Plakat im VfB-Block: "Nein zu Investoren in der DFL"

Deal geplatzt DFL in der Investorenkrise - wie es weitergeht

Stand: 22.02.2024 15:56 Uhr

Die DFL steht nach dem geplatzten Investorendeal vor vielen ungeklärten Fragen - von der Finanzierung des Ligaverbands bis zu seiner möglichen Spaltung und der 50+1-Regel.

Welche Auswirkung hat das Ende des Investorendeals?

In der Liga dürfte es bald zu ersten Schuldzuweisungen kommen. Dass vor allem die großen Klubs der Bundesliga den Investoreneinstieg wollten und die Vorbehalte eher aus dem unteren Tabellendrittel und der 2. Bundesliga kamen, ist klar. Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro hatte vor der Abstimmung eine Abspaltung der Bundesliga von der 2. Bundesliga angedeutet.

Eine solche Maßnahme ist verbandsrechtlich zumindest sehr schwierig umzusetzen. Es könnte zu weicheren Maßnahmen kommen: Weniger Mitsprache für kleinere Klubs oder eine Veränderung der Geldverteilung zugunsten der Großen. Ein Prinzip, für das es schon lange ein bekanntes Vorbild gibt: die europäische Klub-Vereinigung ECA.

"Wichtig ist, dass diese Entscheidung jetzt nicht von den Befürwortern dafür genutzt wird, die Spaltung der Ligen zu forcieren", sagte Michael Ströll, Geschäftsführer des FC Augsburg. "Das wäre in der jetzigen Situation völlig deplatziert. Der Zusammenschluss der beiden Ligen ist ein großes und wichtiges Gut des deutschen Fußballs."

Das komplette Statement von Hans-Joachim Watzke

Sportschau

Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli und Mitglied im Präsidium der DFL, mahnte: "Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen, statt gegeneinander zu arbeiten. Es ist nicht die Zeit für einseitige Schuldzuweisungen oder Triumphgeheul, sondern für respektvollen Austausch - im gemeinsamen Interesse, auf Basis von 50+1 und weiteren satzungsrelevanten Regeln den Fußball in den nationalen Wettbewerben zu stärken."

Wie werden die Maßnahmen für die Liga nun finanziert?

Die 36 Klubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga waren sich einig, dass die Liga Geld braucht, um das TV-Produkt zu verbessern, illegales Streaming zu bekämpfen, eine digitale Plattform zu schaffen und im Ausland zu wachsen. Der Geschäftsplan stand, das Geld war in Grundzügen schon auf die Investitionsbereiche verteilt - alles dahin.

Nun braucht die DFL einen Plan B. Vorschläge, die beispielsweise aus Köln, Freiburg, Rostock und von Union Berlin kamen: Kredite aufnehmen, neue Werbemaßnahmen erschließen, besser wirtschaften und vorhandene Einnahmen nutzen - oder eine Mischung aus allem. Mit diesen Ideen wird man sich in der DFL nun stärker auseinandersetzen müssen. Doch Schulden wurden vor allem in der DFL-Spitze bei der Diskussion um die Finanzierung der Maßnahmen abgelehnt - deshalb wurde dort das Investorenmodell mit der Verpfändung von Einnahmen bevorzugt.

Was passiert mit der 50+1-Regel?

Die kommenden Wochen werden wichtig in dieser Hinsicht. Denn das Bundeskartellamt sollte auf Initiative der DFL eine Prüfung der 50+1-Regel vornehmen. Die Beendigung des Verfahrens galt zuletzt als Formsache. Es gab einen Kompromiss. Dieser sah vor, dass die DFL Auflagen für Bayer Leverkusen und den VfL Wolfsburg ausspricht, bei denen 50+1 nicht gilt. Zudem sollte es keine neuen Ausnahmen von der Regel mehr geben. Doch nun kündigte das Amt angesichts des Vorgangs bei Hannover 96 in einem Schreiben an die Verfahrensbeteiligten an, "sich mit den jüngsten Entwicklungen hinsichtlich der Anwendung der 50+1-Regel durch die DFL vertraut zu machen und dann über das weitere Vorgehen zu beraten". Das Schreiben liegt der Sportschau vor.

Protest für den Erhalt der 50+1-Regel

Protest für den Erhalt der 50+1-Regel

Das Verfahren hatte sich nach einem Befangenheitsantrag in die Länge gezogen, zudem sollten mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigt werden. Nun spielt auch die Lage in Hannover eine Rolle bei der Einschätzung der Wettbewerbshüter. Verbandsregeln müssten transparent, objektiv, präzise und nichtdiskriminierend gestaltet sein, teilte das Bundeskartellamt auf Anfrage mit. Deshalb müsse sich das auch in ihrer praktischen Anwendung zeigen. "Diese Handhabung kann Rückschlüsse darauf zulassen, ob die DFL die Ziele der Regel konsequent und konsistent verfolgt", so das Kartellamt weiter. Die genaue Gestaltung der Regel ist nun weiter offen - sie aber ist Kernelement des deutschen Fußball und für die aktiven Fanszenen unverhandelbar.

Werden die Proteste enden?

Damit ist zumindest kurzfristig zu rechnen. Für den kommenden Spieltag in Bundesliga und 2. Liga vom 23. bis 25. Februar ist eher damit zu rechnen, dass in den Fankurven der geplatzte Deal auf Bannern thematisiert wird. Zu längeren Unterbechungen eines Spiels sollte es nicht kommen. "Ich wäre zumindest sehr überrascht, wenn das jetzt noch jemand macht", sagte Thomas Kessen als Sprecher der Faninitiative "Unsere Kurve".

Mittelfristig dürfte 50+1 aber wieder zum Thema werden. Der Erhalt der Regel ist für die Kurven elementar wichtig.

Werden personelle Konsequenzen gezogen?

In einer Abstimmung im Mai 2023 über den Einstieg eines Investors begründeten manche Vereinsvertreter ihre ablehnende Haltung damit, dass die Geschäftsführung der DFL mit Axel Hellmann und Oliver Leki nur interimsmäßig im Amt sei. Marc Lenz und Steffen Merkel übernahmen dann im Sommer und führten durch den neuerlichen Prozess. Es gab viele positive Stimmen über ihre Herangehensweise, sodass nun auch nicht damit zu rechnen ist, dass der geplatzte Deal auf sie zurückfällt.

Die beiden DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel (l.) und Marc Lenz

Die beiden DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel (l.) und Marc Lenz

Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung stellte Hans-Joachim Watzke die Vertrauensfrage im Präsidium der DFL. Die anderen Mitglieder hätten ihren Sprecher einstimmig bestätigt. Das wurde der Sportschau aus Kreisen der DFL bestätigt. Wie ebenfalls aus vertraulichen Gesprächen hervorging, wurden Klubvertreter über den Abbruch des Investorenprozesses informiert, bevor Hans-Joachim Watzke ihn öffentlich verkündete.

Zuvor hatten sich Funktionäre von Bundesligisten überrascht gezeigt, dass sie nicht vom dem gestoppten Deal wussten, als der DFL-Sprecher vor die Kameras trat. Vermutlich hatten sie das Rundschreiben zu jenem Zeitpunkt noch nicht gelesen.