Schuhe werden auf einer Laufbahn gebunden

Zentrum für Safe Sport Nächster Schritt zum Schutz vor Gewalt

Stand: 26.03.2024 14:34 Uhr

Der Deutsche Olympische Sportbund und Athleten Deutschland, die Interessenvertretung der Spitzensportlerinnen und -Sportler, haben einen Entwurf zu einem Safe-Sport-Code veröffentlicht. Dieser soll Grundlage für ein entstehendes Zentrum für Safe Sport sein.

Von Andrea Schültke

"Der Safe Sport Code (SSC) ist das grundlegende sportartenübergreifende Regelwerk zum Schutz vor interpersonaler Gewalt im Sport", heißt es in der Präambel des jetzt vorliegenden Entwurfs. Interpersonale Gewalt meint hier physische, psychische und sexualisierte Gewalt sowie Diskriminierung und Vernachlässigung.

Solche Verstöße soll in Zukunft ein Zentrum für Safe Sport als zentrale und unabhängige Einrichtung untersuchen, aufarbeiten und die Verantwortlichen wenn möglich sanktionieren.

Die Ampelkoalition hatte sich im Koalitionsvertrag zu einer solchen unabhängigen Einrichtung bekannt. Die Arbeit daran läuft. Moderiert vom für den Sport zuständigen Bundesinnenministerium treffen sich die zahlreichen beteiligten Interessengruppen seit Ende 2022 zum regelmäßigen Austausch.

Anwaltskanzlei liefert Rechtsgutachten

Ein Ergebnis dieses Austauschs: Es gibt viele juristische und organisatorische Fragen. Die wollen der DOSB und der unabhängige Verein Athleten Deutschland klären, bevor das Zentrum an den Start geht, um es auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen.

Zu diesem Zweck haben Athleten Deutschland und der Dachverband des organisierten Sports ein Rechtsgutachten bei einer Frankfurter Anwaltskanzlei beauftragt, finanziert durch Spendengelder und Eigenmittel.

Neuland betreten

Dieses Gutachten liegt jetzt vor, genauso wie der Entwurf zu einem "Safe Sport Code". Der schreibt fest, nach welchen Regeln das Zentrum für Safe Sport irgendwann einmal arbeiten soll: "Man betritt mit diesem Regelwerk tatsächlich Neuland", erklärt Sport- und Verbandsrechtler Alexander Engelhard von der Kanzlei Arnecke, Sibeth und Dabelstein.

"Neuland" deshalb, weil der Entwurf für einen Safe Sport Code, den er und sein Team erarbeitet haben, das erste Regelwerk ist, das für den gesamten deutschen Sport gültig sein soll, also für den Leistungs- und den Breitensport.

Ein Code für 87.000 Vereine

Den Macherinnen steht eine aufwändige Aufgabe bevor. "Wie schaffen wir es, 87.000 Vereine in Deutschland unter einen Code zu packen, der am Ende des Tages durchaus auch Wirkung entfalten soll?", fragt Leon Ries von der Deutschen Sportjugend. Denn auch das ist eine Erkenntnis des Gutachtens: Damit der Safe Sport Code auch umgesetzt werden kann, müssen sich alle Organisationen im Sport vom Dachverband bis zum kleinen Verein daran binden.

Das Gutachten der Kanzlei schlägt hier zwei Wege vor: Die Sportorganisationen erkennen den Code über einen Vertrag an oder über die Aufnahme in ihre Satzung. Ein Vorgang, der viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Ohne diese Bindung der Beteiligten an den Code, also das Verfahrensregelwerk,  kann das Zentrum für Safe Sport nicht an den Start gehen.

Probleme bewältigen

Problematisch ist vor dem Hintergrund, dass es noch einen weiteren Safe Sport Code gibt. Den entwickeln die Kölner Sportrechtler Martin Nolte und Caroline Bechtel gerade mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und dem Deutschen Turnerbund (DTB). Gefördert wird dieser Code vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BiSP),

Bisher sind die beiden Safe Sport Codes noch nicht miteinander abgeglichen. Darüber hinaus müssen viele weitere Fragen im jetzt folgenden Abstimmungsprozess geklärt werden, etwa zum Datenschutz, um zu verhindern, dass Täter von einem Verein zum nächsten weiterziehen können.

Oder auch die Frage: Welche Rechtsform soll das Zentrum haben? Das Gutachten schlägt eine privatrechtliche Stiftung vor, ähnlich der Nationalen Anti Doping Agentur NADA. Ob es hier Möglichkeiten einer Kooperation geben kann, gehört auch zu den anstehenden Überlegungen.

Akzeptanz herstellen

"Schlussendlich geht es darum, dass eine breite Akzeptanz hergestellt werden muss, nicht nur innerhalb des Sports, sondern auch von Betroffenen und Organisationen des Kinder- und Jugendschutzes", erklärt Maximilian Klein von Athleten Deutschland, der die Idee eines Zentrums für Safe Sport vom ersten Tag an vorangetrieben hat.

Im vergangenen Sommer hat das Bundesinnenministerium eine sogenannte Roadmap für das Zentrum für Safe Sport veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem, dass die Startphase des Zentrums für 2025 geplant ist. Angesichts all der Punkte, die jetzt zu klären sind, erscheint dieser Plan mehr als ambitioniert.