
Champions-League-Playoffs Juventus Turin - Die "alte Dame" ist jetzt jung
Nach einem rabiaten Umbruch findet Juventus Turin derzeit in die Spur. Unerwartete Hoffnungsträger sind ein Ex-Schalker und ein Ex-Frankfurter.
Juventus Turin hat das Selbstverständnis, jedes Jahr italienischer Fußball-Meister zu werden und dazu möglichst in der Champions League noch ins Finale zu kommen. Von beidem war die "alte Dame" in den vergangenen Jahren weit entfernt und ist es aktuell auch. Trotzdem lohnt sich vor dem Rückspiel in den Champions-League-Playoffs bei PSV Eindhoven (Mittwoch, 21 Uhr, Live-Ticker auf sportschau.de) ein Blick auf den spannenden Kader der Italiener.
Dort fällt auf: Nur drei Spieler haben die Altersmarke von 30 Jahren bereits überschritten: die beiden Ersatztorhüter Mattia Perin (32) und Carlo Pinsoglio (34) sowie Angreifer Arkadiusz Milik (30), der verletzungsbedingt noch kein Spiel in dieser Saison gespielt hat und ohnehin eher Joker denn Stammspieler wäre.
Zweitjüngstes Team der Liga
Nach Abstiegskandidat Parma Calcio hat Juve das geringste Durchschnittsalter pro Spiel aller Serie-A-Teams: 24,3 Jahre. Zum Vergleich: Der Tabellenzweite Inter Mailand stellt das älteste Team (29 Jahre), Tabellenführer SSC Neapel das zweitälteste (28,1 Jahre).
Die fehlende Erfahrung ist ein möglicher Grund dafür, dass Juventus auch in diesem Jahr nicht ganz vorne mitmischt in der Liga. Zwar gab es in 25 Saisonspielen erst eine Niederlage - das 1:2 gegen Tabellenführer Neapel Ende Januar, aber insgesamt mehr Remis (13) als Siege (11). Dass Thiago Motta (42 Jahre) in seiner ersten Spielzeit als Juve-Trainer so in die Kritik gerät, ist zwangsläufig.

Juventus Turins Trainer Thiago Motta
Kleine Siegesserie
Aber derzeit steigt die Stimmung. Vier Pflichtspiele in Folge hat Turin gewonnen, darunter das jüngste Liga-Duell mit Inter Mailand (1:0) und das Playoff-Hinspiel in der Champions League gegen Eindhoven (2:1). In der Liga kletterte Juve immerhin auf Platz vier und in der Königsklasse stehen die Chancen auf den Einzug ins Achtelfinale bestens.
Das ist nicht selbstverständlich, wenn man sich die Ausmaße des Umbruchs der vergangenen Monate anschaut. 22 Abgänge hatte der Klub im Sommer 2024 zu verzeichnen. Dazu gehörten zehn Spieler, die zuvor bereits ausgeliehen waren, aber auch erfahrene Profis wie Federico Chiesa, Moise Kean, Filip Kostic, Adrien Rabiot, Daniele Rugani und Alex Sandro.
Danilo - auch der Kapitän ist weg
Im Winter gab der Klub dann noch Danilo (33) Richtung Brasilien ab - er war nicht nur Kapitän, sondern mit 213 Einsätzen auch Rekordspieler im Kader. Auch Paul Pogba wird nach Absitzen seiner Dopingsperre am 13. März nicht zum Team zurückkehren.
In den neuen Kader hat Juventus viel investiert, aber die Mannschaft muss zusammenwachsen. Neue Hoffnungsträger sind die teuren Einkäufe Teun Koopmeiners (26, von Atalanta Bergamo), Douglas Luiz (26, von Aston Villa) und Khéphren Thuram (23, von OGC Nizza). Ausgeliehen sind seit dem Sommer Nico Gonzalez (26, AC Florenz) und Francisco Conceicao (22, FC Porto).
Kolo Muani kommt aus Paris
Nach der ungeschlagenen, aber wegen der vielen Remis durchwachsenen Hinrunde folgten im Winter auf Leihbasis Renato Veiga (21, FC Chelsea), Lloyd Kelly (26, Newcastle United) und vor allem Randal Kolo Muani (26, Paris Saint-Germain).

Randal Kolo Muani von Juventus Turin im Zweikampf mit Ryan Flamingo
Trainer Motta hat nun die Aufgabe, aus den vielen Bausteinen ein tragendes Gebäude zu bilden. Er hat dabei viel ausprobiert, den jungen, beim FC Bayern ausgebildeten Deutsch-Türken Kenan Yildiz (19) mal links, mal rechts, mal zentral eingesetzt, Spielmacher Koopmeiners mal offensiver, mal defensiver. Inwiefern dies die Form der beiden gefördert hat, wird viel diskutiert.
Comeback von Weston McKennie
Interessant ist auch die Personalie Weston McKennie: Der US-Amerikaner und ehemalige Schalker sollte im Sommer schon gehen, hat sich im Dezember aber einen Stammplatz zurückerobert. Er überzeugte als Aushilfs-Außenverteidiger und durfte zuletzt bei den vier gewonnenen Spielen jeweils im offensiven Mittelfeld beginnen. Gegen Inter war er gar Kapitän.

Weston McKennie
Ein wichtiges Puzzleteil ist zudem Kolo Muani. Der ehemalige Angreifer von Eintracht Frankfurt erzielte in seinen ersten vier Spielen für Juve fünf Tore. Leidtragender ist der bisher erfolgreichste Torschütze der Saison, Dusan Vlahovic (13 Pflichtspieltore) - er hat seinen Stammplatz vorerst verloren.
Der Anfang einer neuen Ära?
Sollte Motta den Umbruch tatsächlich meistern, wäre dies in seiner jungen Trainerkarriere sein Meisterstück. Und Juventus könnte angesichts des jungen Kaders von einer neuen Ära träumen, von (gar nicht so) alten Zeiten. In den 2010er-Jahren feierte Juventus neunmal in Folge die italienische Meisterschaft - das ist der Maßstab.