Skispringer Andreas Wellinger jubelt nach seinem Sprung

Nordische Ski-WM Wellinger gewinnt bei Skisprung-Krimi WM-Silber

Stand: 02.03.2025 18:52 Uhr

Riesen-Jubel im deutschen Skisprung-Team: Nach ganz schwierigen Monaten sind die DSV-Adler bei der Nordischen Ski-WM in Norwegen aus der Krise gesprungen. Andreas Wellinger und Karl Geiger begeisterten am Sonntag (02.03.2025) bei der WM-Entscheidung von der Normalschanze.

"Absturz", "nächste Enttäuschung", "Drama" - die Schlagzeilen, die den deutschen Skispringern in den letzten Wochen um die Ohren flogen, waren schmerzhaft. Umso schöner, dass die DSV-Weitenjäger beim Saisonhöhepunkt den Turnaround schafften.

Andreas Wellinger gewann bei der ersten WM-Einzel-Entscheidung in Trondheim Silber, Karl Geiger flog als Vierter zwar knapp an den Medaillen vorbei, mischte beim atemberaubenden Skisprung-Krimi aber vorn mit und erlöste auch Bundestrainer Stefan Horngacher, der zuletzt scharf kritisiert worden war. Neuer Weltmeister ist der Norweger Marius Lindvik, Bronze ging an Jan Hörl.

"Die Jungs haben einen tollen Job gemacht. Wir haben in den letzten Wochen richtig Gas gegeben. Mit einer Medaille gehen viele Dinge viel leichter", atmete Horngacher im ZDF auf. Geiger war "echt stolz" auf seine Leistung, "aber der vierte Platz ist bei der WM bitter", sagte der Oberstdorfer. "Es waren acht Wochen, die beschissen waren. Hier habe ich vom ersten Sprung performt. Ich hab Silber gewonnen und nicht Gold verloren. Was ich mir vorgenommen habe, hat funktioniert", freute sich Silber-Held Wellinger.

Kopf-an-Kopf-Rennen um den Sieg

Es war ein packender Wettbewerb, bei dem vor dem Finale sieben Springer innerhalb von zehn Punkten beisammen lagen. Mittendrin auch Wellinger (2.) und Geiger (5.). Wellinger erwischte im ersten Durchgang einen nahezu perfekten Sprung auf 106,5 Meter - und das, obwohl im Hang die Wind-Unterstützung fehlte. Geiger trug es auf 105,5 Meter.

Neben Wellinger und Geiger brachten sich zwei Norweger, zwei Österreicher und ein Japaner im Kampf um die Medaillen in Stellung. Marius Lindvik stellte mit 108 Metern einen neuen Schanzenrekord auf und lag auf Goldkurs, auch Jan Hörl (3. Platz/107 m), Johann André Forfang (4. Platz/107 m), Stefan Kraft (6. Platz/106 m) und Ryoyu Kobayashi (7. Platz/104 m) durften sich Hoffnungen auf Edelmetall machen.

Geiger verpasst Bronze haarscharf

Aus dem Kreis der Medaillen-Kandidaten musste Kobayashi im Finale als Erster ran. Schnell war klar, dass 103,5 Meter nicht reichen würden. Kraft (101 m), der unmittelbar danach in die Spur ging, setzte sich vor den Japaner. Die Pole Position hielt nur kurz: Mit 102 Metern flog Geiger auf den Spitzenplatz.

Forfang war der nächste - ein Glanzsprung gelang auch ihm nicht - 100,5 Meter, aber gute Noten und dann das Warten: 0,1 Punkte hinter Geiger! Hörl zog mit 102 Metern jedoch am Deutschen vorbei und hatte eine Medaille sicher. Nur welche? Wellinger und Lindvik standen nach oben. Wellinger lieferte mit 104,5 Metern, Lindvik sprang exakt genauso weit, profitierte aber vom Vorsprung und jubelte über den Weltmeistertitel.

Wellingers Medaille hatte sich schon im Training und der Qualifikation angedeutet. Der 29-Jährige, der die kleinen Schanzen liebt, mischte stets vorn mit. Plötzlich liefen die Sprünge wie von selbst. Verkrampftheit und Selbstzweifel, die dem Deutschen zuletzt im Weg standen, waren wie weggeblasen. Die Form rettete Wellinger - der schon bei der WM 2023 Silber von der Normalschanze geholt hatte - in den Wettbewerb.

"Kleinschanzen-Karle" sticht

Auch Karl Geiger konnte endlich wieder lachen. Der Kleinschanzen-Karle - so wird der Karl Geiger wegen seiner Absprungkraft genannt - machte am Schanzentisch alles richtig, nutzte den Aufwind und landete im ersten Durchgang bei 105,5 Metern und damit in der Spitzengruppe. Als Fünfter zur Halbzeit hatte Geiger nur 1,3 Punkte Rückstand auf den Bronzeplatz. Das Feld war aber extrem dicht beisammen. Im Finale überzeugte Geiger mit 102 Metern - die Medaille verpasste er am Ende um knapp drei Punkte.

Skispringer Karl Geiger

Karl Geiger sprang in Trondheim aus der Krise.

"Später" Raimund ohne Medaillenchance

Philipp Raimund war nach guten Trainingssprüngen voller Euphorie und hatte einen Podestplatz prophezeit, wenn ihm zwei Topsprünge glücken würden. Der Medaillentraum platzte schon nach dem ersten Versuch. 99 Meter waren solide, aber eben nicht der benötigte Ausreißer nach oben. Der 24-jährige Weitenjäger vom SC Oberstdorf lag zur Halbzeit auf dem 20. Platz und ärgerte sich: "Ich bin viel zu spät gewesen und dann bringt mir meine ganze Kraft nichts mehr."

Im Finale war Raimund pünktlicher, landete aber wieder bei 99 Metern. "Im Training war ich immer in den Top Ten, das Potenzial war also da", sagte Raimund, der sich über seinen 15. Platz nicht richtig freuen konnte.

Paschke zittert sich ins Finale

Pius Paschke, zu Saisonbeginn der Überflieger, zitterte sich mit 96,5 Metern als 30. in den zweiten Durchgang und haderte auch bei seinem zweiten Versuch: Mit 89 Metern bei schwierigen Bedingungen ging es für den Routinier, der sich auf der großen Schanze wohler fühlt, nicht nach vorn. "Das Ergebnis ist leider nicht zufriedenstellend", sagte Paschke, der auch noch mit einer Erkältung zu kämpfen hat, im ZDF.

Oldie Ammann mit 13. WM-Teilnahme

Den zweiten Durchgang verpasste dagegen Skisprung-Oldie Simon Ammann, der zuletzt von der Bildfläche verschwunden war, bei der WM aber wieder auftauchte. Der 43-Jährige setzte sich in der internen Qualifikation der Schweizer durch, segelte aber bei seiner 13. WM-Teilnahme mit 92,5 Metern - seine Premiere gab er 1999 - klar am Finale der besten 30 vorbei. Trotzdem hatte er Grund zum Jubeln: Ammann sprang ins Buch der Rekorde: 13 Starts bei einer WM hat neben ihm nur noch Noriaki Kasai aus Japan geschafft.