Darts Spieler Michael van Gerwen

Sprüche, Spitzen, Kuschelkurs Crunchtime bei der Darts-WM - Zeit der Psychospielchen

Stand: 31.12.2024 12:23 Uhr

In den drei Tagen nach dem Jahreswechsel stehen bei der Darts-WM das Viertel- und Halbfinale sowie das Endspiel um den Titel an. Vorher ziehen Michael van Gerwen und Co. verbal alle Register.

Der letzte Tag im Jahr 2024 ist für die acht übriggebliebenen Darts-Profis bei der WM in London die letzte Gelegenheit, um noch einmal durchzuatmen. An Neujahr wird das Turnier mit dem Viertelfinale fortgesetzt, einen Tag später gibt es das Halbfinale, am 3. Januar wird dann der neue Champion gekürt. Vier Anwärter haben bereits einen WM-Titel gewonnen, für vier andere wäre es eine Premiere. Bevor der Kampf an der Scheibe beginnt, geht es aber noch verbal hoch her.

Price denkt schon ans Halbfinale

Die Sessions in der Runde der letzten acht beginnen mit Chris Dobey und Gerwyn Price zwei Spieler, mit denen am Ende der Weltmeisterschaft wohl kaum jemand gerechnet hatte. Aber beide haben schon mit Situationen zu kämpfen gehabt, die ihnen das Rüstzeug geben, um mit jede Menge Selbstvertrauen in die finale Phase des Turniers zu gehen.

Dobey hat sein Achtelfinale gegen Kevin Doets mit 4:3 gewonnen, obwohl er es im Matchverlauf 45-mal verpasst hatte, ein Leg mit einem Wurf auf ein Doppel zu beenden. Und Price überstand in der dritten Runde gegen Joe Cullen ein dramatisches Match, als er erst einen 3:0-Vorsprung verspielte, dann aber doch im letzten Satz die Nerven bewahrte, als sich die Spieler nur gegenseitig breakten.

Price hat 2021 bereits den WM-Titel gewonnen, war aber zuletzt nicht mehr in dieser Form. Trotzdem blickt er schon äußerst selbstbewusst voraus aufs Halbfinale, wo er mit Michael van Gerwen auf seinen Lieblingsgegner treffen könnte. "Ich habe in den letzten Monaten sechs oder sieben Mal gegen Michael gespielt, und ich habe ihn jedes Mal vernichtet. Wenn ich also im Halbfinale gegen ihn spiele, wird er hoffentlich daran denken", sagte Price.

Dartspieler Gerwyn Price jubelt

Dartspieler Gerwyn Price jubelt

Van Gerwen mit Spitze gegen Peter Wright

Provokationen gehören bei der WM zur Tagesordnung, je mehr das Turnier fortschreitet, desto mehr gibt es von ihnen. Van Gerwen zählt selbst als Spezialist in diesem Metier - und das beweist er auch vor seinem Viertelfinale gegen die bisherige WM-Überraschung Callan Rydz. Altmeister Peter Wright jubelte den 26-Jährige zuletzt hoch: "Ich möchte so spielen wie Callan Rydz. Er geht einfach da hoch, hat Spaß und spielt fantastische Darts. Er sollte der Favorit für dieses Turnier sein. Er spielt großartige Darts, möge es so weitergehen."

Schön für Rydz, aber offenbar ein Unding für van Gerwen. Der stellte Wright darauf praktisch als den Dummschwätzer des Darts hin: "Es ist halt Peter Wright. Er redet jedes Jahr bei der WM nur Unsinn. Er darf permanent Mist erzählen. Auf der Tour nimmt ihn schon keiner mehr ernst."

Van Gerwen vor Duell mit Rydz wieder in Form

Ernstzunehmen ist van Gerwen selbst sportlich definitiv. Im Achtelfinale gegen Jeffrey de Graaf zeigte van Gerwen mit einem Drei-Darts-Durchschnitt von 102 und 46 Prozent Doppelquote, dass er wieder da ist. "Es ist viel möglich, wenn ich so weiterspiele, aber es gibt noch viel zu tun. Man darf Callan nicht unterschätzen, aber ich fühle mich wohl und denke, dass von jetzt an alles möglich ist", so der Niederländer.

Dartsspieler Callan Rydz im Spiel gegen Dimitri van den Bergh

Dartsspieler Callan Rydz im Spiel gegen Dimitri van den Bergh

Das gilt allerdings auch für Rydz, der mit 107 und 105 die bisher besten Averages in diesem Turnier gespielt hat und auch Martin Schindler (0:3) in der zweiten Runde keine Chance ließ. "Das ist unglaublich, ich kann immer noch nicht ganz glauben, dass ich im Viertelfinale stehe", sagte die Nummer 43 der Weltrangliste, die es nun besser als vor zwei Jahren machen will, als sie gegen Wright an diesem Punkt des Turniers ausschied. "Auf jeden Fall habe ich jetzt mehr Erfahrung, obwohl ich in den letzten Jahren eigentlich kaum etwas geleistet habe."

Wright lässt sich inspirieren, Bunting träumt

Wright wurde 2022 nach dem Erfolg gegen Rydz Weltmeister, nachdem er den Titel schon 2020 geholt hatte. "Ich bin zweifacher Weltmeister und möchte es ein drittes Mal werden", sagte der 54-Jährige nun, nachdem es bei der vergangenen Ausgabe im "Ally Pally" bereits so ausgesehen hatte, als könnte es seine Abschiedsvorstellung gewesen sein. Doch Wright kam zurück - angespornt von seinen jungen Kollegen, wie er nach seinem Sieg gegen Vorjahreschampion Luke Humphries erklärte.

"Ich weiß, dass ich Leute wie Humphries und Luke Littler schlagen kann. Aber ich habe auch gesagt, dass diese beiden Jungs mich inspirieren, weiter Dart zu spielen. Ich bin noch nicht so weit, dass ich zu den Senioren gehen kann, weil ich dieses Spiel immer noch spielen kann", so Wright, der im Vorfeld Humphries noch verbal attackiert hatte - doch jetzt eher auf Kuschelkurs zu sein scheint.

Sein nächster Gegner Stephen Bunting hält sich da ohnehin heraus. Der Geheimfavorit gehört im Feld ebenfalls zu den Weltmeistern, 2014 schaffte der heute 39-Jährige das beim Konkurrenzverband BDO, danach wechselte er in die PDC, die Ausrichter der WM in London ist. Bunting ist glühender Anhänger des FC Liverpool und hat bereits eine Titelfantasie: "Ich würde nichts lieber tun, als mit dieser Trophäe in Anfield zu stehen."

Littler König der 180er, aber unter Druck

Doch der Topfavorit auf diese Trophäe ist am Neujahrstag - wie jedesmal, wenn er spielt - als letztes dran. Luke Littler war im vergangenen Jahr, als er ins Finale kam, der große Aufsteiger, mittlerweile ist der 17-Jährige der Superstar des Sports. Die Fans erwarten von ihm den großen Wurf, nachdem er in dieser Saison reihenweise Titel abgesahnt hat.

Dartsspieler Luke Littler

Dartsspieler Luke Littler

Doch im Achtelfinale gegen Ryan Joyce (4:3) wackelte Littler. Er sagte hinterher zwar, er hätte "keine Zweifel" gehabt, doch er wirkt durchaus verbissen und verkrampft. Die Leichtigkeit ist ihm etwas abhandengekommen, seine Ausnahmeklasse reichte aber, um im Turnier zu bleiben. Littler wirft mit Abstand die meisten 180er, doch er hat eben auch das Problem, dass er mittlerweile der Gejagte ist - er ist es, den jeder unbedingt stürzen will.

Aspinall "kann frei aufspielen"

Nathan Aspinall, der Bezwinger von Ricardo Piertreczko, wird im Viertelfinale genau das versuchen. "Gegen Ricardo war er sehr gut, schauen wir mal", sagte Littler. Aspinall geht deutlich lockerer als sein Kontrahent in die Partie, denn sein Ziel ist bereits erreicht. "Ich wollte das Viertelfinale erreichen. Jetzt, wo das geschafft ist, kann ich frei aufspielen. Luke ist natürlich der Favorit, aber vielleicht kann ich ja für die Überraschung sorgen", sagte der 33-Jährige.

Der will es vor allem denjenigen beweisen, die auch gegen ihn wettern - im Internet. Aspinall: "Den sozialen Medien zufolge spiele ich nicht besonders gut und habe Glück mit meinen Gegnern gehabt. Aber ich stehe trotzdem im Viertelfinale. Und ich kann es noch viel besser machen." Es ist eben die Zeit der Psychospielchen - gut, dass es am Neujahrstag wieder an die Scheibe geht.