Vierschanzen-Tournee Außenseiterrolle als große Chance für deutsche Skispringer?
Die deutschen Springer sind vor dem ersten Saison-Höhepunkt so weit von der Spitze weg, wie schon lange nicht mehr zu diesem Saison-Zeitpunkt. Karl Geiger und Co. sind im Kampf um den goldenen Adler Außenseiter. Aber vielleicht ist das genau die Chance.
Ein Jahr ist es her, dass Karl Geiger als Gesamtweltcup-Spitzenreiter zur Vierschanzen-Tournee reiste. Die Erwartungen waren riesig, der Druck und eigene Anspruch waren hoch. Seit "Tourminator" Sven Hannawald 2002 hatte kein Deutscher die prestigeträchtige Tournee gewonnen. Auch Geiger flatterten die Nerven. Am Ende stand Platz vier und "gut" im Zeugnis, aber eben nicht das von allen Fans erhoffte "sehr gut".
Erst ein Einzel-Podestplatz für DSV-Springer
Von absoluten Top-Noten sind Geiger und das gesamte deutsche Skisprung-Team in dieser Saison weit entfernt. Das Leistungsspektrum reichte von gut bis mangelhaft. Der Oberstdorfer Geiger ergatterte in Titisee-Neustadt als Dritter bisher den einzigen Podestplatz in einem Einzel-Wettbewerb für die DSV-Adler in dieser Saison und ist als Siebter in der Gesamtwertung Bester aus der deutschen Riege.
Doch vielleicht ist es genau die aktuelle Misere, die den Schützlingen von Bundestrainer Stefan Horngacher bei der Tournee zu Höhenflügen verhilft. Denn: Keiner erwartet große Sprünge - das war in den vergangenen Jahren anders.
Kubacki in bestechender Form
Diesmal reisen andere als Favoriten an. Über allen thront der polnische Überflieger Dawid Kubacki, der die Gesamtwertung nach vier Saisonsiegen anführt. Auch Stefan Kraft aus Österreich und der Slowene Anze Lanisek tauchen beständig auf dem Siegertreppchen auf. Wer dagegen auf einen Vierschanzen-Tourneesieger aus Deutschland setzt, dürfte gute Wettquoten haben. Geiger und Co. gehen ab 29. Dezember als Außenseiter an den Start und können eigentlich nur gewinnen.
Horngacher weiß, wie man Goldadler formt
Zumindest einer aus dem aktuellen deutschen Team weiß, wie sich Tourneesiege anfühlen. Stefan Horngacher führte den Polen Kamil Stoch zweimal zum Tourneesieg. Er wurde auch deshalb als Nachfolger von Werner Schuster auserkoren, weil er wusste, wie man Goldadler gewinnt.
An einem solchen versuchten sich nach Reinhard Heß, unter dem Sven Hannawald 2001/02, triumphierte, in Wolfgang Steiert (2003 bis 2004), Peter Rohwein (2004 bis 2008) und schließlich Schuster (2008 bis 2019) drei Bundestrainer vergeblich - und auch Horngacher musste schon dreimal der Konkurrenz gratulieren. "Die Tournee zu gewinnen, ist natürlich nach wie vor unser höchstes Ziel. Das ist einfach das Highlight im Skispringen", sagt Horngacher zu Saisonbeginn.
Geigers "Sturzflug" macht Hoffnung
Er weiß ganz genau, dass neben Geschwindigkeit, Absprung, Flug und Landung vor allem der Kopf mitspielen muss. Skispringer brauchen Lockerheit und Vertrauen in das eigene Tun. Die Leichtigkeit scheint sich zumindest bei Geiger nach einem Auf und Ab in Engelberg einzustellen. Bei der Tour-Generalprobe kam er schwer in Tritt, segelte in der ersten Qualifikation 20 Meter kürzer als die Topspringer.
Am letzten Wettkampftag war Geiger "on fire" und weitentechnisch im Konzert der Taktgeber, doch ausgerechnet da verhinderte ein Sturz eine Topplatzierung. "Ich bin heute Zehnter geworden mit einem Sturz. Das ist extrem gut", schmunzelte Geiger. Bundestrainer Horngacher sah das ähnlich. "Mit Sturz Zehnter - das zeigt, dass er wirklich auf dem richtigen Weg ist. Wir müssen dranbleiben, das im Training stabilisieren, und dann hat er alle Möglichkeiten."
Eisenbichler fehlt ein Dosenöffner
Alle Möglichkeiten und beste Voraussetzungen hat auch Markus Eisenbichler. Wie Geiger ist auch Eisenbichler in Top-Verfassung ein Siegkandidat. Was dem Dreifach-Weltmeister von Seefeld 2019 fehlt, ist ein Dosenöffner. Ein Traumsprung, der alles ins Gegenteil umkehrt, denn aktuell geht beim einstigen Podiums-Garanten nichts zusammen. Ausgerechnet der letzte Wettkampfsprung vor dem Tourneestart am 29. Dezember in Engelberg ging komplett in die Hose. Eisenbichler setzte bei 114 Metern auf, so früh wie kein anderer der 30 Finalspringer. Schon im vergangenen Jahr steckte Eisenbichler vor der Tournee in der Krise, landete in Engelberg nur auf Platz 35 und kam stark zurück. Hinter Geiger beendete "Eisei" die Tournee auf Platz fünf. Vielleicht ist so ein Formtief also doch kein schlechtes Omen.
Datum | Wettbewerb | Austragungsort |
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28.12.2022 | Qualifikation (ab 16.30 Uhr/Ticker) | Oberstdorf |
29.12.2022 | Wettbewerb (ab 16.30 Uhr/Ticker) | Oberstdorf |
31.12.2022 | Qualifikation (ab 14.00 Uhr/Livestream) | Garmisch-Partenkirchen |
01.01.2023 | Wettbewerb (ab 14.00 Uhr/Livestream und Ticker) | Garmisch-Partenkirchen |
03.01.2023 | Qualifikation (ab 13.30 Uhr/Livestream und Ticker) | Innsbruck |
04.01.2023 | Wettbewerb (ab 13.30 Uhr/Livestream und Ticker) | Innsbruck |
05.01.2023 | Qualifikation (ab 16.30 Uhr/Ticker) | Bischofshofen |
06.01.2023 | Wettbewerb (ab 16.30 Uhr/Ticker) | Bischofshofen |