Fan-Proteste gegen DFL-Investor Rettig - "Wir müssen an einen Tisch kommen"
DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig hat im Streit um den Investoren-Einstieg in die DFL eine Vermittlerrolle des DFB angeboten und für Gespräche zwischen den Parteien plädiert. Die Fan-Proteste verglich er mit dem Lokführer-Streik.
Seit Wochen protestiert die Fan-Szene in den Stadien der Bundesliga und der 2. Bundesliga mit dem Werfen von Gegenständen auf das Spielfeld gegen einen Einstieg von Investoren in die DFL. Dadurch kam es auch am Samstag zu teils sehr langen Spielunterbrechungen.
Proteste seien in Ordnung, solange sie kein Selbstzweck seien, sagte der frühere Bundesliga- und DFL-Manager am Samstagabend (17.02.2024) im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF. "Es beginnt im Moment zu kippen. Das erinnert mich so ein bisschen an den GDL-Streik, wo man dann irgendwann mal sagt: Jetzt müsst Ihr mal an den Tisch kommen. Solche Dinge werden eben nicht am Gleis oder am laufenden Zug entschieden, sondern in der Verhandlungsstube. Und ich denke, das wäre auch der richtige Weg", erklärte der 60-Jährige.
Verständnis bei Trainern und Spielern scheint zu schwinden
Bei Trainern und Spielern jedenfalls scheint das Verständnis für die Proteste zu schwinden. "So kann das nicht weitergehen und da muss man definitv jetzt, diese Woche, eine Lösung finden, damit das aufhört", erklärte Nationalspieler Niclas Füllkrug am Sportschau-Mikro. "Die Bundesliga verliert da extrem an Attraktivität." Es sei auch "total schwer, eine Dynamik in ein Spiel zu bekommen".
Greuther Fürths Trainer Alexander Zorniger hält langsam die Zeit für Spielabbrüche gekommen: "Wenn der Schiedsrichter und die Vereine so am Nasenring durch die Arena gezogen werden - was ist denn dann, wenn wir wirklich mal abbrechen?" Verständnis zeigte dagegen Wolfsburgs Yannick Gerhardt. Proteste wirkten nur, "wenn sie auch nerven".
Rettig bietet Vermittlung durch den DFB an
Nach Rettigs Ansicht kann die verfahrene Situation nur durch Kommunikation gelöst werden. Dafür bietet er eine Vermittlung durch den Verband an. "Wir müssen an einen Tisch kommen. Wir sind als DFB auch gern bereit, da unterstützend mit an Bord zu kommen. Ich finde, dass sich da alle Seiten bewegen müssen, und zwar aufeinander zu", erklärte Rettig. Gesprächsangebote der DFL seien in der Fan-Szene nicht auf Gegenliebe gestoßen. "Ich finde, jetzt ist tatsächlich die Zeit gekommen zu sagen, lass uns zusammenkommen", sagte Rettig.
"Verstoß gegen 50+1", wenn Kind nicht der Weisung von Hannover 96 gefolgt ist
Nach seiner Meinung gibt es zwei Ebenen in dem Konflikt. Zum einen die Aversion der Fans gegen Investoren im deutschen Fußball und zum anderen die Undurchsichtigkeit beim Abstimmungsverhalten. Letzteres sei ein Punkt, "da verstehe ich die Aufgeregtheiten auf der Fan-Seite". Das Thema werfe Fragen auf. Nach seiner Meinung sei es ein Verstoß gegen die 50+1-Regel, wenn Martin Kind nicht dem Auftrag des Vereins Hannover 96 gefolgt sei, gegen den Investoren-Deal zu stimmen: "Wenn Martin Kind der Weisung nicht gefolgt ist, ist das für mich ein Verstoß gegen 50+1. Das rüttelt an den Grundfesten."
Die DFL will für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen von einem Finanzinvestor eine Milliarde Euro kassieren. Bei der Abstimmung der 36 Profiklubs über den Deal kam die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nur knapp zustande. In der Diskussion ist seitdem das Abstimmungsverhalten von Hannovers Mehrheitsgesellschafter Kind, der von seinem Klub angewiesen war, gegen den Einstieg zu stimmen. Unklar ist, ob er möglicherweise mit seiner Stimme für die nötige Mehrheit gesorgt hat.