WM-Achtelfinale gegen Norwegen Trainer Ikeda ist Baumeister japanischer Fußballkunst
Japan begeistert bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland. Auf der Spurensuche nach dem Erfolgsgeheimnis landet man schnell bei Trainer Futoshi Ikeda, der sein Team ins Achtelfinale am Samstag (05.08.2023, 10 Uhr MESZ) gegen Norwegen geführt hat.
Als sich Futoshi Ikeda vor rund einem Jahr der Medienabteilung des Welt-Fußballverbandes zum Interview stellte, hatte das mit der WM 2023 eigentlich gar nichts zu tun. Der 52-Jährige trainierte damals die U20-Juniorinnen Japans - es waren die Tage vor dem Finale der Altersklassen-Weltmeisterschaft zwischen eben jenen Japanerinnen und Spanien.
Die jungen Europäerinnen gewannen später das Endspiel mit 3:1, doch es blieb dabei: Auch Japans weiblicher Nachwuchs hatte für mächtig Furore gesorgt. Wie übrigens schon vier Jahre zuvor. Damals, 2018, gewann Japans U20 die WM - Trainer: ebenfalls Ikeda.
Viele Erfolge als Nachwuchstrainer
Jetzt steht er also an der Seitenlinie des japanischen Teams bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland. Und neutrale Beobachter, die Japans Team vor dem Turnier noch nicht so recht auf dem Schrim hatten, reiben sich verwundert die Augen: "Nadeshiko", wie die Mädels genannt werden, spazieren bislang durch dieses Event wie kein anderes Team.
Neun Punkte und 11:0-Tore haben sie in ihren drei Vorrundenspielen herausgespielt. Das letzte Gruppenspiel, ein 4:0 gegen Turnier-Mitfavorit Spanien, dürfte auch letzten Zweiflern die Augen geöffnet haben: Mit diesem japanischen Team wird noch zu rechnen sein.
Disziplin und Mannschaftsgeist sind Japans große Stärke
Im Achtelfinale trifft Japan nun also auf Norwegen - jenen zerstrittenen Haufen von tollen Einzelspielerinnen, der erst im dritten Gruppenspiel gegen die Philippinen (6:0) offensichtlich begriffen hat, dass es bei diesem Turnier nur mit einem gewissen Teamgeist zu einem Erfolg wird reichen können.
Zusammenhalt, Loyalität, ein tolles Mannschaftsgefüge, Disziplin und Laufbereitschaft sind die Eigenschaften, die Japan bislang durch dieses Turnier getragen haben. Es ist beeindruckend, wie konsequent jede Einzelne ihre Aufgabe angeht. Selbst im sportlich gar nicht mehr so wichtigen dritten Gruppenspiel, als Japan schon in der K.o.-Runde stand, zeigten selbst das halbe Dutzend der eingesetzten Ersatzspielerinnen mit unzähligen Sprints nach vorn und hinten außergewöhnliche Team-Mentalität.
Individuelle Qualität gefordert
Dabei war es gerade so etwas wie individuelle Genialität, die Ikeda in dem Interview ein Jahr zuvor bei seinen Spielerinnen eingefordert hatte. "Ich denke, dass man bei aller mannschaftlichen Geschlossenheit nur große Erfolge feiern kann, wenn man einzelne Spielerinnen mit überragenden individuellen Fähigkeiten in der Mannschaft hat", hatte er damals gesagt.
Doch beim Blick auf Japans Vorstellungen ein Jahr später sind im Team weit und breit keine Star-Spielerinnen auszumachen. Allerdings: Stürmerin Hinata Miyazawa hat schon vier Tore geschossen. Mina Tanaka begeisterte mit einem Traumtor zum 4:0-Endstand gegen Spanien. Und die erfahrene Saki Kumagai organisiert die Abwehr mit einer Brillanz, die ganz einfach erstaunlich ist.
Jung und Alt ergänzen sich - Japans Mischung stimmt
Doch es gibt eben auch noch eine ganze Handvoll weiterer Spielerinnen, die schon geglänzt haben: Jun Endo mit ihren Flankenläufen, Riko Ueki als fleißige Ersatz-Stürmerin, die den Spielaufbau der Gegnerinenn stört, und natürlich Aoba Fujino, die nach ihrem überragenden Auftritt im Auftaktspiel gegen Sambia (5:0) kaum noch auf dem Rasen stand, sondern auffällig geschont wurde.
Man darf sicher sein: Ikeda wird Fujino, diesen technisch und läuferisch so starken Wirbelwind, gegen Norwegen wieder bringen. Sie ist eine jener Spielerinnen, die Ikeda schon seit Jahren unter seinen Fittichen hat. Schließlich kommt er aus dem Nachwuchsbereich des japanischen Verbands. Rund die Hälfte des WM-Kaders hat er aus seinen diversen Juniorinnen-Nachwuchsteams in der A-Mannschaft eingebaut.
Favorit im Spiel gegen Norwegen
Die Mischung ist es offenbar, die in Japans Gruppe stimmt. Und jetzt ist auch noch das nötige Selbstvertrauen dazugekommen. Fragt man herum nach dem Favoriten im Duell zwischen Japan und Norwegen, hört man kaum jemanden, der für die Skandinavierinnen stimmt. Teamgeist schlägt individuelle Klasse, so die einhellige Meinung. Auch wenn Futoshi Ikeda im FIFA-Interview vor einem Jahr noch etwas anderes behauptet hat.
- FIFA-Weltrangliste: Japan Platz 11 / Norwegen Platz 12
- Beste WM-Platzierung: Japan - Weltmeister 2011 / Norwegen - Weltmeister 1995
- Fun Fact: Die norwegische Trainerin Hege Riise weiß, wie man mit negativen Turnierstarts umzugehen hat. 2022 startete sie mit der norwegischen U19-Auswahl bei der EM mit einem 1:4 gegen England. Das Team schien mausetot, steigerte sich dann plötzlich. Erst im Finale war später Schluss, es gab damals ein ebenso knappes wie unglückliches 1:2 gegen Spanien.