Dortmunds Emre Can bejubelt seinen Treffer zusammen mit Teamkollege Maximilian Beier

Trotz Kobel-Patzer im Viertelfinale BVB zeigt in Lille Königsklassen-Charakter

Stand: 12.03.2025 20:57 Uhr

Schwere Zeiten und dann ein früher, grober Fehler von Gregor Kobel? Kein Problem für Borussia Dortmund. Beim OSC Lille machte der BVB, der nach Rückstand noch 2:1 (0:1) gewinnen konnte, trotzdem noch das Viertelfinale in der Champions League klar. Dort kommt es zum Aufeinandertreffen mit dem FC Barcelona.

"Natürlich sind wir erleichtert, dass wir erneut unter den letzten Acht in Europa sind, ist ein richtig gutes Zeichen von Borussia Dortmund. Das zeigt, dass diese Mannschaft auch was kann. Wir haben uns trotz des frühen Rückstands reingebissen, sind mutig und aggressiv geblieben. Das war ein total verdientes Weiterkommen, so müssen wir weitermachen", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl.

Und Trainer Niko Kovac schwärmte: "Das war ein großes Spiel, Kompliment an meine Mannschaft. Die Art und Weise, wie wir über 90 Minuten gespielt haben, war beeindruckend. Selbst der frühe Rückstand hat uns nicht aus der Bahn geworfen, wie wir mit und gegen den Ball gespielt haben, ist das, was wir wollen."

Lilles David überwindet BVB-Torwart Kobel in Zeitlupe

Ende Juli 2024 hatte Nuri Sahin große Ziele des BVB angedeutet. "Wir bei Borussia Dortmund wollen immer um Titel mitspielen", sagte der damals neue Cheftrainer. Knapp acht Monate später ist Sahin längst weg - und es sah eine Halbzeit lang so aus, als würde es am Dienstagabend (12.03.2025) auch jede Chance auf einen Titel sein. Doch Dortmund drehte die Partie noch und rettete damit auch die Möglichkeit, eine verkorkste Saison wie in der vergangenen Spielzeit in der Champions League zu vermeiden.

Im Hinspiel hatte der BVB in der zweiten Halbzeit eine bessere Ausgangssituation verschlafen, als er in Führung liegend das Fußballspielen einstellte und am Ende sogar noch glücklich über das 1:1-Remis sein konnte. In Lille fand das Ungemach dann auf ganz bittere Weise zunächst seine Fortsetzung. Bereits nach fünf Minuten führten die Franzosen, und dieser Treffer war wie so viele der zuletzt negativen Gegebenheiten im Klub: vermeidbar.

Karim Adeyemi verlor den Ball und leitete damit einen Konter des Gegners ein, bei dem auch Waldemar Anton schwach agierte. Nach einer flachen Hereingabe kam dann Lilles Topstürmer Jonathan David knapp vor Nico Schlotterbeck zum Abschluss, der sich zwar nur als Kullerball entpuppte, aber dennoch für das 1:0 reichte - weil Gregor Kobel ihn - auch, weil Schlotterbeck noch abfälschte - durch die Hände und seine Beine gleiten ließ.

Dortmunds Gregor Kobel rutscht der Schuss von Lilles Jonathan David durch die Beine und Hände

Dortmunds Gregor Kobel rutscht der Schuss von Lilles Jonathan David durch die Beine und Hände

"Das Ding ist, Nico kriegt den Ball an die Ferse und fälscht ihn nochmal ab. Ich weiß, dass man den auch halten kann und das nicht gut aussieht. Ich sage eigentlich immer, wenn ich einen Fehler gemacht habe, in der Situation ist es aber einfach nur unglücklich als Torwart aus der Distanz, wenn du schon in der Bewegung bist", sagte Kobel zum Gegentor.

Pascal Groß vergibt ersten Hochkaräter für Dortmund

Dieser Moment passte zum Bild, das die Dortmunder in den vergangenen Wochen abgegeben hatten. Unter Sahin-Nachfolger Kovac hatte sich kaum etwas verbessert, es gab in nun acht Spielen nur drei Siege, in der Liga den Absturz auf Rang zehn und nun drohte das Ausscheiden in der Champions League, in der der BVB im vergangenen Mai noch das Endspiel bestritten hatte. Und dann kam jede Menge Pech dazu, das diesen Eindruck verschärfte.

Denn nach dem 0:1 steigerte sich Dortmund enorm, aber scheiterte an sich selbst. Pascal Groß leitete die erste Großchance mit einem Ballgewinn ein, kam dann selbst frei vor dem Tor zum Schuss und überwand Torhüter Lucas Chevalier - hinter ihm rettete aber Alexsandro vor der Linie (17.).

BVB scheitert in wenigen Sekunden dreimal aus kurzer Distanz

Kurz darauf zeigte Chevalier nach einem Schuss von Julian Ryerson seine Klasse (19.), und dann wurde es richtig verrückt. Nach der anschließenden Ecke parierte Chevalier einen Kopfball von Julian Brandt herausragend, wurde dann aus zwei Metern von Guirassy angeschossen, vor dessen Füßen der Ball gelandet war. Aus dem Gewühl kam das Spielgerät dann wieder zu Brandt, der Chevalier keine Chance ließ, aber wie vorher Groß an einem Verteidiger auf der Linie nicht vorbeikam (20.).

Erstmals im Glück war der BVB, als Benjamin Andre die ganz große Gelegenheit zum 2:0 vergab, als er aus sechs Metern völlig freistehend neben das Dortmunder Tor köpfte (34.). Auf der anderen Seite traf aber Groß aus ähnlicher Distanz auch nicht und setzte seinen Kopfball auf die Latte (45.+1).

Borussia Dortmund verdient sich den Ausgleich

Anders als im Hinspiel kam der BVB stark aus der Kabine - und hatte dann das Glück, das vor der Pause ausgeblieben war. Nach einer zwarten Berührung von Thomas Meunier kam Guirassy zu Fall, es gab Elfmeter. Diese Aufgabe übernahm Emre Can, der als Kapitän nicht nur voranging, sondern auch erfolgreich war und mit einem hohen Schuss in die Mitte souverän zum 1:1 traf (54.).

Und dann bekam Kobel erstmals die Gelegenheit, sich für seinen Patzer zu rehabilitieren. Hinspieltorschütze Hakon Arnar Haraldsson versuchte es aus 20 Metern, schoss aber so zentral, dass Dortmunds Torhüter zu einer ansehnlichen Flugparade ansetzen konnte (61.).

BVB-Stürmer Beier scheitert erst, aber trifft dann

Lille meldete sich da kurz zurück in der Offensive - doch musste dann darauf vertrauen, dass der BVB weiter beste Chancen aus dem Spiel heraus vergab. Unmittelbar nach der Kobel-Parade kam Adeyemi aus sechs Metern frei zum Abschluss, statt den Ball aber mit Übersicht ins Tor zu schieben, schoss er ihn an die Latte (62.). Kurz darauf vergab dann auch Maximilian Beier per Kopf eine Chance, die nah an einer Hunderprozentigen war (63.).

Dortmunds Maximilian Beier wird verteidigt von Lilles Thomas Meunier und Bafode Diakite

Dortmunds Maximilian Beier wird verteidigt von Lilles Thomas Meunier und Bafode Diakite

Doch Beier bekam schnell seine zweite Chance - und nutzte sie diesmal. Im gegnerischen Strafraum ließ sich der Nationalspieler nicht aufhalten und schoss den Ball ins lange Eck in den Winkel (65.). Dortmund führte und war dem Viertelfinale plötzlich ganz nah.

Dortmund übersteht druckvolle Schlussphase des OSC Lille

Es zeigte sich danach allerdings, dass der BVB nach den jüngsten Erlebnissen nicht gefestigt sein kann. Lille kam wieder zu Chancen, während das Kovac-Team zu wenig nach vorne machte. Aber David vergab die große Gelegenheit zum Doppelpack, schoss Kobel den Ball aus fünf Metern genau in die Arme (79.). Auch Chuba Akpom konnte eine Topgelegenheit aus kurzer Distanz mit dem Kopf nicht verwerten (84.).

Guirassy vergab in der 90. Minute noch die Gelegenheit, für ruhige letzte Minuten zu sorgen - doch die ganz große Aufregung blieb dennoch aus. Der BVB rettete den 2:1-Sieg über die Ziellinie und sich damit erneut unter die letzten Acht in der Champions League. Mit dem FC Barcelona, der sich souverän gegen Benfica Lissabon durchgesetzt hatte, wartet dort ein echter Hochkaräter.