Bekanntgabe wohl heute Mittag Bundestrainer Nagelsmann und die Stakeholder
Heute Mittag dürfte Julian Nagelsmann als neuer Bundestrainer präsentiert werden. Ein Mann, der es gewiss nicht allen Interessengruppen des deutschen Fußballs recht machen wird.
Inzwischen gibt es auch Datenbänke, auf denen nach geeigneten Trainern gesucht werden kann. Etwa einem erfahrenen Fußballlehrer, der mit harter Hand führt, seine Mannschaft diszipliniert auftreten lässt und schnelle Wirkung zeigt. Würde diese Datenbank nicht unter anderem Felix Magath ausspucken, wäre sie schlecht programmiert.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sucht einen Nachfolger für Hansi Flick und hat sich nach der Absage von Jürgen Klopp auf Julian Nagelsmann festgelegt. "Gute Gespräche", bestätigte Präsident Bernd Neuendorf mit dem ehemaligen Trainer der TSG Hoffenheim, von RB Leipzig und dem FC Bayern München. Trotz dieser imposanten Vita ist Nagelsmann erst 36 Jahre alt. Das ist kein Alter für einen Bundestrainer, aber es läuft auf Nagelsmann hinaus. Heute sollen die entscheidenden Gremien nach Informationen der Sportschau den Vertrag absegnen, der angeblich nur bis zum Ende der Europameisterschaft 2024 gültig sein soll. Am Mittag soll der neue Coach dann präsentiert werden und sich dabei wohl auch erstmals selbst an die Fußball-Nation wenden.
Da stellt sich schon die Frage, ob es der Wunsch des DFB war, der Wunsch von Nagelsmann, oder war die kurze Laufzeit gar Tenor?
Wenig Zeit, um Ideen einzubringen
Eine Datenbank, in der nach Trainern gesucht wird, die sehr schnellen positiven Effekt zeigen, hätte eher nicht den Namen Julian Nagelsmann ausgespuckt. Es braucht Zeit, seine Idee vom flexiblen wie aggressiven, risikobereiten Fußball in die Köpfe und Beine der Nationalspieler einzubringen.
Etwa neun Monate bis zum ersten Spiel bei der EM am 14. Juni 2024 in München mögen reichen für einen Vereinstrainer. Aber die Nationalspieler wird Nagelsmann viel seltener beisammen bekommen. Julian Nagelsmann hat, das dürfte Konsens unter allen Fußballfans sein, sehr viel Sachverstand, vielleicht eine Spur zu viel wie bei einem Professor, der in 30 Minuten über sein Spezialgebiet referieren soll und sich in der Einleitung verliert.
Vermutlich ist Pragmatismus gefragt. Nagelsmann wird sein Training, von dem es eh heißt, ab und an zu kompliziert gewesen zu sein, vereinfachen müssen.
Kommentare von perfekter Lösung bis Fehlbesetzung
Ist Nagelsmann Konsens unter allen Stakeholdern, wie es heutzutage heißt? Gewiss nicht. Die Kommentare in den Medien, schon vor der offiziellen Verkündung reichlich abgesetzt, reichen von perfekter Lösung bis Fehlbesetzung.
Die Fans dürften gespalten sein, deutlich mehr als sie es bei einem Klopp gewesen wären oder bei Rudi Völler, der nach seinem Intermezzo rund um den Sieg gegen Frankreich vom Boulevard angefleht wurde, weiterzumachen.
Der Unterstützung des Boulevards darf sich Nagelsmann sicher sein, dazu genügen die einschlägigen Texte der vergangenen Tage.
Die wichtigsten Stakeholder sind die Spieler. Sie werden bald wohl einen Bundestrainer haben, der Longboard fährt und knallige Farben trägt. Ob sie das cooler finden als jemanden, der einen Film über Graugänse als Motivationshilfe bei einer Weltmeisterschaft nutzt (oder auch nutzen muss)?
Ein Trainer, der aneckt
Julian Nagelsmann eckt an, er ist sicher kein Menschenfänger wie Jürgen Klopp. Mit Manuel Neuer, der weiter gewillt ist, ins Tor der Nationalmannschaft zurückzukehren, trat Nagelsmann in einen offenen Konflikt. Über das Verhältnis zu Thomas Müller gibt es unterschiedliche Ansichten. Sie reichen von zumindest belastet bis völlig intakt. Möglich, dass sich Fragen nach deren Rücktritten aus der Nationalmannschaft mit der Ernennung eines neuen Bundestrainers erledigen.
Joshua Kimmich und Leon Goretzka gelten als Nagelsmann-treu. Goretzka, zuletzt von Hansi Flick gar nicht nominiert, dürfte profitieren, genau wie Timo Werner.