DFL-Investor Neue Abstimmung in Aussicht - wie sie aussehen könnte
Mehrere Klubvertreter aus der Bundesliga und der 2. Bundesliga fordern wie zahlreiche Fanszenen eine neue Abstimmung über den Investoreneinstieg in der DFL. Nun kommt Bewegung in das Thema - was in dieser Hinsicht möglich ist und was nicht.
Gibt es Chancen auf eine neue Abstimmung?
Auf Anfrage der Sportschau teilte die DFL im Namen von Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke vergangene Woche mit: "Wenn wir das Gefühl haben, dass die Mehrheit das im März nicht mehr will, werden wir unser Votum sicher nicht gegen deren Willen geben. Dann hätten wir eine neue Situation."
Nach Informationen der Sportschau will sich das DFL-Präsidium am Mittwoch zu einer Sitzung treffen. Am 28. und 29. Februar soll es Gespräche der DFL mit den Klubs geben, eine Mitgliederversammlung mit einer Abstimmung über das Thema könnte dann folgen. "Sport Bild" hatte zuerst über diesen Ablauf berichtet.
Hans-Joachim Watzke, Präsidiumssprecher der DFL
Wie soll die neue Abstimmung konkret aussehen?
Der 1. FC Köln hatte in einem Brief an das DFL-Präsidium angekündigt, einen Antrag zu stellen, "um das DFL-Präsidium vom durch die Mitgliederversammlung erteilten Abschlussmandat zu befreien". Auch St. Pauli und Gladbach schlugen dieses Vorgehen vor. Köln kündigte an, dafür eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu beantragen. Diesen Antrag müssten insgesamt zehn Klubs stellen, wenn das Präsidium der DFL nicht selbst eine solche Versammlung einberuft.
Tennisbälle auf dem Spielfeld
Hintergrund: In der Abstimmung vom 11. Dezember 2023 wurde das DFL-Präsidium "beauftragt und ermächtigt", das Geschäft mit einem Investor innerhalb gesetzter Rahmenbedingungen zu einem Abschluss zu bringen. Dieser Beschluss muss außer Kraft gesetzt werden, erst danach könnte komplett neu abgestimmt oder der Prozess beendet werden. Nach Ansicht des Vereinsrechtsexperten Lars Leuschner von der Uni Osnabrück wäre eine einfache Mehrheit bei der Abstimmung über den Entzug des Mandats ausreichend.
Die Konsequenzen: Bei einer Zustimmung mit einfacher Mehrheit unter den 36 Klubs wäre das Präsidium von dem Abschlussmandat befreit - dafür müssten sich aber mehr Nein-Sager finden als bei der ursprünglichen Abstimmung. Eine Ablehnung eines solchen Antrags würde allerdings das Fortbestehen des Beschlusses bedeuten, das Geschäft könnte geschlossen werden - ohne die zuvor bei der grundsätzlichen Abstimmung notwendige Zweidrittelmehrheit.
Gibt es Widerspruch?
Das Bündnis Fanszenen Deutschlands, das die Proteste in den Stadien maßgeblich prägt, sieht die Abstimmung mit einfacher Mehrheit kritisch und teilte mit: "Wir fordern eine offene Neuabstimmung mit einer benötigten Zweidrittelmehrheit unter Einhaltung der 50+1-Regel!" Alles andere sei "eine Farce" und bedeute "eine Zuspitzung dieser handfesten Krise des Deutschen Fußballs".
Michael Becker, Geschäftsführer des Karlsruher SC, forderte im SWR ebenfalls, dass wieder mit Zweidrittelmehrheit abgestimmt werden soll.
Was ist mit der Satzungsänderung?
Die ohnehin noch notwendigen Satzungsänderungen für den Investoreneinstieg müssten aber mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Im Beschluss zum Investoreneinstieg im Dezember war eine Selbstverpflichtung der Klubs verankert, den Satzungsänderungen zuzustimmen. Die DFL sieht die Klubs zudem durch die Satzung in der Pflicht. Dort steht, dass die Klubs die Voraussetzungen für beschlossene Maßnahmen zu schaffen haben, wozu laut DFL auch diese Satzungsänderung gehört.
Vereinsrechtsexperte Leuschner äußerte im Gespräch mit der Sportschau aber Zweifel daran, dass die Klubs eine Pflicht zur Zustimmung haben.
Ist der Beschluss wegen Hannover 96 noch rechtlich anfechtbar?
Der Mutterverein Hannover 96 erhob zuletzt schwere Vorwürfe gegen die DFL. In einer Mitteilung hieß es, der Verein habe die DFL im Vorfeld der Abstimmung von seiner Weisung an Geschäftsführer Martin Kind informiert - Kind sollte mit "Nein" stimmen. "Die DFL musste also ganz konkret davon ausgehen, dass sich Martin Kind, nach jahrelangen Verstößen gegen die Weisungen des Vereinsvorstands, erneut über diese hinwegsetzen würde", hieß es. Die DFL habe die Abstimmung absichtlich nicht nachvollziehbar gestaltet, um das gewünschte Ergebnis herbeizuführen.
Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96
Die DFL erwidert auf Anfrage der Sportschau: "Die DFL hat keine Kenntnis, ob eine solche Missachtung durch Martin Kind vorliegt. Grundsätzlich weist die DFL die Vorwürfe des Hannover 96 e.V. entschieden zurück." Der Umfang des Weisungsrechts sei im sogenannten Hannover-96-Vertrag zwischen Kind und dem Verein geregelt. Der Vertrag regele "diese Frage zwischen beiden Parteien offenbar nicht interpretationsfrei".
Eine Anfechtung der Abstimmung aus dem Dezember auf dem Rechtsweg hält Vereinsrechtsexperte Leuschner kaum noch für möglich. Zum einen stehe weiter nicht fest, ob Kind wirklich mit "Ja" gestimmt hat. Zum anderen müsse selbst ein Stimmverhalten gegen die Weisung des Muttervereins die Stimme nicht grundsätzlich ungültig machen und eine entsprechende Klage käme nun vermutlich zu spät.