Luke Littler stand nach seinem WM-Triumph im Blitzlichtgewitter.

Der perfekte Star Luke Littler - ein Junge haut den ganzen Dartssport um

Stand: 04.01.2025 08:25 Uhr

Die Darts-WM war der große Triumphzug des Luke Littler. Was der neue Weltmeister macht, ist voll auf die (Doppel-)Zehn. Ein Porträt über einen 17-Jährigen, der einfach alles im Griff hat.

Seit einem Jahr und ein paar Wochen staunt die Darts-Welt über einen Jungen, der bei seiner WM-Premiere vom Junioren-Weltmeister zum Erwachsenen-Vize-Champion wurde, dann zahlreiche Topturniere gewann und sich nun zum derzeit Größten gekrönt hat. Luke Littler ist der neue Weltmeister, und das mit gerade mal 17 Jahren. Wobei Littler nicht an dieser Zahl zu messen ist, sondern an seiner großen Klasse als Sportler - auch was den Umgang mit allen Begleitumständen angeht.

Die Doppel-10 machte ihn zum Weltmeister

Wie während des gesamten Turniers war es beeindruckend, wie Littler mit seinem festen Stand die Pfeile in Windeseile in den meisten Fällen genau da platzierte, wo er sie hinhaben wollte. Mit welch einer Konzentration er das machte, war aber schon ganz besonders. Mehr Beleg als eine Doppelquote von 56 Prozent geht nicht. Die größten Drucksituationen meisterte der neue Weltmeister brillant - während sein Gegner Michael van Gerwen an ihnen reihenweise scheiterte.

Die Doppel-10 - das ist das Feld, mit dem Littler in die Darts-Weltspitze vorgestoßen ist, und es ist das Feld, das ihn nun zum Champion gemacht hat. Zwölf Legs hat er an dieser Stelle gegen van Gerwen beendet und dafür nur 14 Versuche gebraucht - eine Quote von unglaublichen 85,7 Prozent.

"Davon habe ich immer geträumt"

Rund 100 Minuten lang spielte er seinen Stiefel runter, es gab keine großen Jubelszenen, keine Verärgerung, wenn van Gerwen doch mal punkten konnte. Freude brach aus Littler erst heraus, als er im gelb-grünen Kofettiregen die 72 Zentimeter hohe Trophäe in die Luft stemmen durfte. "Ich kann es nicht glauben, ehrlich nicht. Davon habe ich immer wieder geträumt", sagte der mit Abstand jüngste WM-Triumphator der Darts-Geschichte.

Die Minuten vor diesem Moment waren ebenfalls emotional - aber anders. Nachdem Littler die finale Doppel-16 getroffen hatte, ballte er kurz die Fäuste, dann kamen ihm die Tränen. Er schüttelte den Kopf, rieb sich die Augen, legte die Hände fassungslos auf die Wangen, schaute Richtung Decke des "Ally Pally" in London, wo schon so viele vor ihm zu Helden dieses Sports geworden sind.

Littler in immer mehr Bestenlisten - selbst wenn der Druck fast zu groß ist

Zum neunten Mal war es Littler bei einer Weltmeisterschaft gelungen, einen Drei-Darts-Average von über 100 (102,73) zu spielen - damit ist er in der ewigen Rangliste auf Rang acht vorgestoßen und teilt sich den nun mit Rob Cross. Der große Unterschied: Cross hat acht WM-Teilnahmen vorzuweisen, Littler nur zwei. Und vor ihm rangieren nur Spieler, die mindestens 14-mal dabei waren. Davon wird er einige in spätestens zwei Jahren passiert haben, wenn er so weitermacht.

Littler hat das gemacht, was alle von ihm erwartet haben. Er war der große Favorit auf den Titel - und er hat ihn geholt. Dafür brauchte es aber auch einen Moment, in dem sich der ganz große Druck lösen konnte. In der zweiten Runde hatte Littler zwar wieder brilliert und legte in einem Satz mit einem Durchschnitt von 140,91 einen neuen WM-Rekord hin - nach seinem Sieg gegen Ryan Meikle brach er aber in Tränen aus, diesmal nicht vor Freude. Schon das berühmte "Game on" zur Eröffnung der Partie, hätte ihm "den Boden unter den Füßen weggezogen".

Selbst mit dem Medienrummel kommt Littler klar

Denn bei allem, was Littler schon ausstrahlt, ist er doch auch ein 17 Jahre alter Junge - und es geht weder spurlos an einem Teenager vorbei, wenn alle von ihm erwarten, der Beste der Welt zu sein, noch wenn der Hype in der Heimat so groß ist wie sonst nur bei den größten Fußballstars. Die englischen Medien versuchen, alles über ihn herauszufinden, über sein Liebesleben, seine Eltern - Grenzen gibt es keine.

Und doch schaffen es Littler und sein Umfeld, stets die Nerven zu bewahren. Sie verzichten auf verbale Attacken oder Sticheleien, ob gegen die Presse oder die Gegner, wie sie von van Gerwen oder Peter Wright des öfteren kommen. Die Wahrheit liegt auf der Bühne - in seinen Armen und den Pfeilen. Und nicht in den Spielchen drumherum.

Littler ist ein Komplettpaket und ein perfekter Star geworden. Er kann auf der größten Bühne solche Leistungen zeigen, weil er es nicht mehr anders kennt, als im Rampenlicht zu stehen. Dazu gehört auch sein Interview-Marathon, den er nach seinem WM-Triumph bewältigen musste. An den Mikrofonen nach dem On-Stage-Gespräch war Littler wieder ganz weit weg von der vorherigen Überwältigung.

Auch die unzähligen Medientermine meistert Luke Littler souverän.

Auch die unzähligen Medientermine meistert Luke Littler souverän.

Sein Plan wäre aufgegangen, er hätte gewusst, was zu tun ist, keine Ahnung, an welchen Platz er seine neue Trophäe hinstellen würde und wie er ihren Gewinn feiern würde - Littler spielte den Trubel ähnlich souverän runter wie das Spiel gegen van Gerwen.

Versteckspiel nach dem WM-Titel

Im Vorfeld hatte "The Nuke" im Interview mit dem "Telegraph" angekündigt: "Wenn ich Weltmeister werde, werde ich mich verstecken. Niemand wird mich finden." Vor allem die Medien wird das kaum abschrecken, sie werden ihn ganz sicher suchen - doch an der Dartsscheibe werden sie ihn nicht finden. Littler betonte zuletzt, dass er an freien Tagen nicht spielen würde - und von denen hat er sich nun erstmal einige verdient.

In einem Jahr ist das Darts-Wunderkind auch dank zehn Turniersiegen zum Millionär geworden, obendrauf gibt es nun einen Scheck über fast 600.000 Euro für seinen WM-Triumph.Was Littler seinem Sport gibt, ist aber noch viel mehr wert. Er hat in einer ohnehin aufstrebenden Sportart für einen noch viel größeren Hype gesorgt.

Phil Taylor einer der größten Littler-Fans

Selbst ein Altmeister, der schon gar keine Lust mehr auf den Sport hatte, ist nun wieder Feuer und Flamme. "Ich hatte eine Phase, in der ich mir Darts nicht wirklich angeschaut habe, wenn es im Fernsehen lief. Aber dieser Junge ist so besonders, dass ich ihn immer spielen sehen möchte", sagte Rekordchampion Phil Taylor, der 16-mal Weltmeister wurde, über Littler.

Phil Taylor

Darts-Legende Phil Taylor

Und weiter: "Es ist nicht nur die Art und Weise, wie er sich am Board verhält, es ist nicht nur die Geschwindigkeit seines Wurfs und das Tempo seines Spiels - er ist nicht an Geld interessiert, sondern an Titeln. Er ist daran interessiert, sich zu amüsieren. Wenn er nicht gewinnt, schmollt er nicht, er wirft sein Spielzeug nicht aus dem Kinderbett, er macht einfach weiter." Und gewinnt dann wieder reihenweise.

Taylor liebe es, Littler ("wenn ich 16 Titel gewinnen will, bin ich mir sicher, dass ich das schaffen kann") zuzusehen. "Er kann einen im Handumdrehen umhauen", sagte der 64-Jährige. Dieser Junge haut den ganzen Dartssport um.