Patrick Drewes und Rami Khedira
analyse

Bundesliga-Abstiegskampf Von Bochum bis Berlin - das Zittern im Keller

Stand: 23.12.2024 15:29 Uhr

Niemand ist überrascht, dass der FC St. Pauli und Holstein Kiel um den Klassenerhalt bangen. Eng wird es für den VfL Bochum, die TSG Hoffenheim ist wieder ein Sorgenkind.

Der Termin im neuen Jahr ist natürlich vorgemerkt: Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) beschäftigt sich am 9. Januar in mündlicher Verhandlung mit dem Einspruch des VfL Bochum gegen die Wertung des 1:1 bei Union Berlin, bei dem Torhüter Patrick Drewes von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden war.

Gut möglich, dass der Revierklub dann in der Tabelle auf acht statt sechs Punkte kommt. Weil am Grünen Tisch eben drei Zähler an den Tabellenletzten gehen, der dann punktgleich mit Holstein Kiel wäre. Das Urteil, so viel steht fest, wird Auswirkungen auf den Abstiegskampf haben.

Erster Bundesligasieg am 15. Spieltag

Gerade rechtzeitig hat Bochum vor dem Jahreswechsel das erste Lichtlein angezündet. Mit dem Heimsieg gegen den 1. FC Heidenheim (2:0) gelang unter Dieter Hecking endlich, endlich der erste Bundesligaerfolg. Sonst wäre die Verpflichtung des erfahrenen Fußballlehrers schon wieder infrage gestellt worden. "Wir sind ein Stück weit herangerobbt", konstatierte Hecking.

Dass es tief im Westen eine schwierige Saison trotz der wundersamen Rettung in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf eine schwierige Saison werden würde, war allen klar. Der Kraftakt verhinderte nicht, dass mit Kevin Stöger, Patrick Osterhage und Takuma Asano diesen Sommer die (spiel)stärksten Spieler gingen.

Sich danach für Trainer Peter Zeidler zu entscheiden, sollte ein Missverständnis sein, weil die Pressinglehre des ehemaligen Ralf-Rangnick-Schülers mangels Qualität nicht griff. Hecking übernahm, brauchte aber länger als gedacht, um die richtigen Stellschrauben zu finden. Noch sind 19 Spieltage Zeit, im Revier das Ruder rumzureißen.

Ausrufezeichen der Aufsteiger

Gleichzeitig haben am letzten Spieltag des Jahres auch Holstein Kiel und der FC St. Pauli mit bemerkenswerten Siegen aufhorchen lassen. Der Abgesang auf die Aufsteiger war definitiv verfrüht. Angeführt von den Doppelpackern Phil Harres und Shuto Machino begaben sich die Kieler zu den Klängen von Mariah Careys All I want for christmas is you nach dem Heimsieg gegen den FC Augsburg (5:1) auf die Ehrenrunde.

Zeitgleich feierte der FC St. Pauli einen wichtigen Auswärtssieg beim VfB Stuttgart (1:0). Matchwinner Johannes Eggestein und seine Mitspieler begingen ihren Coup in der weihnachtlich abgedunkelten Stuttgarter Arena, als hätte das Christkind den Klassenerhalt schon zugesagt. Auf dem Kiez stirbt die Hoffnung so schnell nicht.

Der 1. FC Heidenheim steckt in der Klemme

Hingegen sind auf der Schwäbischen Ostalb die Sorgenfalten groß. So aufregend die Geschichte des 1. FC Heidenheim mit dem überraschenden Einzug in den Europapokal auch war, so ernüchternd verlief diese Hinrunde gerade für Dauerbrenner Frank Schmidt. Trotz der Rotation in der Conference League war nicht zu verhindern, dass der Bundesliga-Alltag darunter leidet. „Der Rucksack wird immer größer“, klagte Torwart Kevin Müller zuletzt.

Nur zehn Punkte sind gemessen am betriebenen Aufwand ein mickriger Ertrag. Nach den Abgängen von Tim Kleindienst, Jan-Niklas Beste und Eren Dinkci werden Spieler vermisst, die mit ihrer individuellen Klasse den Unterschied machen. Durch die Playoff-Spiele gegen den FC Kopenhagen wird es im neuen Jahr für Heidenheim nicht einfacher. Immerhin: Boss Holger Sanwald weiß genau, wo dieser Klub herkommt. Unruhe macht sich in der Führungsetage nicht breit.

Da ist die Gemengelage bei der Konkurrenz eine andere. Die TSG Hoffenheim hat so viel Häutungen auf personeller Ebene vorgenommen, dass es schwer fiel, den Überblick zu behalten. Auch ein neuer Trainer (Christian Ilzer) und neuer Manager (Andreas Schicker) haben nicht für Besserung gesorgt. Für die Rahmenbedingungen und die Ausstattung ist es fast lächerlich, wie schlecht der von Milliardär Dietmar Hopp hochgezüchtete Dorfverein aus dem Kraichgau bei erst 14 Punkten dasteht.

Enttäuschte Spieler der TSG Hoffenheim

Enttäuschte Spieler der TSG Hoffenheim

Union Berlin hatte ganz andere Ziele

Auch der FC Augsburg und Union Berlin stehen für andere Ansprüche als Abstiegskampf. Wettbewerbsübergreifend seit neun Spielen warten die Eisernen auf einen Sieg. Trainer Bo Svensson hat dauerhaft fast schon wieder so schlechte Laune wie am Ende in seiner Zeit beim FSV Mainz 05.

Der Däne muss um seinen Job bangen, weil Sportchef Horst Heldt nach der Pleite bei Werder Bremen (1:4) kein Bekenntnis abgeben wollte. Das Bemühen wirkte allzu bieder. Gelingt gegen Heidenheim und Augsburg im neuen Jahr nicht rasch der Befreiungsschlag, kann es sein, dass Heldt handelt.

Brandrede beim FC Augsburg

Die spielerische Armut ist auch beim FCA alarmierend. Irgendwie haben es die Fuggerstädter ja immer geschafft seit dem Aufstieg 2011 über dem Strich zu stehen, aber eigentlich sollte mit Jess Thorup ja mal mehr als der Klassenerhalt gehen. Typischer Fall von Trugschluss.

Dass vielleicht mehr im Argen liegt, machte just Stürmer Philipp Tietz in einer emotionalen Brandrede deutlich: "Es muss mal richtig knallen, weil es so nicht weitergehen kann." Besinnlich hörte sich das kurz vor Weihnachten gewiss nicht an. Der Abstiegskampf wird auch 2024/2025 wieder mal zur Nervensache.