Hoffnung auf eine Milliarde Euro DFL lässt Klubs erneut über Investor abstimmen
Die Klubs der DFL werden am 11. Dezember erneut darüber abstimmen, ob ein Investor ins Boot geholt wird. Die DFL will die kritischen Klubs mit einer abgespeckten Version des Deals überzeugen.
Das Präsidium und der Aufsichtsrat der DFL beschlossen in einer gemeinsamen Sitzung am Dienstag (14.11.2023) mehrheitlich, dass in der Mitgliederversammlung der 36 Klubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga am 11. Dezember über eine "strategische Vermarktungspartnerschaft" abgestimmt wird. Dies bestätigte die DFL.
Beim vergangenen Versuch am 24. Mai hatte sich keine nötige Zweidrittelmehrheit unter den 36 Klubs gefunden. 20 Klubs stimmten damals dafür, elf dagegen, fünf enthielten sich. Marc Lenz und Steffen Merkel, die den Dachverband seit dem 1. Juli führen, benötigen auch diesmal eine Zweidrittelmehrheit von mindestens 24 Stimmen, um ein Mandat zum Abschluss eines Deals mit einem Investor zu erhalten. "Es braucht eine Weiterentwicklung des DFL-Geschäftsmodells, um auch langfristig eine positive Zukunft der Bundesliga und 2. Bundesliga zu sichern", hieß es in einer Mitteilung.
Marc Lenz (l.) und Steffen Merkel, die beiden Geschäftsführer der DFL
Hoffnung auf eine Milliarde Euro
Die Pläne der Liga, goutiert von den Branchengößen FC Bayern und Borussia Dortmund, sehen nach Informationen der Sportschau weiterhin vor, dass eine Tochterfirma gegründet wird. Diese soll die Rechte vermarkten, darunter die audiovisuellen Medienrechte, die Haupteinnahmequelle der DFL. Von den Erlösen dieser Firma soll der mögliche Investor dem neuen Plan zufolge jährlich sechs bis neun Prozent erhalten. Als Laufzeit sind wie im Mai 20 Jahre vorgesehen, es soll keinen dauerhaften Verkauf von Anteilen geben. Das erfuhr die Sportschau aus Vereinskreisen. Als Gegenleistung erwartet die DFL eine Zahlung von 800 Millionen bis zu einer Milliarde Euro.
Bei dem im Mai gescheiterten Versuch ging es um ein Geschäft mit 12,5 Prozent Erlösbeteiligung über 20 Jahre. Dafür sollte ein Investor bis zu zwei Milliarden Euro zahlen.
Person | Klub | Position |
---|---|---|
Hans-Joachim Watzke | Borussia Dortmund | Vorsitzender |
Oliver Leki | SC Freiburg | Stellvertreter |
Rüdiger Fritsch | Darmstadt 98 | Mitglied |
Christian Keller | 1. FC Köln | Mitglied |
Stephan Schippers | Bor. M'gladbach | Mitglied |
Ralf Huschen | SC Paderborn | Mitglied |
Person | Klub | Position |
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Hans-Joachim Watzke | Borussia Dortmund | Sprecher |
Oliver Leki | SC Freiburg | 1. Stellvertreter |
Steffen Schneekloth | Holstein Kiel | 2. Stellvertreter |
Jan-Christian Dreesen | Bayern München | Mitglied |
Oke Göttlich | FC St. Pauli | Mitglied |
Axel Hellmann | Eintracht Frankfurt | Mitglied |
Holger Schwiewagner | SpVgg Gr. Fürth | Mitglied |
Marc Lenz | DFL | Mitglied |
Steffen Merkel | DFL | Mitglied |
Gescheiterter Versuch im Mai spaltete die Liga
Die Liga zeigte sich nach der Abstimmung im Mai gespalten: Denn damals sollte von dem Geld nur gut ein Drittel in Projekte gehen, die der Gemeinschaft zugutekommen. Etliche Hundert Millionen Euro wären nach dem damaligen Modell aber direkt an die Vereine gegangen, allerdings nicht zu gleichen Teilen, sondern nach dem gültigen Verteilerschlüssel. Danach bekämen die Bayern ein Vielfaches von dem, was beispielsweise Holstein Kiel zustünde. Daran stießen sich einige Klubs, genau wie an in einem von der Sportschau aufgedeckten Vetorecht des Investors bei bestimmten Entscheidungen.
Großteil für Digitalisierung der DFL, nicht mehr für das Tagesgeschäft der Klubs
Die Planungen des neuen Deals sehen vor, dass etwa 60 Prozent des eingenommenen Geldes in gemeinsame Projekte der Digitalisierung gehen, etwa der Aufbau einer digitalen Videoplattform. Rund 30 Prozent sind dafür vorgesehen, die nach Abschluss fälligen Zahlungen an den Investor zumindest fünf Jahre lang auszugleichen. Denn dieses Geld würde den Klubs sonst zunächst fehlen. Die restlichen 10 Prozent sollen einen Topf füllen, mit dem die DFL die Auslandsaktivitäten wie Freundschaftsspiele der Klubs fördern will, um die bislang relativ niedrigen Auslandserlöse zu steigern.
Noch in der ersten Jahreshälfte 2024 werden voraussichtlich die Medienrechte für die vier Spielzeiten ab der Saison 2025/26 vergeben. Erwartet wird zumindest ein leichter Rückgang der Medienerlöse. Die Einbeziehung eines Investors gilt auch als Signal der DFL zur Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Mehrere Medienpartner äußerten zuletzt öffentlich Wünsche, beispielsweise nach Videos aus der Kabine oder aus dem Mannschaftsbus.
Dass bei der Digitalisierung und der Internationalisierung und damit der von der DFL propagierten Weiterentwicklung des Geschäftsmodells Investitionsbedarf besteht, war allerdings schon im Mai weitgehend Konsens unter den Klubs. Die DFL sprach in ihrer Mitteilung an, dass das Mediennutzungsverhalten junger Menschen sowie die Konkurrenz durch neue und ausgeweitete Wettbewerbe wie der Klub-WM der FIFA mit 32 Teams und der ausgeweiteten Champions League Handlungsbedarf ergebe. In den vergangenen Wochen ging die DFL in Gesprächen mit den Klubs auch auf die Kritikpunkte der bisherigen Gegner ein - beispielsweise damit, dass kaum noch potenzielles Investoren-Geld in das Tagesgeschäft der Klubs wandert.
Erste Proteste der Fans: "Wir haben euch im Blick"
Am ersten Wochenende im November gab es in zahlreichen Stadien des deutschen Profifußballs erste Proteste in den Fankurven zum neuen potenziellen Einstieg eines Investors - das Motto: "DFL & Investoren: Wir haben euch im Blick!" Bei dem geplatzten Deal im Mai galt das Private-Equity-Unternehmen CVC als Favorit, das sich in den höchsten Ligen Spaniens und Frankreichs engagiert, aber auch in anderen Sportarten wie Tennis oder Rugby aktiv ist und früher in der Formel 1 war.
Eine Sorge vieler Fanszenen ist eine Einflussnahme des potenziellen Investors, der wohl auch beim neuen Versuch aus der Private-Equity-Branche (private Beteiligungsgesellschaften) kommen soll. Die DFL betont aktuell wie im Mai, dass jede Entscheidung zum Spielbetrieb in ihrer Macht verbleibe. Der Investor soll also nicht gegen den Willen der Klubs den Spielplan verändern oder Spiele ins Ausland verlegen können.
Der Beschluss von Präsidium und Aufsichtsrat erging laut DFL-Mitteilung "mehrheitlich" - also nicht "einstimmig". Nach Informationen der Sportschau haben einige Klubs auch gegen das neue Investorenmodell Bedenken, etwa wegen des Zeitpunkts des Deals in einer Phase von hoher Inflation und steigenden Zinsen. Manch ein Verein soll weiter die Möglichkeit vorziehen, für nötige Investitionen Kredite aufzunehmen. Vor allem Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Aufsichtsratschef der DFL, sprach sich in der Vergangenheit jedoch öffentlich stets dagegen aus.