Sebastian Kehl

Achtelfinale gegen Lille Kehls banger Blick auf den BVB

Stand: 11.03.2025 18:16 Uhr

Borussia Dortmund muss beim OSC Lille gewinnen, um das Viertelfinale der Champions League zu erreichen. Sportdirektor Sebastian Kehl wird auch in eigener Sache einen bangen Blick auf die zuletzt wieder enttäuschende Mannschaft richten.

Zum vierten Mal werden der OSC Lille und Borussia Dortmund am Mittwoch (12.03.2025, ab 18.45 Uhr in voller Länge in der Audio-Reportage bei der Sportschau) in einem Europapokalspiel aufeinandertreffen.

Drei Unentschieden gab es bislang. Im Februar 2002 reichte dem BVB im Achtelfinale des UEFA-Cups (heute: Europa League) ein Auswärtstor im Hinspiel, weil das nach dem 0:0 im Rückspiel den Ausschlag gab. Sebastian Kehl war neu bei den Dortmundern, durfte aber nicht spielen - Winterneuzugänge konnten damals noch nicht nachgemeldet werden.

Nun gab es ein 1:1 im Hinspiel in Dortmund, und da die Auswärtstorregel abgeschafft wurde, würde ein weiteres Unentschieden zur Verlängerung und vielleicht sogar ins Elfmeterschießen führen.

Sebastian Kehl wird dieses Mal als Sportdirektor der Borussia zusehen, deren Kader er wesentlich zu verantworten hat. Ein Scheitern würde daher auch auf ihn zurückfallen.

"Fehlende Konstanz ist fehlende Qualität"

Ein Scheitern wäre eine weitere Enttäuschung in einer an Enttäuschungen so reichen Saison. Der BVB belegt in der Bundesliga nach 25 Spieltagen nur den zehnten Platz. Er hat bei Holstein Kiel verloren, er hat beim VfL Bochum verloren, und am vergangenen Samstag hat er sang- und klanglos und mut- und ideenlos und saft- und kraftlos im eigenen Stadion mit 0:1 gegen den FC Augsburg verloren.

Zuvor waren dem BVB zwei Siege nacheinander gelungen, erstmals in dieser Saison, und das weckte die Hoffnung, doch noch auf einen der ersten vier Plätze und damit wieder in die Champions League zu kommen.

"Fehlende Konstanz ist fehlende Qualität", sagte Nico Schlotterbeck nach der Niederlage gegen den FC Augsburg. Trainer Niko Kovac ging ebenfalls hart mit der Mannschaft ins Gericht. Sebastian Kehl erstattete so etwas wie eine Selbstanzeige, denn er deutete an, dass der Kader nach dieser Saison mal wieder einiges an Veränderung benötige.

Urteil eines guten Transfersommers inzwischen überholt

Im vergangenen Sommer waren Maximilian Beier, Waldemar Anton und Pascal Groß gekommen, drei deutsche Nationalspieler. Dazu wurde Serhou Guirassy geholt, ein Torjäger. Yan Couto, von Manchester City an den FC Girona ausgeliehen, kam auch.

Dem BVB und damit auch Kehl wurde ein guter Transfersommer bescheinigt, aber dieses Urteil ist inzwischen überholt. Vom Preis-Leistungsverhältnis ist die Bilanz bescheiden, und das fällt auf Kehl zurück, obwohl doch für die Leistung eher der Trainer zuständig ist.

Aber Nuri Sahin schaffte es nicht, die Neuzugänge auf ein Level zu bringen, das bei den Verpflichtungen zu erwarten war. Da Kehl als Befürworter Sahins galt, der aber nach einem miserablen Start ins Kalenderjahr 2025 gehen musste, fiel wieder etwas auf den Sportdirektor zurück, dem zudem vorgeworfen wurde und wird, ein paar nötige Transfers (Innen- und Außenverteidiger) nicht getätigt zu haben.

Wunschtransfer scheiterte

Im Winter wurde Salih Özcan vorzeitig von einer Leihe zurückgeholt, weil sich Felix Nmecha verletzte. Außerdem kam mit Daniel Svensson ein Außenverteidiger, der nicht besser zu sein scheint als Ramy Bensebaini. Carney Chukwuemeka wurde vom FC Chelsea ausgeliehen. Er kam in drei Einsätzen zusammen auf weniger als 45 Minuten Spielzeit. Die Kranken- und Verletzungsakte des 21 Jahre alten Engländers ist besorgniserregend. Der BVB benötigte allerdings noch einen spielstarken Mittelfeldspieler, nachdem der Wunschtransfer von Rayan Cherki (Olympique Lyon) geplatzt war.

Auch das fällt auf einen Sportdirektor zurück, und so wird nicht nur Sebastian Kehl in Lille genau hinsehen, ob der BVB sich mal wieder von den Enttäuschungen in der Bundesliga abkoppeln und ins Viertelfinale einziehen kann.

Unter Beobachtung

Auch die Arbeit des Sportdirektors steht unter Beobachtung. Zwar ist sein Rivale Sven Mislintat nach andauerndem Zwist inzwischen beurlaubt und der Vertrag mit Kehl verlängert worden, aber es gibt seit Jahren kritische Stimmen gegenüber dem Sportdirektor unter einflussreichen Männern in der Dortmunder Führungsriege.

Ein weiterer Umbau beim Ballspielverein könnte auch Personen außerhalb der Mannschaft betreffen, erst recht, wenn in der kommenden Saison gar kein internationaler Fußball mehr in Dortmund zu sehen ist. Wie aus dem Verein zu hören ist, wurden Verträge so gestaltet, dass Trennungen vergleichsweise günstig ausfallen würden.