In der 2. Liga bekommen viele junge, deutsche Torhüter eine Chance.

Junge Stammkeeper in der 2. Liga Das "Land der Torhüter" liefert wieder - aber vor allem im Unterhaus

Stand: 08.08.2024 11:43 Uhr

Lange galt Deutschland als das Land mit den besten Torhütern - doch in den vergangenen Jahren bröckelte der Ruf. Jetzt blühen wieder viele deutsche Keeper auf, allerdings besonders in der 2. Liga.

Seit Generationen prägen Akteure wie Sepp Maier, Toni Schumacher, Oliver Kahn oder Manuel Neuer die Torwart-Position - um nur wenige Beispiele zu nennen. Bis ganz weit über die deutschen Ländergrenzen hinaus: Auch deshalb erhielt Deutschland schon vor langer Zeit das Prädikat "Land der Torhüter". Doch der Trend geht seit Jahren in die falsche Richtung.

"Ich sehe das mit großer Sorge", sagte Andreas Köpke, selbst ehemaliger Top-Keeper und Ex-Torwarttrainer der deutschen Nationalmannschaft, bereits 2023 zu "Sport1". Zu der Zeit waren nur wenige deutsche Torhüter bei Bundesligisten die Nummer eins. Die Bilanz: In der Saison 2012/13 waren noch 15 von 18 Stammkeepern Deutsche, damals war es nur noch die Hälfte.

Immerhin dürfte die Zahl zwar in der neuen Saison auf elf von 18 ansteigen. Aber abgesehen von Alexander Nübel (VfB Stuttgart) und Noah Atubolu (SC Freiburg) fehlt es noch an potenziellen Torhütern für eine DFB-Zukunft.

Stammtorhüter in der 2. Bundesliga - fast alle sind Deutsche

Die geballte Torhüter-Power in Deutschland hat sich offenbar verlagert. Weil die Talente aufgrund von ausländischen Zugängen in der Bundesliga immer weniger Chancen erhalten haben, mussten sie einen Schritt zurückgehen, um den Angriff auf die große Bühne zukünftig anzugehen. Und so ist mittlerweile die 2. Liga nahezu in deutscher Hand auf dieser Position. Und zwar vor allem von jungen Keepern, während in der Bundesliga viele im Spätherbst ihrer Karrieren sind.

16 von 18 Torhütern in der 2. Liga sind Deutsche. Nur zwei von ihnen sind älter als 30 Jahre alt, elf von ihnen sind 25 Jahre alt oder jünger, acht gehören sogar noch zur Kategorie U23. Diese Profis könnten die Zukunft des deutschen Fußballs auf ihrer Position sein. Aber ihre ersten Lorbeeren müssen sie sich im Schatten der großen Bundesliga verdienen.

Die deutschen Stammtorhüter in der 2. Liga
Name Verein Alter
Tjark Ernst Hertha BSC 21
Felix Gebhardt SSV Jahn Regensburg 22
Lennart Grill Eintracht Braunschweig 25
Justin Heekeren FC Schalke 04 23
Florian Kastenmeier Fortuna Düsseldorf 27
Julian Krahl 1. FC Kaiserslautern 24
Nahuel Noll SpVgg Greuther Fürth 21
Christian Ortag SSV Ulm 29
Matheo Raab* Hamburger SV 25
Jan Reichert 1. FC Nürnberg 23
Dominik Reimann 1. FC Magdeburg 27
Johannes Schenk Preußen Münster 21
Marcel Schuhen SV Darmstadt 98 31
Jonas Urbig 1. FC Köln 20
Max Weiß Karlsruher SC 20
Ron-Robert Zieler Hannover 96 35
*wurde von Steffen Baumgart zur Nummer eins erklärt, ist aber derzeit verletzt

Urbig hat alles, was ein Top-Torhüter braucht

Von Jonas Urbig war Lukas Kwasniok, Trainer des SC Paderborn, schon in der vergangenen Saison derart beeindruckt, dass er nach einer Niederlage gegen Greuther Fürth über ihn sagte: "Der zukünftige Nationaltorhüter war hier heute zu sehen. In der 2. Bundesliga hat ein zukünftiger Nationaltorhüter nichts verloren. Er ist herausragend."

Der 1. FC Köln hatte Urbig vor zwei Jahren zum SSV Jahn Regensburg verliehen, in der vergangenen Saison nach Fürth. In diesem Sommer ist der 20-Jährige zurückgekehrt und hat sofort Marvin Schwäbe, der trotz des Abstiegs zu den besseren Keepern der vergangenen Bundesliga-Spielzeit gehört hatte, aus dem Kölner Tor verdrängt. Urbig gilt als Komplettpaket, auf der Linie und im Strafraum stark, mit beiden Füßen hat er im Passspiel Feldspielerniveau.

Sein Einstand gegen den HSV (1:2) war niederschmetternd, seinen ersten Torschuss als Kölner ließ er durch seine Arme gleiten, und er verschuldete damit den ersten Gegentreffer. Anschließend zeigte er aber seine Klasse und entsprechend auch Nervenstärke. "Es ist immer interessant zu sehen, wie ein Junge damit umgeht. Und wenn man gesehen hat, wie Jonas danach gespielt hat, zeigt das, wie reif und talentiert er ist", sagte FC-Trainer Gerhard Struber danach und versprach: "Er wird uns noch viel Freude bereiten."

Torwart Heekeren erfüllt sich Kindheitstraum

Genau das hat am ersten Zweitliga-Wochenende bereits ein anderer junger, deutscher Torwart beim FC Schalke 04 gemacht. Justin Heekeren hatte dort überraschend das Rennen um den Stammplatz gegen Ron-Torben Hoffmann gewonnen und seine Stellung gegen Eintracht Braunschweig, den Ex-Klub seines Kontrahenten, untermauert.

Als der 5:1-Kantersieg noch weit entfernt war, parierte Heekeren beim Stand von 0:0 zunächst weltklasse und bereitete dann das 1:0 von Tobias Mohr vor. "Es ist das, wovon ich als kleines Kind geträumt habe. Worauf ich hingearbeitet habe, seit ich hier bin", sagte Heekeren, der seit 2022 Schalker ist.

Reichert hat schon DFB-Luft geschnuppert

Heekeren und Urbig sind aber längst nicht alleine unter den jungen, deutschen Torwart-Durchstartern in der 2. Liga. Tjark Ernst hat sich schon in der vergangenen Saison den Stammplatz bei Hertha BSC ergattert und soll schon das Interesse des FC Porto geweckt haben. Mit Felix Gebhardt (Regensburg, spielt am Freitag gegen den SSV Ulm) und Johannes Schenk (Preußen Münster) wird auf zwei hoffnungsvolle Torhüter bei zwei Aufsteigern viel Arbeit warten.

Beobachtenswert dürfte auch die Entwicklung von Jan Reichert sein, der jetzt die Nummer eins beim 1. FC Nürnberg ist. Der 23-Jährige hatte das Glück, dank der Nähe zum DFB-Quartier in Herzogenaurach von Bundestrainer Julian Nagelsmann kurz vor der EM eingeladen worden zu sein. Reichert, der am Samstag (10.08.2024, 13 Uhr) mit dem 1. FC Nürnberg auf Heekeren und Schalke trifft, war da nur Trainingstorhüter. Vielleicht schafft er oder einer seiner Zweitliga-Kollegen es ja, in der Zukunft mehr als das zu werden.