Qualitätsfrage vor Rückrundenstart 2. Liga - Spannung und Spektakel, aber auch Klasse?
Auch in der 2. Liga startet am Wochenende die Rückrunde. Die erste Saisonhälfte bot Spektakel und ein enges Aufstiegsrennen. Das heißt aber nicht, dass die Qualität besonders hoch ist.
Was die 2. Liga den deutschen Fußballfans bietet, scheint zu gefallen. Mit einem Zuschauerschnitt von 28.342 pro Partie kamen an den ersten 17 Spieltagen so viele Menschen in die Stadien wie in Italien und Spanien - dort jedoch in der jeweiligen 1. Liga. Und mit 3,2 Toren, die durchschnittlich fallen, bekommen die einiges an Spektakel geboten.
Spannung sowieso, es wird nicht umsonst ständig wiederholt, wie ausgeglichen die Liga ist, weshalb Spielausgänge oft nicht vorhersehbar sind. Entsprechend eng ist beispielweise auch der Aufstiegskampf.
Zwischen Relegationsplatz drei (Hamburger SV, 31 Punkte) und Rang zehn (1. FC Nürnberg, 24) liegen nur sieben Zähler. Und auch die erstplatzierten Holstein Kiel (35) und FC St. Pauli (33) sind noch nicht enteilt. Doch Spannung und Spektakel sind eben noch längst kein Gütesiegel. Es gibt Zweifel an der Klasse der 2. Liga, die gerne als "beste 2. Liga der Welt" bezeichnet wird.
Zu viel Spektakel für Düsseldorfs Trainer Thioune
Beispiele für diese These finden sich genug. Fortuna Düsseldorf hatte vor der Winterpause zwar eine erfolgreiche Phase, die Art und Weise passte Trainer Daniel Thioune aber nicht. "Die Rückrunde darf durchaus ausgewogener werden", sagte der 49-Jährige wegen Spielen wie gegen den 1. FC Kaiserslautern (4:3 nach 0:3-Rückstand), Schalke 04 (5:3) und den 1. FC Magdeburg (3:2 nach 0:2-Rückstand). Er wolle mehr Siege "wie beim 1:0 gegen Hertha BSC zu Saisonbeginn".
Was Thioune da sagte, war nur eine Wiederholung, denn die Forderung nach weniger Spektakel hatte er schon Wochen zuvor geäußert. Doch auch vor dem Rückrundenstart am Sonntag (21.01.2024) in Berlin deutet vieles darauf hin, dass sein Wunsch unerfüllt bleibt.
Denn in allen Testspielen hat seine Mannschaft wieder jeweils zwei Gegentreffer kassiert. Angesichts dieser Defensivschwäche bleibt kaum etwas anderes übrig, als den Fokus auf das Toreschießen zu legen. Doch auch für die 2. Liga gilt eigentlich die Fußballweisheit, der Sturm gewinne Spiele, die Abwehr aber Titel.
HSV ging gegen Aufsteiger fast leer aus
Daran ist auch der Hamburger SV, der unter Tim Walter stets offensiv orientiert agiert, in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert. Aktuell ist der HSV zwar als Dritter noch einigermaßen im Soll.
Die Winterpause war aber auch mit Trainerdiskussionen bestückt, weil die Angst, ein weiteres Jahr in der 2. Liga bestreiten zu müssen, groß ist. Die wird genährt mit Auftritten wie gegen die drei Aufsteiger SV Elversberg, VfL Osnabrück und SV Wehen Wiesbaden, gegen die das Walter-Team insgesamt nur einen Punkt holte.
Das eine Team schafft es nicht, so zu verteidigen, wie ihr Trainer es fordert, die andere Mannschaft lässt sich von Aufsteigern abkochen - aber sie sind nach wie vor mitten im Rennen.
Düsseldorf und vor allem der HSV haben aber auch mit die höchsten Etats in der Liga, laut dem Portal "transfermarkt.de" haben ihre Spieler im Schnitt den höchsten Marktwert. Weil Teams wie St. Pauli und gerade Herbstmeister Kiel aber mehr aus ihren Möglichkeiten machen, sind sie derzeit nur Verfolger.
Sogar Schalke träumt noch von der Bundesliga-Rückkehr
Trotzdem ist die Situation in Düsseldorf und Hamburg noch deutlich zufriedenstellender als in Berlin und Gelsenkirchen. Die beiden Bundesligaabsteiger Hertha und Schalke haben eine enorm problematische Hinrunde hinter sich, das gilt insbesondere für Schalke, das sich zeitweise sogar tief im Abstiegskampf befunden hatte, sich zuletzt aber wieder ein wenig befreien konnte.
Doch auch bei den "Königsblauen" scheint es Zweifel an der Qualität der aktuellen Spitzengruppe zu geben. Trotz elf Punkten Rückstand und Platz 14 scheint der vor der Saison angepeilte Aufstieg kein Tabuthema zu sein. "Es war wichtig, dass wir gute Leistungen zeigen und Punkte holen. Der Aufstieg ist für uns als Mannschaft nicht die Priorität Nummer eins. Wir wollen eine gute Rückrunde spielen - was am Ende dann dabei rauskommt, werden wir sehen", sagte Linksverteidiger Tobias Mohr. Die Botschaft ist also: Schalke hat die Rückkehr in die Bundesliga noch nicht abgehakt.
Tobias Mohr
Unterhaltung wichtiger als Qualität
Der Glaube daran belegt, dass der Glaube daran da ist, dass die Konkurrenten schwach genug sein könnten, um einen derart hohen Rückstand aufholen zu können. Und das ist auch die Krux dieser 2. Liga. Sie bietet viel, aber die Qualitätsfrage bleibt von Skepsis begleitet. Denn auch das Argument der Zuschauerflut kann nicht uneingeschränkt dafür herhalten, dass honoriert werde, was in den Stadien passiert.
Schließlich sind allein Schalke (Zuschauerschnitt 61.436) und Hertha (44.555) Garanten dafür, dass die Zahlen außergewöhnlich hoch sind. Dass diese beiden Mannschaften aber nicht unbedingt mit ihren Leistungen dafür sorgten, sondern eher ihre Tradition dazu führte, ist augenscheinlich. Und auch in Düsseldorf muss bei Rekordzahlen bei Mitgliedern und Zuschauern bedacht werden, dass der Verein in dieser Saison drei Heimspiele kostenlos anbieten wird und Mitglieder in der Bewerbungsphase deutlich bessere Chancen auf die Freikarten haben.
Aber vielleicht ist die Frage, wie viel Klasse in der 2. Liga steckt, auch gar nicht so wichtig. Sie bietet Unterhaltung, da besteht kein Zweifel. Und den Menschen, die live dabei sind, ist am Ende auch nur wichtig, ob die Klasse ihres Vereins reicht, um die eigenen Ziele zu erreichen.