Tristan da Silva

NBA-Rookie aus München Tristan da Silva - Orlandos "Mini-Franz"

Stand: 07.01.2025 07:55 Uhr

Orlandos Verletzungspech befördert NBA-Rookie Tristan da Silva ins Rampenlicht. Die Parallelen zum Teamkollegen Franz Wagner sind auffallend.

Die Brüder Franz und Moritz Wagner, die Weltmeister aus Deutschland, prägen die Orlando Magic, sind Stützen des Teams. Jetzt aber, da beide verletzt fehlen, bleibt mehr Aufmerksamkeit für den dritten Deutschen im Team der NBA-Franchise: Tristan da Silva. Der gebürtige Münchner war ohne große Erwartungen in sein Rookie-Jahr gestartet. Doch er erhielt von Beginn an Spielzeit - und muss nun schon sehr viel Verantwortung tragen.

Seit Mitte Dezember, seit Franz Wagner mit einer Bauchmuskelverletzung fehlt, darf da Silva als einer der wenigen regelmäßig mehr als 30 Minuten pro Partie spielen. Mit einem Schnitt von 26 Minuten liegt er im teaminternen Einsatzzeit-Ranking der gesamten Saison auf Platz fünf. Ligaweit belegt er unter den Rookies, also den Spielern im ersten NBA-Jahr, Platz vier in dieser Wertung.

Tristan da Silva - der "Mini-Franz"

Der Vergleich mit Franz Wagner drängt sich auf, nicht nur wegen des Alters. Beide sind Jahrgang 2001, also 23 Jahre alt. Magic-Center Wendell Carter Jr. nannte da Silva einen "Mini-Franz". "Ich finde, dass er sehr ähnlich spielt, ähnlich wirft und auch ähnlich am Korb abschließt. Ich habe ihm geraten, dass er einfach Franz folgen und alles von ihm lernen soll. Franz ist ein fantastischer Spieler, er muss ihn einfach nur kopieren und er wird in dieser Liga sehr erfolgreich sein."

Da Silva hat tatsächlich alle Qualitäten eines modernen Forwards, defensiv wie offensiv. Er ist 2,03 Meter groß (fünf Zentimeter kleiner als Franz Wagner), dadurch präsent unter dem Korb, aber auch wendig, trickreich und treffsicher aus der Distanz. An Muskelmasse sollte er noch zulegen, aber das schafft man mit Training. Was man dagegen kaum lernen kann: Instinkt. Und diesen bekommt da Silva oft bescheinigt.

Lob von Franz Wagner und Bruder Oscar

"Er steht immer richtig, trifft schnelle Entscheidungen. Das macht das Spiel für alle anderen viel einfacher." So adelte Franz Wagner seinen neuen Mitspieler schon im November. Tristans Bruder Oscar da Silva drückt es im BR-Interview so aus: "Er denkt nicht zu viel nach, sondern er zockt. Er lässt das Spiel auf sich zukommen und findet dann immer ganz organisch seine Lösungen."

Er denkt nicht viel nach, sondern er zockt.
Oscar da Silva

Oscar da Silva ist ebenfalls Basketballer, Nationalspieler, Profi bei Bayern München. Der große Bruder als Vorbild - auch das ist eine Parallele zu Franz Wagner. Beide waren ihren Brüdern in die US-College-Liga NCAA gefolgt.

Tristan und Oscar da Silva

Über Boulder nach Orlando

Da Silva spielte von 2020 bis 2024 an der University of Boulder, Colorado. Obwohl er dort noch hätte bleiben können, entschied er sich, im April am NBA-Draft teilzunehmen. An 18. Stelle wurde er gewählt, kam so nach Orlando und überzeugte direkt.

"Er bekommt definitiv nicht genug Anerkennung als Rookie", sagte der dortige Coach Jamahl Mosley nach da Silvas erstem Halbjahr. "Er wird sich weiter verbessern und mit diesem Team wachsen." Allerdings muss da Silva schneller wachsen als vorgesehen. Vor Franz Wagner war schon Starspieler Paolo Banchero ausgefallen, so fehlen die absoluten Leistungsträger auf den Forward-Positionen seit Wochen.

Ordentliche Bilanz trotz Personalnot

Zwar kommen die Magic nicht mehr an die Siegesserie aus dem November heran, als sie mit einem überragenden Franz Wagner 12 von 13 Spielen gewannen. Aber sie halten sich trotz der Personalmisere wacker, gewannen drei der jüngsten fünf Spiele. Da Silva spielt dabei eine zentrale Rolle.

Dass die Leistungen des Rookies schwanken, ist verständlich. Um den Jahreswechsel steuerte da Silva 21 Punkte zum Sieg gegen Brookyn und 25 Zähler zum Sieg gegen Toronto bei. Dazwischen lag eine Niederlage gegen Detroit mit null Punkten von da Silva, er vergab alle seiner sechs Versuche.

Gemeinsam mit dem Bruder für Deutschland?

"Ich versuche einfach nur, das alles als eine Reise zu sehen. Ich habe das Gefühl, dass du als Rookie natürlich Höhen und Tiefen haben wirst. Es gibt Spiele, in denen man nicht so gut spielt, in denen ein Schuss nicht reingeht. Und es gibt Spiele wie heute Abend, in denen man sich richtig gut fühlt", sagte da Silva nach dem Sieg gegen Toronto - die 25 Zähler bedeuteten einen persönlichen Rekord.

Längst gilt da Silva auch als Hoffnung für die deutsche Nationalmannschaft. Theoretisch könnte er auch für Brasilien spielen, sein Vater ist ein ehemaliger brasilianischer Boxer, betreibt in München eine Bar. Allerdings dürfte da Silva sich kaum die Chance entgehen lassen, gemeinsam mit seinem großen Bruder für Deutschland zu spielen. Es wäre die nächste Parallele zu Franz Wagner.