DOSB-Präsident Thomas Weikert

Brisante Mitgliederversammlung Warum das DOSB-Präsidium um Weikert wackelt

Stand: 06.12.2024 13:16 Uhr

Viele Themen haben bei der DOSB-Mitgliederversammlung Explosionsgefahr, das Präsidium ist angezählt. Aus NRW gibt es den Wunsch nach vorgezogenen Neuwahlen.

Die 21. Mitgliederversammlung am Samstagmorgen (07.12.2024) in Saarbrücken ist der wichtigste Termin für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Schon am Freitag kommen die zahlreichen Vertreter der Sportfachverbände und der Landessportbünde für Sitzungen zusammen. Die Beratungen haben es in sich, denn der Unmut ist vielerorts groß. 

Die Sportschau gibt einen Überblick über die brisantesten Themen, die in Gänze dazu führen, dass das DOSB-Präsidium unter Präsident Thomas Weikert unter Druck gerät. "Diese DOSB-Führung ist den Erwartungen insgesamt leider nicht gerecht geworden", sagte Stefan Klett, Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, im Gespräch mit der Sportschau. Besonders am Zugang zur Spitzenpolitik habe es gemangelt.

Stefan Klett, Präsident Landesportbund Nordrhein-Westfalen e.V..

Stefan Klett, Präsident Landesportbund Nordrhein-Westfalen

Klett fordert Neuausrichtung nach der Wahl

Klett sprach sich dagegen aus, schon am Samstag einen Wechsel auf der Führungsebene anzustreben, blickt aber bereits auf die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar. "Dann müssen wir schauen, ob die Konstellation mit der neuen Regierung und der DOSB-Führung noch passt", sagte Klett. "Eines steht fest: Der deutsche Sport muss sich nach der Wahl neu ausrichten."

Für einen Führungswechsel bräuchte es dann eine außerordentliche Mitgliederversammlung mit vorgezogenen Wahlen, Weikerts Amtszeit läuft noch bis 2026.

Abberufung von Vorstands-Chef Burmester

Eine veritable Führungskrise gibt es auch im hauptamtlichen Vorstand, denn der bisherige Chef, Torsten Burmester, ist nach seiner Kandidatur als SPD-Oberbürgermeisterkandidat in Köln abberufen worden.

Die Vorgänge werfen Fragen auf: Wie früh wusste das Präsidium von Burmesters Plänen? Wie viel Abfindung wird fällig, nachdem Burmesters Vertrag offenbar Anfang des Jahres noch bis 2029 verlängert worden war? Und wer übernimmt jetzt das Ruder?

Klar ist seit Donnerstag nur, dass Hessens ehemaliger Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bis zum 30. Juni 2025 den Vorstand kommissarisch ergänzt.

Debakel um World-Games-Vergabe

Die Führung steht auch deshalb in der Kritik, weil sie das Desaster um die World Games 2029 verantwortet - und "mangelnde Professionalität" bei der Vergabe an Karlsruhe eingestehen musste. Der unterlegene Kandidat Hannover will nun, dass der DOSB die entstandenen Bewerbungskosten von 80.000 Euro ersetzt - das Thema ist also längst nicht ausgestanden.

Chaos Olympia-Bewerbung

Der DOSB will Olympische Sommerspiele nach Deutschland holen, hinkt aber seinem Zeitplan hinterher. Statt wie geplant ein Bewerbungskonzept zu verabschieden, will sich der DOSB nun am Samstag lediglich das Okay dafür holen, mit dem Internationalen Olympischen Komitee in den sogenannten "kontinuierlichen Dialog" zu treten. Bedeutet: Der DOSB ist dann offiziell interessiert an Olympia - unabhängig ob für 2036, 2040 oder gar 2044.

IOC-Präsident Thomas Bach bremste die Ambitionen aber am Donnerstag rapide. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) sagte er, die Regierung müsse ihre Visa-Politik ändern, bevor Deutschland überhaupt eine Chance habe. Derzeit ist Sportlern aus Russland und Belarus die Einreise untersagt.

Als mögliche Ausrichter hatten sich Berlin, München, Hamburg, Leipzig und die Rhein-Ruhr-Region in Stellung gebracht. Den ursprünglichen Plan, zwei oder mehr Städte in einer Bewerbung zu vereinen, hat der DOSB mittlerweile verworfen. Stattdessen priorisiert er nun die Szenarien, bei denen möglichst viele Athleten in nur einem olympischen Dorf unterkommen würden.

Durch dieses so genannte "One-Village-Konzept" dürften Leipzig und Hamburg als Haupt-Ausrichter wegfallen. Zwischen den restlichen Kandidaten dürfte es einen Ausscheidungswettbewerb geben, der Deutschlands Bewerbung schaden könnte - sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Sportschau-Interview.

Heikles Sportfördergesetz

Zwar berät das Parlament in Berlin am Freitag (06.12.2024) in erster Lesung über das langwierig ausgehandelte Sportfördergesetz, aber eine Verabschiedung bis zu den Neuwahlen im Februar gilt als unwahrscheinlich. Zu umstritten sind die Details - und auch innerhalb des DOSB.

So hatte Jörg Ammon, der Sprecher der Landessportbünde, schon im September im Gespräch mit der Sportschau gefordert, dass das Sportfördergesetz mit der geplanten Agentur für Spitzensport auf der Mitgliederversammlung thematisiert wird. Es geht auch um die Frage, welche Rolle der DOSB neben der unabhängigen Spitzensport-Agentur noch spielen würde.

Safe-Sport-Code

Dass der DOSB einen Safe-Sport-Code zur Abstimmung stellen kann, gilt als einer der wenigen Erfolge der amtierenden Führung. Doch auch hier gibt es Kritik, zum Beispiel von Athleten Deutschland. Der Vertretung der Kaderathleten fehlen Regelungen, um juristische Personen zur Verantwortung zu ziehen. Sylvia Schenk von Transparency International Deutschland forderte jüngst in einem Gastbeitrag bei der FAZ sogar, die Verabschiedung zu vertagen.

Für Stefan Klett vom LSB NRW kommt das nicht infrage. "Wir sollten den Safe Sport Code auf jeden Fall verabschieden, alleine schon, um ein unmissverständliches Zeichen zu setzen. Das Thema ist viel zu wichtig, ein entschlossenes Handeln ist überfällig, denn es geht um den Schutz unserer Kinder - der schwächsten Gruppe in der Gesellschaft. Details verfeinern und verbessern kann man anschließend immer noch."

Schwierige Finanzen

Der DOSB hat 2023 ein negatives Ergebnis von 789.000 Euro eingefahren und erwartet laut Medienberichten weniger Geld vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Hinzu kommen die Forderungen der Stadt Hannover und eine mögliche Abfindung für Burmester, außerdem sind die vom Bund in Aussicht gestellten Gelder wegen der vorgezogenen Neuwahlen fraglich.

Etwas Abhilfe könnte der Mitgliederrekord in den Vereinen schaffen und die ohnehin geplante Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zum 1. Januar 2025. Laut Wirtschaftsplan erwartet der DOSB Mehreinnahmen bei den Mitgliedsbeiträgen von rund 2,75 Millionen Euro.

Wahl des Vizepräsidenten

Seit dem Rücktritt von Oliver Stegemann Anfang Juni ist ein Vizepräsidentenposten vakant, in Saarbrücken wird nun gewählt. Unter den fünf Kandidaten sind Jörg Ammon und Martin Engelhardt die Favoriten.

Kandidaten für das Amt des DOSB-Vizepräsidenten
Name Funktion im organisierten Sport
Jörg Ammon Sprecher der Landessportbünde
Martin Engelhardt Präsident der Deutschen Triathlon Union
Marcus Hauss Vizepräsident Finanzen beim Deutschen Verband für Freikörperkultur
Michael John Vizepräsident Nichtolympische Verbände Deutschland (NVD)
Jörn-Torsten Verleger Präsident des Weltfaustballverbandes IFA