Stephanie Venier nach ihrer Abfahrt in Saalbach

Alpine Ski-WM 2025 Tu felix Austria - ÖSV meldet sich bei Heim-WM zurück

Stand: 10.02.2025 12:50 Uhr

Nach einer langen Durststrecke überrascht das österreichische Ski-Team in den Speeddisziplinen bei der Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm. Statt Krisenstimmung herrscht nun Euphorie beim ÖSV.

Von Nicole Hornischer

Österreich gilt als die Abfahrts-Nation schlecht hin: Toni Sailer, Franz Klammer, Hermann Maier sind nur einige der vielen Skifahrer, die die Alpenrepublik bei Weltmeisterschaften und bei den Olympischen Spielen jubeln ließen.

Rot-Weiß-Rote Dominanz - das war einmal

In den vergangenen Jahren war die Lage für den ÖSV eher trostlos. Im Ziel feierten die anderen Nationen - allen voran die Schweiz mit Marco Odermatt. Rot-Weiß-Rot ist nicht mehr das, was es einmal in den Speed-Disziplinen war: dominant. In dieser Saison gab es erst zwei Super-G-"Stockerl" für das ÖSV-Team. Österreichs Männer gäben ein "jämmerliches Bild" ab, schimpfte die österreichische Zeitung "Kurier". Welchen Stellenwert das Skifahren hat, unterstrich Bundespräsident Alexander van der Bellen bei der Eröffnungsfeier: "Skifahren gehört bei uns dazu wie die Panier zum Schnitzel."

Bei den Frauen läuft es bislang etwas besser: Vier Podestplätze gab es für die ÖSV-Speed-Läuferinnen in dieser Saison. Cornelia Hütter gewann zwei Weltcup-Rennen (Abfahrt in Beaver Creek, Super-G in St. Moritz), dazu kam ein zweiter Platz von Venier (Super-G in St. Anton) und ein dritter Platz von Ariane Rädler (Super-G in Beaver Creek).

Venier gewinnt Gold - ÖSV-Präsidentin hat "Tränen in den Augen"

Alles in allem keine guten Vorzeichen vor der Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm. So verlief der Auftakt auch enttäuschend: Im Teambewerb blieben die Österreicher ohne Medaille. Doch schon zwei Tage hatten die skiverrückten Österreicher Grund zum Jubeln: Stephanie Venier gewann bei der Ski-WM überraschend den Super-G. Österreich konnte aufatmen. Verbandspräsidentin Roswitha Stadlober bekannte: "Ich habe Gänsehaut, ich habe Tränen in den Augen." Der ORF sprach sogleich vom "Husarenritt in Saalbach".

Der überrschende Erfolg der 31-Jährigen war für die anderen Teammitglieder offenbar eine Initialzündung: Raphael Haaser holte Silber im Super-G. Die Medaille widmete er seiner Schwester Ricarda, die sich am Vortag beim Super-G schwer verletzt hatte.

Kriechmayr lässt den Zielraum beben

Und auch in der Königsdisziplin Abfahrt waren die Österreicher erfolgreich. Miriam Puchner wurde Zweite in der Abfahrt und am Sonntag folgte der bisher emotionalste Moment: Vincent Kriechmayr begeisterte mit seinem Lauf die Massen und angefeuert von den 22.500 Fans holte der 33-Jährige Silber. Die Stimmung im Zielraum war einzigartig. "Das ist ein unvergesslicher Moment meiner Karriere", sagte Kriechmayr, der Doppelweltmeister von 2021. Der Oberösterreicher stürzte vor drei Wochen in Wengen, ließ die darauffolgenden Weltcups aus und war nur dank Spritzen schmerzfrei unterwegs.  "Letzte Woche war es noch undenkbar, dass ich Ski fahren kann. Da hatte ich keine Chance darauf."

Erleichterung beim ÖSV

Beim ÖSV herrscht Erleichterung. Die Zwischenbilanz fällt positiv aus: "Es ist ein super Gefühl. Es war nicht unbedingt zu erwarten, dass wir aus jedem Speed-Bewerb sowohl Damen und Herren überall eine Medaille mitnehmen. Und dann noch eine Goldene dazu. Wir sind schon sehr, sehr happy", freute sich ÖSV-Alpin-Chef Herbert Mandl. Und ÖSV-Präsidentin Stadlober ergänzte: "Ich habe immer daran geglaubt, ich wusste, was sie können. Genau so wünscht man sich das für die Athleten. Sie alle wollen daheim brillieren, aber das ist nicht so einfach. Schön, dass die Wünsche in Erfüllung gehen."

Krise überwunden?

Ob aber der ÖSV mit den vier Medaillen die Krise überwunden hat, ist fraglich. Denn das Ausbleiben der sportlichen Erfolge dauert schon länger an. Außer Haaser (27) haben nur die Routiniers Medaillen gewonnen. Wie lange aber Kriechmayr (33 Jahre), Venier (31) und Puchner (32) noch Rennen bestreiten werden, ist offen.

Im Nachwuchsbereich kommt wenig nach. Ein Blick auf die vergangenen beiden Junioren-Weltmeisterschaften in Haute-Savoie (2024) und St. Anton (2023) zeigt: Den Medaillenspiegel führen die Schweiz, Italien oder Schweden an, für Team Austria blieben nur die Plätze drei und zehn. TV-Experte Hans Knauß, der in seiner aktiven Zeit sieben Weltcupsiege einfuhr, kritisierte: "Die Strukturen sind wie bei mir vor 40 Jahren. Die reichten für mich aus, an die Weltspitze zu kommen. Wir sind aber stehen geblieben."