied.
Akribische Arbeit und grenzenlose Leidenschaft braucht man für Medaillen. Überzeugung und den Glauben an sich und seine eigenen Fähigkeiten. Und so können vermeintlich unterlegene Einzelläufer überraschen. Das ist sie, die deutsche Überraschung. Stark im Team. Als Individualsportler. Füreinander da sein. Alles geben. Egoistische Kooperation kann man das nennen. Jeder gibt sein absolut Bestes und baut es in ein Gesamtkunstwerk ein. Dann profitiert jeder im Kollektiv.
Yemisi Ogunleye - Der Wahnsinn hat einen Namen
Und dann kommt der Wettkampf, der in die olympischen Geschichtsbücher eingehen wird und Ogunleye den lebenslänglichen Titel einer Sportadeligen verleiht.
Sie kontert ihren Ausrutscher mit einem Stoß, der genau das darstellte, was sie ausstrahlte: Sicherheit und Überzeugung. Und dann verschmolz sie förmlich in einer unglaublichen Ruhe mit diesem denkwürdigen Wettkampf. Übernahm im Fünften die Führung, gab sie zwei Minuten später wieder ab.
Ihre Trainerin bekräftigte sie, dass sie auch gewinnen könne. Dann knallte sie im sechsten Versuch ihre Bestleistung in die Wiese und krönte sich zur Königin. Der Wahnsinn hatte einen Namen: Yemisi Ogunleye!
Egal, was passiert, zu Ende ist es erst am Ende. Sie hatte nie den Hauch eines Zweifels, dass es hier gut werden kann. Und wenn man jetzt meint, sie habe eine Medaille gewonnen, der irrt. Im Interview sagte sie nachher: "Wir haben gewonnen!" Wir. Und das gibt ihr auch Sicherheit. Das Wir in der Einzelsportart. Eine tolle Sportlerin. Ein toller Mensch.
Das ist echt groß. Olympiagold. Mehr geht nicht.