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Mixed-Staffel bei Biathlon-WM Deutsches Podest nach dem Pathos?
“Let’s make history” lautet der Slogan der Biathlon-WM in Lenzerheide. Große Worte bei der Eröffnungsfeier, denen die deutschen Athletinnen und Athleten Taten folgen lassen wollen - am liebsten schon zum Auftakt bei der Mixed Staffel (ab 14.30 Uhr).
Als Olle Dahlin, Präsident der internationalen Biathlon-Union, die Weltmeisterschaften im schweizerischen Lenzerheide um 19:49 Uhr am Dienstagabend feierlich eröffnet, ist die deutsche Delegation bereits auf dem Weg zurück ins Hotel. Und das, ohne die Bühne betreten zu haben.
Die Eröffnungsfeier auf dem zentralen Platz des knapp 3000 Einwohner zählenden Dorfes ist bemerkenswert. Sie ist ruhiger als in den Jahren zuvor im tschechischen Nove Mesto oder auch in Oberhof. Die paar hundert Anwesenden sind zurückhaltend - es wird nicht gegrölt, geschrien oder richtig gefeiert. Aber vor allem ist dieser Abend bemerkenswert, weil ein essenzieller Programmpunkt fehlt.
Keine Vorstellung der Teams bei der Eröffnungsfeier
Normalerweise präsentieren sich am Abend vor dem WM-Auftakt die Teams der teilnehmenden Nationen - in diesem Jahr sind es 34 - den Fans. Sie werden kurz vorgestellt, bejubelt und dann mit den besten Wünschen in Richtung Wettkämpfe verabschiedet. Ein kurzer Auftritt mit viel Strahlkraft für die Zuschauer, aber eben auch für die Sportlerinnen und Sportler - ein Highlight, bevor es richtig losgeht.
Nicht jedoch in Lenzerheide. Zwar sind die Delegationen und somit auch etliche Sportlerinnen und Sportler gekommen - nur präsentiert werden sie nicht. So räumen also die Teams vorzeitig das Feld - die “Feier” geht ohne sie weiter.
Für Franziska Preuß, Selina Grotian, Philipp Nawrath und Justus Strelow macht das alles aber so oder so keinen Unterschied - sie haben die Unterkunft der deutschen Mannschaft gar nicht erst verlassen. Stattdessen ruhen sie aus für ihren ersten großen Auftritt bei dieser WM.
Gute Bedingungen trotz warmer Temperaturen
Im Stadion waren sie bereits um 14 Uhr zum offiziellen Training der Mixed-Staffeln. Da ließ sich erahnen, wer für Deutschland an den Start gehen würde. Die Anlage zeigte sich im strahlenden Sonnenschein, in gutem Zustand. Warm ist es dieser Tage in Graubünden, auch in 1400 Meter Höher - plus sieben Grad. Genug Schnee liegt, aber die Strecke ist weich und langsam, gut für Leichtgewichte und starke Läufer unter den Athleten.
Am Tag vor dem ersten Rennen rollen noch einmal die Lastwagen durch das Areal, beladen mit neuen Fuhren der weißen Unterlage. Die Schweizer geben sich extrem viel Mühe. An jeder Ecke stehen freiwillige Helfer, weisen Sportler, Journalisten und Zuschauer ein, kaum eine Gabelung ist unbekannt. Sie alle vereint ein freundliches Lächeln. Und auch wenn der ein oder andere im tiefsten Schweizerdeutsch kaum zu verstehen ist, findet der Suchende seinen Weg.
Ein Gerüst aus Stahl umringt die Arena
Es wirkt alles noch sehr nahbar, fast familiär. Es lässt sich nur erahnen, was in den nächsten Tagen hier zu erwarten ist, beim schweifenden Blick über die riesigen Stahlgerüste von Tribünen. Vor ihnen schlängelt sich ein Meer aus blauen Zäunen und Gattern. Fein säuberlich trennen sie den Start- vom Zielbereich, die Athleten-Areale von der Mixed-Zone der Journalisten.
Gähnende Leere - abgesehen von Selina Grotian, die gemütlich den Interview-Korridor entlangläuft, denn zumindest zwei Mikrofone warten auf sie, von ARD und ZDF: "Es kribbelt schon ziemlich", sagt die erst 20-Jährige, "die Aufregung ist da und ich bin gespannt, was die zwei Wochen so mit sich bringen."
Auch Staffel-Kollege Philipp Nawrath findet den Weg zum Mikrofon, körperlich fit, nach überstandenem Infekt: “Insgesamt ist der Stellenwert der Mixed-Staffel sehr hoch. Alle Nationen treten in Topbesetzung an, auch wir. Ich sehe uns im erweiterten Favoritenkreis für das Podium und wollen voll angreifen.”
“Wenn alles optimal läuft, ist eine Medaille möglich”
Die Sportschau-Experten Arnd Peiffer und Erik Lesser zeigen sich vorsichtig optimistisch: “Unsere Mädels sind die beste Frauenaufstellung im Starterfeld. Frankreich ist gleich stark. Philipp Nawrath ist so zweiter, dritter Mann und Justus fällt etwas ab. Ich rechne mit Platz vier oder fünf, aber wenn alle einen optimalen Tag erwischen, kann es zur Medaille reichen, ich würde sie jedoch nicht erwarten”, sagt Peiffer.
Erik Lesser ist vor allem über die Reihenfolge überrascht: “Auf der vierten Position werden die besten jeder Mannschaft laufen. Natürlich ist Justus in der Lage eine schnelle, sichere 0 zu schießen und auf der zwei Kilometer lagen Runde wird es schwer läuferisch den ganz großen Unterschied zu machen. Falls es aber zu einem Kampf in der Schlussrunde kommt, sehe ich gegenüber Samuelsson, Jacquelin und Bö bei Justus Defizite.”
Mit Pathos aufs Podest
“Let’s make history” lautet der Slogan dieser Biathlon-WM in Lenzerheide. Er wird unter anderem auf die Dorfkirche im Zentrum von des Ortes projiziert – farbenfroh und für jeden lesbar. Der große Platz inmitten des Ortes, auf dem täglich die Biathlon-Rennen übertragen werden und der zum gemeinsam Public-Viewing genutzt werden soll, wurde kurzerhand umbenannt.
Er heißt für die kommenden zwei Wochen “W.O.W Plaza” - die Abkürzung steht für “World of Wonder”. Übersetzt also “Welt der Wunder”. Ziemlich viel Pathos vor dem Start dieser Biathlon-Weltspiele in der Schweiz - jetzt ist es an den Athletinnen und Athleten, diesen Worthülsen Leben einzuhauchen.