Bundestrainer Stefan Horngacher

Elf Mal in Folge ohne (Einzel)-Podest Trotz Skisprung-Krise - Trainer Horngacher sitzt fest im Sattel

Stand: 03.02.2025 12:58 Uhr

Elf Spiele ohne Sieg oder Punkt bedeuten im Profi-Fußball für nahezu jeden Trainer das Aus. Im Skispringen ist das anders. Obwohl die DSV-Adler zur falschen Zeit regelmäßig Abstürze erleben, wird am Trainer nicht gerüttelt.

Das Abschneiden beim Heim-Weltcup am vergangenen Wochenende in Willingen war so etwas wie der Tiefpunkt der jüngsten Skisprung-Krise. Im Einzel blieben die DSV-Männer vor Heim-Fans ohne Top-Ten-Platz. Am Sonntag (02.02.2025) war der Amerikaner Tate Frantz sogar besser platziert als der beste Deutsche.

Ein ratloser Bundestrainer

In den vergangenen 30 Jahren – so lange wird auf der Mühlenkopfschanze in Willingen um Weltcup-Punkte gesprungen – schnitten die DSV-Springer nur drei Mal noch schlechter ab. Rechnet man den Mix-Podestplatz vom Freitag heraus, erleben die DSV-Adler die längste Durststrecke seit fast 15 Jahren ohne Podest. Nach dem Traumstart mit fünf Siegen von Pius Paschke geht es seit Wochen steil bergab. Elf Mal in Folge stand kein DSV-Springer auf dem Treppchen.

Trainer Stefan Horngacher wirkte am Wochenende (mal wieder) ratlos. Auf die Frage, wie sein Team aus dem Tal finden könne, hatte er keine Antwort: "Das ist eine gute Frage", sagte der Österreicher, der beim DSV einen unbefristeten Vertrag besitzt und trotz des sportlichen Tiefflugs nicht um seinen Job bangen muss.

Es würde auch in einem Wechsel eine Chance, aber genauso ein Riesenrisiko stecken.
DSV-Sportdirektor Horst Hüttel

"So lange ich das Gefühl habe, dass er und die Athleten in einem Boot sitzen, ist immer noch die Chance da, dass sich etwas in die richtige Richtung bewegt", erklärte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel am Sportschau-Mikrofon. Er merke, dass "das Trainerteam noch zu 100 Prozent die Mannschaft erreicht. Der Plan ist ganz klar, mit ihm auch die Olympischen Spiele zu machen."

Ein Trainerwechsel wäre "jetzt zu einfach", findet Hüttel. "Es würde auch in einem Wechsel eine Chance, aber genauso ein Riesenrisiko stecken. Deswegen ist das jetzt im Moment nicht für uns das Thema."

Horst Hüttel, DSV-Sportdirektor

DSV-Sportdirektor Horst Hüttel: "Trainerteam erreicht die Mannschaft"

Horngacher kennt sich mit Krisen aus

Der 55 Jahre alte Horngacher ist seit 2019 Cheftrainer, löste einst seinen Landsmann Werner Schuster ab. In der aktuellen Phase dürfte ihm auch sein großer Erfahrungsschatz helfen. Horngacher, der selbst einst erfolgreicher Springer war, hat schon mehrere Krisen überwunden, stand 2023 nach lediglich zehn Podestplätzen in 32 Wettkämpfen in der Kritik und lieferte im darauffolgenden Jahr mit zwei Medaillen beim Skifliegen, dem zweiten Platz von Andreas Wellinger bei der Vierschanzentournee und drei Springern mit mindestens einem Weltcup-Sieg.

Doch schon in der vergangenen Saison ließen die Deutschen nach einem guten Start stark nach. Eine dermaßen lange Durststrecke gab es aber auch unter Horngacher noch nicht. "Wir waren richtig schlecht und sind sehr enttäuscht über die Entwicklung der letzten Tage und Wochen. Im Moment spricht vieles gegen uns, der Trend, die aktuelle Form", nahm Hüttel im Sportschau-Interview kein Blatt vor den Mund.

Liegt es am Material?

Natürlich sind das fehlende Selbstvertrauen und die flöten gegangene Leichtigkeit ein großes Thema, doch auch das Material könnte mit dem Absturz der DSV-Adler zusammenhängen. Die Slowenen kamen beispielsweise mit den neuen Anforderungen an die Anzüge zu Saisonbeginn überhaupt nicht klar, auch die Norweger haderten und sind plötzlich vorn dabei. Sportschau-Experte Sven Hannawald ärgert sich über diese Problematik: "In meinen Augen ist es so, dass die deutsche Mannschaft die Sprünge mit den Anzügen wieder verändern muss, um vorn mithalten zu können."

Nimmt es die FIS mit der Materialkontrolle nicht mehr so genau, oder doch? In Oberstdorf waren mit Anze Lanisek und Lovro Kos zwei Slowenen disqualifiziert worden, mit Timi Zajc gewann dennoch ein Landsmann. Eine Woche später wurde Zajc beim im Mixed-Teamspringen in Willingen disqualifiziert, weil die Weite seines Schritts im ersten Durchgang zu groß gewesen war. "Wenn zwei disqualifiziert werden und einer gewinnt, dann ist das schon ein bisschen komisch", sagte DSV-Coach Horngacher.

Anzug-Ärger, Jubel-Provokation und gemischte Gefühle in Willingen

Sportschau Wintersport, 01.02.2025 09:55 Uhr

DSV-Spitze packt sich "an die eigene Nase"

Den Tiefflug allein auf das Streitthema Anzüge zu schieben, davon hält Hüttel nichts. "Das Material hat bei uns eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Wir haben das im Blick, aber wir haben eher versucht, uns an die eigene Nase zu packen und die Thematik über das Technische und Springerische zu lösen."

Viel Zeit bleibt bis zu den Weltmeisterschaften vom 26. Februar bis 9. März in Trondheim nicht. Horngacher und sein Trainerteam müssen schnell an den richtigen Schrauben drehen. Routinier Paschke versucht es mit einer Auszeit und wird sich den Flug nach Lake Placid, der nächsten Weltcup-Station sparen.

"Das war ein sehr enttäuschenden Wochenende", sagte der 34-Jährige nach den Plätzen 27 und 31. "Für mich war das eher ein Schritt nach hinten - daher haben wir uns entschieden, dass ich nicht nach Lake Placid fliege. Ich werde in Ruhe die eine oder andere Einheit trainieren, und dann freue ich mich auf Japan." In Sapporo findet am 15./16. Februar die WM-Generalprobe statt.