Neuer Modus Champions League - alte Probleme gelöst, neue geschaffen
Der letzte Spieltag der neuen Champions League blieb eine konfuse Aneinanderreihung von Tormeldungen, deren Bedeutung für die Fans am Fernseher kaum klar wurde. Auch die Erkenntnis am Ende des Spieltags, wie es in der K.o.-Phase weitergeht, stiftete Verwirrung. Der neue Modus löst einige alte Probleme - schafft aber neue.
Es sollte ein Fernsehereignis werden, die "XXL-Konferenz". 18 Spiele gleichzeitig, das große Drama stand an. Doch das funktionierte nur bedingt. Tor hier, Tor da, Elfmeter da hinten, noch ein Tor bei den anderen, das nächste Tor wird nachgereicht, während das eine Tor von eben vom Video-Assistenten wieder einkassiert worden ist. Und jedes Tor hinterließ die Frage: Was bedeutet das denn jetzt?
Sehr viel zu erklären, sehr wenig Zeit
Mit all diesen Informationen war für alle Beteiligten schwer umzugehen. Der in Deutschland übertragende Dienst "DAZN" lieferte jedes Tor, aber an vielen Stellen wenig Einordnung, was all diese Tore in der Tabelle für Konsequenzen haben. Der moderne Fan bedient während der Spiele zwar häufig mit Smartphone oder Tablet einen zweiten Bildschirm ("Second Screen"), verpasst bei diesem Format aber häufig zu viel auf dem ersten.
In den USA war die Verzweiflung beim Sender "CBS" offenbar so groß, dass die Blitztabelle und eine Übersicht der Zwischenstände in der zweiten Hälfte durchgehend eingeblendet wurden. Die Übertragung der Spiele wurde in ein verkleinertes Format gezwungen, was auch nicht jeden glücklich macht.
Übertragung der Champions League in den USA bei CBS Sports
Der Schlusspfiff lieferte die nächste Herausforderung für Fans und Reporter. Bayern München ODER Real Madrid spielen nun gegen Celtic Glasgow ODER Manchester City und danach bei einem Sieg gegen Atlético Madrid ODER Bayer Leverkusen. Eine weitere Information, die im ersten Moment vor allem Verwirrung stiftet. Es gab an diesem Abend sehr viel zu erklären und sehr wenig Zeit. Für die Sender bleibt als Fazit: Es ist schwer, es richtig zu machen. Aber hat die UEFA es mit der Reform richtig gemacht?
Der Modus hat manche Versprechen gehalten, aber nicht alle
Die Champions League brauchte eine Reform. Die alte Gruppenphase war in vielen Saisons an Langeweile schwer zu unterbieten. Schon mit der Auslosung war in vielen Gruppen klar, wer welchen Platz belegen wird. Langeweile führt zu weniger Interesse und damit zu einer kommerziellen Abwertung - und wenn es ums Geld geht, ist der Profifußball zu fast allem bereit, sogar zu Veränderungen.
Und der Saisonverlauf war teilweise tatsächlich interessant. Die UEFA verwies beispielhaft auf Borussia Dortmunds Achterbahnfahrt von Platz eins am zweiten Spieltag runter auf Platz elf, hoch auf Platz vier und wieder runter auf Platz 14, am Ende stand der BVB auf Platz zehn.
Die Vorzeichen des letzten Spieltags waren verheißungsvoll. Manchester City und Paris Saint-Germain waren noch in Gefahr, auszuscheiden. Fast das halbe Teilnehmerfeld hatte noch einigermaßen realistische Chancen, direkt das Achtelfinale zu erreichen und die Zwischenrunde zu vermeiden.
Und auch die Zwischenrunde verspricht Spannung: Aus dem Trio Bayern München, Manchester City und Real Madrid wird einer auf der Strecke bleiben. Mehr Dynamik, mehr interessante Spiele, mehr Spiele zwischen den großen Teams, mehr Unberechenbarkeit, das waren die Ziele der UEFA. Der Modus hat diese Versprechen gehalten, andere allerdings nicht.
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"Jedes Spiel zählt" - das falsche Motto
"Jedes Spiel zählt" - mit diesem Motto pries die UEFA den neuen Modus an. 125 Spiele pro Saison hatte die alte Champions League. Im neuen Wettbewerb gibt es 189 Partien. Satte 144 davon brauchte es, um zu klären, dass Dinamo Zagreb, der VfB Stuttgart, Schachtar Donezk, der FC Bologna, Roter Stern Belgrad, Sturm Graz, Sparta Prag, RB Leipzig, der FC Girona, Red Bull Salzburg, Slovan Bratislava und Young Boys Bern nicht mehr mitspielen dürfen. "Zu viel des Guten", kritisierten Fans des FC Bayern auf einem Spruchband zur Reform.
"Zu viel des Guten" - Bayern-Fans protestieren gegen die Reform der Champions League.
Es waren teils lange und zähe Wochen, bis der Höhepunkt des letzten Spieltags anstand. Und als er endlich da war, gab es neun Teams, die bereits ausgeschieden waren. Das ist ein Viertel des gesamten Teilnehmerfelds. Sturm Graz gegen RB Leipzig wurde beispielsweise zu einem Spiel, das für wirklich niemanden zählte, aber Ticketpreise zwischen 45 und 129 Euro hatte. Das war ein riesiges Problem im alten Modus. 2020/21 beispielsweise waren in der Gruppenphase schon vor dem vorletzten Spieltag sieben Teams sicher raus. Dieses Problem wollte die UEFA angehen, es ist nun bestenfalls verkleinert.
Die Grundprobleme sind immer noch da
Die grundsätzlichen Probleme der Champions League bleiben ohnehin. Das Leistungsgefälle und die ungleiche Verteilung von Reichtum sind riesig. Ein Blick auf die Landkarte zeigt auch die geografische Verteilung dieses Wohlstands. Der sogenannte europäische Wettbewerb Champions League schließt den halben Kontinent aus. Von den vertretenen Städten in der K.o.-Phase ist München die östlichste.
Am Ende gab es praktisch keine Überraschung, alle großen und reichen Teams sind weiter, die einzige Ausnahme bleibt RB Leipzig. Es ist dieselbe Geschichte, nur anders und spannender erzählt. Die Reform geht damit die Symptome an, nicht aber die Ursache. Die jährlichen Einnahmen von 4,4 Milliarden Euro statt bisher 3,5 Milliarden gehen immer noch weitgehend an die üblichen Verdächtigen, damit diese zufrieden bleiben und die Finger von einer Super League lassen. Die Ungleichheit steigt damit aber weiter, in den nationalen Ligen und in Europa. Daran ändert eine Fernsehkonferenz mit 18 Spielen nichts.