Alessandro Tomasello

Spagat zwischen Profi- und Amateurfußball Alessandro Tomasello - ein Leben zwischen den Fußballwelten

Stand: 27.12.2024 13:24 Uhr

Für die Bundesliga zu schwach, für die Amateurligen zu gut. Alessandro Tomasello führt ein Leben zwischen zwei Fußballwelten. Was bei dem 28-Jährigen zu manch geplatztem Traum geführt hat.

Alessandro Tomasello macht Tempo. Der Kellner flitzt im Restaurant "Pane e Vino" in Bochum zwischen Küche und Gastraum umher, es sind an diesem Abend viele hungrige Besucher da. "Kein schlechter Job", findet Tomasello. Aber eigentlich würde der 28-Jährige viel lieber etwas ganz anderes tun: "Ich wäre gern Fußballprofi geworden. Das war von meiner Kindheit an der Traum. Leider hat es nicht geklappt. Jedenfalls bisher nicht", sagt er.

Tomasello, in Gelsenkirchen und damit im tiefsten Ruhrpott geboren, wandelt seit Jahren zwischen den Fußballwelten: Der des Profifußballs und der des Amateursports. Anders ausgedrückt: Tomasello ist für die Bundesliga nicht gut genug, aber eigentlich zu stark für den Amateurfußball. Was bedeutet, dass er im Moment in der 4. Liga spielt: Tomasello ist tragende Kraft bei Regionalligist Türkspor Dortmund.

Profivertrag? "Es ist mir ein Rätsel..."

Er hat den aufstrebenden Klub letzte Saison als Spielgestalter und Torjäger zum Aufstieg geführt und kämpft nun mit ihm gegen den sofortigen Wiederabstieg. "Eigentlich", findet Tomasello, "hätte ich das Zeug zumindest für die 2. Liga, das bekomme ich aus Spieler- und Trainerkreisen auch immer wieder bestätigt. Es ist für mich ein Rätsel, warum es bisher nicht geklappt hat."

Am nächsten dran war der Sohn italienischer Einwanderer im Sommer 2021, nachdem er mit dem damaligen Fünftligisten RSV Meinerzhagen hauchdünn am Aufstieg in die Regionalliga gescheitert war. Sein Trainer in Meinerzhagen war damals Nuri Sahin. Der heutige Coach von Borussia Dortmund vermittelte Unterschiedsspieler Tomasello, der zuvor für Schwarz-Weiss Essen, Preußen Münster und den FC Kray aktiv gewesen war, zur Probe zum türkischen Erstligisten Antalyaspor.

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Aussortiert in der Türkei

"Es lief in der Türkei bestens in der Saison-Vorbereitung, aber dann haben sie mich nach drei Wochen in der Meisterschaft doch aussortiert", bedauert Tomasello. Seine Leistung habe gestimmt, findet er. Er ist überzeugt: Ihm habe in Antalya nur das "Standing eines erfahrenen Profis gefehlt, um fest verpflichtet zu werden."

Antalya könnte so etwas wie die letzte große Chance Tomasellos gewesen sein - ein vergleichbares Angebot hat der Linksfuß, der in Wattenscheid und bei Schalke ausgebildet wurde und den damaligen Mannschaftskameraden Leroy Sané zu seinen Freunden zählt, seither nicht mehr bekommen. "Kann sein, dass es auch daran liegt, dass ich keinen Berater habe", sagt Tomasello.

Schlechte Erfahrungen mit Berater

Er habe sich vor Jahren mal auf die Vermittlerdienste eines Vertreters dieser Branche verlassen, aber schlechte Erfahrungen gemacht. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass sich der Berater wirklich um mich kümmert", erinnert sich Tomasello.

Alessandro Tomasello im Restaurant

Im Familien-Restaurant ist gut zu tun.

Also ist er nach dem "Türkei-Abenteuer", wie er es selbst nennt, wieder zurück in den gehobenen Amateurfußball gegangen - und hat das damalige Angebot von Türkspor Dortmund angenommen. Dieser fußballerische Rückschritt bedeutete natürlich auch einen erneuten beruflichen Einschnitt. "Vor Antalya hatte ich eine Ausbildung zum Physiotherapeuten begonnen. Als ich dann die Türkei-Möglichkeit bekam, habe ich die Ausbildung kurz vor der Prüfung abgebrochen", beschreibt Tomasello, der offen zugibt: "So habe ich jetzt also quasi nichts - keinen Fußball-Vertrag aber auch keinerlei Ausbildungs-Abschluss."

"Ich musste die Chance nutzen"

Dennoch bereut er seinen Weg nicht: "Ich musste die Chance in Antalya einfach nutzen. Ich hätte es mir mein Leben lang selbst vorgeworfen, wenn ich dieses Risiko nicht eingegangen wäre."

Zu der Wahrheit, die im Fußball bekanntlich auf dem Platz liegt, gehört auch, dass sich Tomasello abseits des Profifußballs um seine finanzielle Perspektive kümmern muss. Viertligaspieler verdienen in Deutschland durchschnittlich maximal 1.000 Euro im Monat, für Tomasello kommen gelegentliche Einsätze in der "Baller League" hinzu.

Im von Lukas Podolski und Mats Hummels ins Leben gerufene Promi-Hallen-Spektakel bekommt er 400 Euro pro Einsatz und 100 Euro Siegprämie zusätzlich. "Das reicht natürlich nicht für meinen Lebensunterhalt", sagt Tomasello. "Ich habe schon einen gewissen Anspruch an meine Lebensqualität und reise zum Beispiel auch gern", erklärt er.

Perspektive: Restaurant der Eltern

Daher ist Tomasello heilfroh über seine Arbeitsmöglichkeit im "Pane e Vino", dem Restaurant seiner Eltern. Dort sieht er auch seine berufliche Zukunft: "Wir arbeiten gerade an einer anderen Immobilie, wo wir das Restaurant und genug Wohnfläche für alle Familienmitglieder unter ein Dach bekommen. Da werde ich dann zukünftig gefordert sein", denkt Tomasello. Es sei denn, es meldet sich doch noch ein Profiverein bei ihm. "Vielleicht geht durch Zufall irgendwo nochmal eine Tür auf. So ganz habe ich den Traum vom Profifußball noch nicht aufgegeben", sagt Tomasello.