Biathlon Philipp Nawrath - Der Knoten ist nicht nur bei ihm geplatzt
Lange hat Biathlet Philipp Nawrath auf seinen Durchbruch warten müssen: Doch mit 30 Jahren sorgt der Allgäuer für Furore und lässt so namhafte Athleten wie Johannes Thingnes Bö hinter sich.
Philipp Nawrath ist die Überraschung in der noch jungen Biathlonsaison. Mit seinem Sieg im Sprint und Platz zwei in der Verfolgung in Östersund sicherte er sich das Gelbe Trikot. Der 30-Jährige ist ein Spätzünder. Sein Weltcup-Debüt feierte Nawrath im März 2017 - doch der Erfolg kommt erst jetzt. Sein Triumph im Sprint war das erste Einzelpodest in seiner Karriere.
Bei den Olympischen Spielen in Peking war er die tragische Figur: Als Schlussläufer musste er im Stehendschießen in die Strafrunde, vergab so nicht nur eine Medaille, sondern sogar den möglichen Olympiasieg. Doch statt Edelmetall gab es nur den vierten Platz. Nawrath erholte sich von dem Tiefschlag und ist nun in einer neuen Position.
Schon bei den Deutschen Meisterschaften im Sommer überzeugte der Allgäuer mit dem Titel im Einzel - trotz eines Mittelfußbruchs im Mai fand er schnell seine Form wieder. Und jetzt ist er plötzlich der Mann in Gelb. "Es ist Wahnsinn. Man hat schon so viele Rennen hinter sich und dann passiert so was", sagte Nawrath: "Ich bin unglaublich dankbar für alle, die mir auf diesem Weg geholfen haben."
Preuß mit sensationellem Comeback
Doch nicht nur er überzeugte in Östersund - das deutsche Biathlonteam ist noch nie so gut in eine Saison gestartet. In sieben von zehn zehn Rennen in Schweden standen DSV-Athleten auf dem Podest, nur bei den Mixed-Staffeln zum Auftakt und im Frauen-Sprint klappte das nicht. Dafür durfte sich das deutsche Biathlon-Team über zehn Podestplatzierungen freuen. Und auch bei den Frauen kommt die Gesamtweltcup-Führende aus Deutschland.
Franziska Preuß untermauerte mit zwei Podestplätzen und dem Gelben Trikot ihr sensationelles Comeback. Nach vielen Rückschlägen hatte sie vor wenigen Wochen noch über das Karriereende nachgedacht. Nun behält die 29-Jährige wie zuletzt Laura Dahlmeier 2017 das begehrte Leibchen der Spitzenreiterin.
Nach dem Rücktritt von Olympiasiegerin und Weltmeister Denise Herrmann-Wick im Frühjahr wagte niemand von einem derartigen Auftakt zu träumen. Groß waren die Sorgen, dass es ein trüber Winter ohne Siege werden könnte. Doch die gute Frühform und perfektes Material nach dem neuen Fluorwachs-Verbot katapultierten die Deutschen nach vorn. "Die Zeit hier war richtig gut für das ganze Team. Wir freuen uns als Mannschaft richtig über die Ergebnisse", sagte Preuß: "Natürlich hoffen wir alle, dass es so weitergeht."
Deutsches Biathlon-Märchen in Östersund
Selbst die Führung des Deutschen Skiverbandes ist vom starken Start der Biathletinnen und Biathleten in den WM-Winter durchaus überrascht. "Keiner von uns hat daran gezweifelt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. So viel Selbstvertrauen haben wir", sagte Sportdirektor Felix Bitterling: "Dass es jetzt aber auch in der Masse zu solchen Ergebnissen reicht, ist höchst erfreulich, aber nicht planbar."
Die Bilanz der ersten Wettbewerbe liest sich aus deutscher Sicht wie ein Märchen: Premierensiege für die Routiniers Roman Rees im Einzel und Nawrath, gleich drei Deutsche abwechselnd an der Weltcupspitze, dazu noch Podestplätze für beide Staffeln sowie zwei für Vanessa Voigt und einen für Justus Strelow und noch mal Nawrath. Das bedeutet den besten Saisonauftakt für die Mannschaft überhaupt. "Langsam wird es schwierig, die richtigen Worte zu finden für diese Leistungen", sagte Bitterling.
"Niemand kann uns den Erfolg mehr nehmen"
Zwar sei "die Anzahl der Rennen bis jetzt nicht wahnsinnig groß", stellte der Sportdirektor mit Blick auf die Gesamt-Spitzenreiter Preuß und Nawrath nach drei Einzelwettbewerben fest: "Aber trotzdem muss man sich in diesem Feld erst mal behaupten." Das befand auch Bundestrainer Uros Velepec: "Ich bin stolz, dass Deutschland jetzt gleich zwei in Gelb beim Weltcup in Hochfilzen hat." In Österreich stehen ab Freitag (08.12.2023) die nächsten Rennen auf dem Programm.
"Wir nehmen unser Selbstvertrauen mit. Unser Glaube an das, was wir erreichen können, ist nochmal gewachsen im ganzen Team", sagte Bitterling: "Niemand kann uns diese Erfolge mehr nehmen."