Bundesliga-Titelkampf Bayern und Bayer machen es wohl unter sich aus
Erst im Laufe der Hinrunde hat sich herausgestellt, dass allein München und Leverkusen für die Schale in Frage kommen. Dem Rest der Konkurrenz in der Fußball-Bundesliga fehlen Konstanz und Klasse.
Die Miene von Thomas Müller nach dem letzten Spiel des Jahres verriet eine Mischung aus Bedenken und Betroffenheit. Der 35-Jährige, der wie kein anderer das Stimmungsbild beim FC Bayern auszudrücken weiß, hatte gerade erfahren, was am Freitagabend (20.12.2024) in Magdeburg passiert war.
Und er, der eigentlich immer gut gelaunte Alleskönner, wusste, dass der mitreißende Auftritt des Rekordmeisters gegen RB Leipzig (5:1) nur Randnotiz sein sollte nach einem schockierenden Attentat. Auch den Verantwortlichen in München ist schnell gewahr geworden, dass sich eine rauschende Weihnachtsfeier verbietet.
Nichtsdestotrotz ist das aus München am 15. Spieltag gesendete Signal natürlich eindeutig gewesen. Wenn die so genannte Salatschüssel am 17. Mai 2025 zum letzten Spieltag überreicht wird, sollen die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel bitteschön in Sinsheim aufschlagen, wo die Bayern antreten.
Und nicht wie am 18. Mai dieses Jahres in Leverkusen, wo die überbordende Freude über den historischen Coup irgendwie auch alle erfasste, die mit der Werkself bis dahin nicht so viel anfangen konnte.
Bayer Leverkusen liegt in Lauerstellung
Dass Leverkusen in fast unveränderter Formation unter Maestro Xabi Alonso berauschend schön Fußball spielt, dafür lieferte auch diese Saison wieder reichlich Belege. Zuletzt verzückte Florian Wirtz gegen den SC Freiburg (5:1) mit gleich vier Vorlagen.
Obwohl der Verein nicht bestätigen konnte, dass die vorzeitige Vertragsverlängerung mit dem Ausnahmekönner unter Dach und Fach ist. So gibt es immerhin reichlich Indizien, dass der 21-Jährige noch eine weitere Saison unter dem Bayer-Kreuz zaubert. Leverkusen hat in jedem Fall die Qualitäten, am Ende erneut ganz vorne zu landen. So wie Borussia Dortmund auch 2011 und 2012 gleich zweimal in die bayrische Phalanx einbrach.
Ausnahmekönner in Aktion: Florian Wirtz schießt auf das Tor des SC Freiburg
Vincent Kompany vermittelt mehr Spaß
Klar, die vier Punkte Vorsprung haben sich die Münchner als das in der Bundesliga (nicht in der Champions League) konstantere Team verdient. Abgesehen vom Ausrutscher kürzlich in der Hochbelastungsphase bei der aufmüpfigen Überraschungsmannschaft vom FSV Mainz 05 (1:2) sind die Bayern unter Trainer Vincent Kompany wieder gieriger unterwegs.
Könnte sein, dass der Belgier mehr Spaß und mehr Bereitschaft im Alltag vermittelt. Aber es ist auch logisch, dass die für Münchner Verhältnisse verkorkste Vorsaison als Dritter natürlich den Ehrgeiz geweckt hat.
Zukunft von Joshua Kimmich und Jamal Musiala unklar
Niemand verkörperte in der Hinrunde die Entschlossenheit besser als Joshua Kimmich, der sich binnen weniger Monate in die allerbeste Verhandlungsposition gebracht hat, was seinen auslaufenden Vertrag betrifft. Wäre fatal, wenn die Bayern diese Führungskraft verlören.
Unklar ist auch die Zukunft von Jamal Musiala, den die Bayern zwar immerhin bis 2026 gebunden haben, aber Sportchef Max Eberl hätte den zweiten deutschen Hoffnungsträger für weltmeisterliche Träume 2026 lieber heute als morgen langfristig als Identifikationsfigur unter Vertrag.
Das Paket für den 21-Jährigen, der neuerdings auch Kopfballtore im Repertoire führt, dürfte den Bayern eine dreistellige Millionensumme kostet, aber wofür macht der Klub denn mittlerweile mit allen Tochtergesellschaften mehr als eine Milliarde Euro Umsatz.
Borussia Dortmund bleibt eine Wundertüte
Apropos Geld: Die üppigen Zuwendungen aus der Champions League sorgen dafür, dass neben Bayern und Bayer auch Leipzig und Dortmund einen fast natürlichen Anspruch auf einen Spitzenplatz haben. Der Brauseklub bewegt sich nach einem Einbruch im Herbst, der auch Trainer Marco Rose in die Bredouille brachte, als Vierter noch im grünen Bereich. Nicht aber der BVB, der als Champions-League-Finalist gerade mal auf Platz sechs überwintert.
Erst zwei Tage vor Weihnachten gab es am Sonntag beim VfL Wolfsburg (3:1) den ersten Auswärtssieg. Vorrangiges Ziel ist für den neuen Trainer Nuri Sahin, die Teilnahme an der Königsklasse zu sicher. Wird schwer genug für die Schwarz-Gelben, die wohl auch nach dem Jahreswechsel eine Wundertüte bleiben.
Eintracht Frankfurt ging im Dezember die Puste aus
Eintracht Frankfurt gehört bei einem Etat von weit über 300 Millionen Euro durch regelmäßige Europapokalteilnahmen, kluges Scouting und hohe Transfererlöse inzwischen ebenfalls zum oberen Drittel. Die Adlerträger waren lange als erster Bayern-Verfolger unterwegs, spielten schwungvollen Angriffsfußball, ehe dem Team mit einer Vielzahl spannender Perspektivspieler ein bisschen die Puste ausging.
Fünf Pflichtspiele - zuletzt das grotesk verlorene Duell gegen Mainz (1:3) - ohne Sieg haben im Dezember die Ausgangsposition eingetrübt. Selbst Omar Marmoush, hinter Torgarant Harry Kane (14 Tore) der zweitbeste Schütze (13 Treffer), büßte an Effektivität ein. Der Verdacht liegt nahe, dass der Eintracht für den in Frankfurt stets präsenten Traum von der zweiten Meisterschaft nach 1959 noch die Konstanz fehlt. Und ein bisschen Klasse natürlich auch.