2. August 1974 das erste Spiel 50 Jahre 2. Liga - Als Felix Magath das erste Training schwänzte
Wenn am Freitag der 1. FC Köln und der HSV die Saison eröffnen, ist es genau 50 Jahre her, dasss erstmals ein Spiel in der 2. Fußball-Bundesliga ausgetragen wurde. Felix Magath stand dabei auf dem Platz und erinnert sich, auch an das erste Training, das er schwänzte.
Der 2. August 2024 ist ein Freitag, genau wie der 2. August 1974 einer war. Am 2. August 2024 wird die Saison in der 2. Liga eröffnet, genau wie am 2. August 1974. Jetzt ist es die Partie zwischen dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV, damals war es das Spiel zwischen dem 1. FC Saarbrücken und dem SV Darmstadt 98.
Im Saarbrücker Ludwigspark sind laut des Deutschen Fußball-Bundes 13.000 Zuschauer gewesen. Sie waren Augenzeugen einer Premiere, denn die zweithöchsten Klassen unter der 1963 gegründeten Bundesliga hießen nicht mehr Regionalliga, sondern 2. Bundesliga. Noch waren sie geteilt in die Staffeln Nord und Süd, jeweils mit 20 Mannschaften. Unter ihnen waren der 1. FC Nürnberg, damals noch Rekordmeister, der Karlsruher SC und Hannover 96, die letztlich aufstiegen, und Borussia Dortmund, gerade abgestiegen.
Völklingen, Erkenschwick, und beinahe Alsenborn
Unter den 40 Vereinen waren aber auch der SV Röchling Völklingen, der FC Bayern Hof, Olympia Wilhelmshaven und die SpVgg Erkenschwick, die den klangvollen Namen mal hatten. In diese Reihe gehörte auch der SV Alsenborn, der 1970 Meister in der Regionalliga Südwest geworden war und in den kommenden drei Jahren ebenfalls jeweils unter den besten acht Mannschaften landete.
Der Klub aus Rheinland-Pfalz sollte dem 1. FC Saarbrücken, immerhin Gründungsmitglied der Bundesliga, daher vorgezogen werden, als die Lizenzen für die 2. Bundesligen Nord und Süd verteilt wurden.
Es gab einige Entscheidungen, einige, die wieder aufgehoben wurden, einige Wendungen. Letztlich wurde dem 1. FC Saarbrücken das Startrecht zugesprochen, wegen der besseren wirtschaftlichen Prognose.
Mit der Perspektive, vom SV Viktoria in seiner Heimatstadt Aschaffenburg in die neue 2. Liga zu wechseln, hatte Felix Magath zuvor einen Vertrag bei den Saarbrückern unterschrieben.
Am Tag vor dem ersten Training habe er aber einen Anruf bekommen, dass nach einer der Wendungen doch Alsenborn die Lizenz bekomme. Er habe sich daher entschieden, am 8. Juli 1974, einem Montag, in Aschaffenburg zu bleiben. "Wir haben ja am Tag vorher auch noch ein bisschen gefeiert, weil Deutschland da Weltmeister geworden war."
Kurzer Ausflug beim Waldlauf
"Felix Magath schwänzt erstes Training" - das sei schon eine ziemlich gute Zeile, lachte auch Magath im Gespräch mit der Sportschau, und kündigte eine weitere an.
Diese Anekdote habe sich am zweiten Trainingstag abgespielt, zu dem der damals 21 Jahre alte Magath dann erschienen war. Die Saarbrücker hätten am Montag angerufen, wo er denn geblieben sei. Auf die Antwort, er habe nur für die 2. Bundesliga zugesagt und nun von Alsenborn gehört, sei ihm erwidert worden, dies sei "Blödsinn".
Also habe er sich am Dienstag in Aschaffenburg ins Auto gesetzt, sei drei Stunden nach Saarbrücken gefahren, um dort beim Waldlauf dabei zu sein, der für 9 Uhr geplant gewesen sei. "Nach ungefähr drei Vierteln der Strecke wurde mir übel. Ich bin dann kurz ausgeschert und habe mich im Wald übergeben."
Felix Magath also, der als Disziplinfanatiker gilt, der als Trainer den Beinamen "Quälix" erhielt, der den Medizinball bis in die Neuzeit als Trainingsgerät schätzt, der Hügel aufschütten ließ, um seine Spieler zu triezen, der kotzte wegen Überlastung in den Wald, nachdem er tags zuvor ein Training geschwänzt hatte. Mit dem Wissen von heute hatte die 2. Bundesliga schon vor ihrem Start gute Geschichten parat.
Schwierige Situation "für mich als HSVer"
Inzwischen sind Tausende hinzugekommen, etwa die, dass Friedhelm Funkel am ersten Spieltag 1974 für Bayer 05 Uerdingen aktiv war und 50 Jahre später als Trainer den 1. FC Kaiserslautern vor dem Abstieg rettete.
Es gibt auch die Geschichte, die Felix Magath besonders schmerzt, denn "für mich als HSVer" sei es nur schwer zu akzeptieren, dass die Hamburger am Freitag in ihre siebte Zweitligasaison nacheinander starten. "Ich hatte in der vergangenen Saison das Gefühl, dass man sich beim HSV mit der 2. Liga arrangiert hat", sagte Magath, und dieses Gefühl ärgere ihn.
Felix Magath, "HSVer"
Magath wechselte 1976 zum Hamburger SV, wurde gleich in der ersten Saison Europapokalsieger der Pokalsieger, sechs Jahre später schoss er den HSV in Athen zum Triumph bei den Landesmeistern - 1:0 gegen Juventus Turin. Es war ein eminent wichtiges und sehr schönes Tor, das Tor des Monats Mai 1983.
1.200 D-Mark Grundgehalt, 1.500 D-Mark Einsatzprämie
Für den 1. FC Saarbrücken, mit dem er 1976 aufstieg, schoss Magath in 76 Zweitligaspielen 29 Tore. Beim Premierenspiel ging er leer aus, aber jubeln durfte er trotzdem. Nikolaus Semlitsch schoss die Saarbrücker am 2. August 1974 zum 1:0-Sieg gegen Darmstadt 98.
Ob und falls ja in welcher Höhe es eine Siegprämie gegeben habe, wisse er nicht mehr, sagt Magath. Sein Gehalt habe 1.200 D-Mark betragen, die Prämie für einen Einsatz 1.500 D-Mark. "Üppig war das damals nicht", so Magath, jedenfalls nicht für Spieler, die wenig oder gar keine Einsätze bekommen hätten.
Skepsis wegen möglichen Kostenexplosion
Geld war das bestimmende Thema, nachdem die Gründung der 2. Bundesligen 1971 beschlossen worden war. Wie dieser Bericht aus Sicht der westdeutschen Vereine zeigt, fürchteten viele Klubs eine Explosion der Kosten, die höchstens bei den Spitzenklubs würden gedeckt werden können.
"Diese Diskussionen gab es", sagt Magath, der sie im Detail aber nicht verfolgt habe, weil er sich als junger Spieler "erstmal auf mich konzentriert" habe. Die Skepsis sei aber schnell verflogen: "Das ist eine Erfolgsgeschichte geworden."
Ab 1981 eingleisige 2. Liga
Daher wurde auch beschlossen, dass es ab 1981 eine eingleisige 2. Bundesliga geben wird. Davon wurde wegen des Sonderfalls der deutschen Wiedervereinigung 1990 und der dadurch gestiegenen Anzahl an Mannschaften nochmal kurzzeitig abgewichen.
Am Freitag werden 50.000 Zuschauer in Köln sein, wenn zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die insgesamt neunmal deutsche Meister wurden. Sechs Titel fallen auf den HSV, dreimal war Felix Magath dabei.
Das Eröffnungsspiel am 2. August 2024 werde er nicht sehen: "Ich fahre am Freitag bei der 'Tour der Hoffnung' mit dem Fahrrad mit. Da wird Geld für krebskranke Kinder gesammelt."