Remco Evenpoel sieht sich nach Tadej Pogacar um

Ardennen-Klassiker im Radsport Fleche Wallonne - Pogacar brennt auf die Revanche

Stand: 21.04.2025 13:30 Uhr

Nach seiner knappen Niederlage beim Amstel Gold Race hat Weltmeister Tadej Pogacar am Mittwoch die Chance zur Revanche. Beim Fleche Wallonne könnte er gegen die Konkurrenten um Remco Evenepoel zurückschlagen.

Am vergangenen Sonntag (20.04.2025) hat Tadej Pogacar einen ganz seltenen Moment erlebt: Er wurde bezwungen. Hatte im Finale des Amstel Gold Race nicht genügend Kraft, um im Sprint gegen seine beiden Fluchtgenossen Mattias Skjelmose und Remco Evenepoel zu bestehen. Am Ende eines enorm kräftezehrenden Rennens lag der Däne Skjelmose hauchdünn vor dem Weltmeister und Evenepoel.

Dabei hatte Pogacar es eigentlich gemacht wie immer: war im ersten Teil des Tages gut versteckt im Hauptfeld mitgefahren, hatte rund 40 Kilometer vor dem Ziel das Feld per Antritt verlassen, seinen Mitstreiter Julian Alaphilippe abgehängt und sein Glück in einer Solofahrt in Richtung Ziel gesucht. Normalerweise nutzt Pogacar derlei Szenarien zu ungefährdeten Solosiegen.

"Bin müde" - Pogacar tröstet sich mit Sponsor-Bier

Diesmal aber kamen Skjelmose und Evenepoel noch von hinten heran, fuhren auf und entrissen dem erfolgsverwöhnten Dominator tatsächlich den zwischenzeitlich schon sicher gewähnten Sieg.

Tadej Pogacar während des Amstel Gold Race

Menschlicher Weltmeister: Tadej Pogacar

"Ich bin müde", sagte Pogacar im Ziel des Amstel Gold Race und leerte auf der Pressekonferenz einen halben Liter Bier des Sponsors einfach mal auf ex. "Ich dachte, dass ich im Solo gewinnen kann. Aber die beiden Verfolger waren sehr stark".

In der Welt der "Normalsterblichen" angekommen

Tadej Pogacar ist dieser Tage bei den gerade andauernden Frühjahrsklassikern in der Welt der irdischen Radrennfahrer angekommen. Vielleicht kann man es so beschreiben, was dem 26-Jährigen gerade widerfährt. Der aktuelle Weltmeister, der eigentlich Rundfahrtspezialist ist und als Top-Favorit in jede Tour de France geht, hat sich - durchaus mutig - an die Frühjahrsklassiker gewagt.

Pogacar will nicht nur seinen Status als weltbester Radprofi untermauern - er will den Klassikerjägern, die beinahe eine andere Sportart als Rundfahrt-Spezialisten betreiben, beweisen, dass er auf jedem Terrain der Beste auf dem Rad ist. Schließlich hatte er bisher eigentlich immer gewonnen, wenn er es wirklich wollte.

Van der Poel gewinnt Paris-Roubaix vor Tadej Pogacar

Sportschau, 13.04.2025 19:15 Uhr

Zweimal von van der Poel besiegt

In diesem Frühjahr laufen die Dinge aber etwas anders. Zwar gewann Pogacar zu Beginn im März die Strade Bianche und später die Flandern-Rundfahrt. Aber er zählte einige Male auch zu den Verlierern. Mailand-Sanremo (Sieger van der Poel) nur Dritter, Paris-Roubaix Zweiter (Sieger van der Poel), nun Zweiter beim Amstel Gold Race (Sieger Skjelmose).

Nach dem Amstel kommen jetzt am Mittwoch (23.04.2025) der Wallonische Pfeil und am kommenden Sonntag (27.04.2025) Lüttich-Bastogne-Lüttich. Es sind die drei Ardennen-Klassiker, die Pogacar diesmal eigentlich alle gewinnen wollte. Nach der Auftakt-Niederlage wird er umso schärfer beim "Fleche Wallonne" am Mittwoch an den Start gehen.

"Mur von Huy" als legendärer Ziel-Anstieg

Das Rennen ist bei den Klassiker-Fans unverzichtbar, allein schon wegen der "Mauer von Huy", die einer von elf Anstiegen im Rennen ist und diesmal gleich dreimal zu bezwingen sein wird. Die wichtigste Passage dieses rund 750 Meter langen steilen Anstiegs wird dabei ganz am Ende liegen, denn das Ziel ist oben auf der "Mur" vor der Kirche im kleinen Ort Huy.

Die Konkurrenten werden dieselben sein wie zuletzt. Remco Evenepoel natürlich, der Olympiasieger. Mattias Skjelmose, der Gewinner von Sonntag, wird dabei sein. Aber auch Thibau Nys, der junge aufstrebende Belgier, den beim "Fleche" viele als Geheimfavoriten ansehen.

Red Bull-Bora-hansgrohe - "Sind nicht zufrieden"

Kaum zu den Sieganwärtern werden die Fahrer des deutschen Teams Red Bull-Bora-hansgrohe zählen. Für das Team von Chef Ralph Denk läuft die Klassikersaison durchwachsen, um es vorsichtig auszudrücken. Es wurde in den vergangenen acht Wochen bei den Klassikern kein einziges Top-Resultat herausgefahren. "Wir sind nicht da, wo wir sein wollten", sagte Denk nach Paris-Roubaix am 13. April.

Maxim Van Gils

Bislang enttäuschend - Maxim van Gils

Eigentlich dachte das Team, sich im Herbst mit einer ganzen Handvoll Klassikerspezialisten verstärkt zu haben. Allen voran der Belgier Maxim Van Gils, den man vom belgischen Lotto-Team losgeeist hatte, sollte für gute Resultate sorgen.

Van Gils bislang kaum zu sehen

Das hat überhaupt noch nicht geklappt. Van Gils startete im Februar zwar gut, war bei den Klassikern, bei denen er im vergangenen Jahr Top-Resultate hingelegt hatte (Fleche Wallonne Dritter, Strade Bianche Dritter, Lüttich-Bastogne-Lüttich Vierter, Mailand-Sanremo Siebter) aber kaum zu sehen. Beim Amstel Gold Race kam er nicht einmal ins Ziel.

"Wir haben ein paar gute junge Leute mit ganz guten Ansätzen gesehen, aber natürlich reicht uns das nicht", sagt Denk. "Wir wollen das Top-Team werden in Sachen Rundfahrten und Ein-Tages-Klassiker. Vielleicht müssen wir uns dafür auch noch mit dem ein oder anderen erfahrenen Klassikerfahrer verstärken."

Ein solcher ist Pogacar trotz seiner nicht makellosen Bilanz zweifelohne schon. Den bekommt Denk aber nicht.

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