Eine mit der Hand verdeckte Goldmedaille
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Aus für Sportfördergesetz Das nächste Debakel in der Sportpolitik

Stand: 19.12.2024 15:06 Uhr

Die Politik verpasst mit dem Aus des Sportfördergesetzes eine Chance. Zu den Profiteuren könnte der DOSB gehören - sicher aber nicht der Spitzensport selbst.

Das Trauerspiel Spitzensportreform ist um ein Kapitel reicher. Die Mühen mehrerer Arbeitsgruppen, unzählige Arbeitsstunden und dadurch auch viel Geld stecken im Entwurf zum Sportfördergesetz. Dessen Scheitern ist ein ernüchterndes Signal für die Athleten und Trainer, die auf bessere Strukturen hoffen - und auch für die Steuerzahler.

Dass am Mittwoch bekannt wurde, dass CDU und FDP dem Gesetz nicht zustimmen werden, ist nach dem Bruch der Ampelkoalition wenig überraschend - es ist Parteipolitik. Es ist aber auch eine verpasste Gelegenheit für den Bund, sich endlich vom organisierten Sport zu emanzipieren.

Fragwürdige Doppelrolle des DOSB

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist Sport-Lobbyist und hat erstaunlicherweise gleichzeitig großen Einfluss auf die Verwendung von Steuergeld - nämlich auf die Hunderte Millionen Euro Spitzensportförderung, die das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) bereitstellt. Der Bundesrechnungshof kritisiert diese Doppelrolle des DOSB verständlicherweise schon lange.

Das aktuelle Konstrukt ist also rechtlich fragwürdig - und auch noch ineffizient. Trotz steigender BMI-Förderung wird die Medaillenbilanz immer schlechter und weiterhin klagen Athleten und Trainer über fehlende Mittel.

Agentur für Spitzensport - gute Idee, keine Umsetzung

Der Reformbedarf ist bekannt und letztlich hatten sich DOSB und BMI darauf verständigt, mit dem Sportfördergesetz eine unabhängige Agentur für Spitzensport zu gründen. Die Idee klingt gut: Zuteilung und Auszahlung der BMI-Fördergelder unter einem Dach, dadurch weniger Bürokratie und transparentere Strukturen.

Die Agentur wäre dann der Ansprechpartner für die Fachverbände in Sachen Spitzensportförderung, nicht mehr der DOSB. Der Dachverband stünde vor großen Einschnitten - das sorgt intern für Widerstand. Es ist ein nachvollziehbarer Reflex, dass der DOSB seine Pfründe verteidigen will. Wer sagt schon gerne seiner Spitzensportabteilung, dass man Stellen streichen muss?

Eine derartige Verschlankung wäre vielerorts zwingend nötig: DOSB, Landessportbünde, Fachverbände, Länder, Kommunen und BMI. Nur dann käme signifikant mehr von der üppigen staatlichen Förderung in der Praxis an.

Der Kampf um Einfluss

Doch der DOSB setzt lieber darauf, um seinen Einfluss zu kämpfen, fordert lautstark Änderungen am Gesetzesentwurf. Es ist das alte Spiel: Der Sport pocht auf Autonomie, der Staat auf sein Recht, über die eigenen Mittel zu entscheiden.

So dauerte es unnötig lange, bis das Gesetz im Bundestag landete - zu lange. Zwar sagen auch CDU und FDP, dass sie ein Sportfördergesetz wollen, aber das Zerren um die Details wird von Neuem losgehen.

DOSB hofft auf neue Regierung

Der DOSB darf darauf hoffen, seine Anliegen nach den Neuwahlen im Februar erfolgreich platzieren zu können. Dann dürfte allen Umfragen zufolge die CDU/CSU eine tragende Rolle in der Regierung spielen - und die jüngsten sportpolitischen Aussagen aus der Union klingen sehr nach DOSB-Linie.

Dass ein Sportfördergesetz kommen wird, ist weiterhin wahrscheinlich, aber es wird noch lange dauern. Aber dass es ein großer Wurf wird und die geplante Agentur wirklich für deutlich mehr Effizienz sorgt, wird immer unwahrscheinlicher. Das Aufweichen von Reformen hat im deutschen Spitzensport mittlerweile Tradition.

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Volker Schulte und Robert Kempe, Sportschau, 10.10.2024 14:32 Uhr