Ski Alpin "Immer besonders" - Straßer und Dürr fiebern Nachtslaloms entgegen
Bevor es für die deutschen Skirennfahrer in die kurze Weihnachtspause geht, stehen noch zwei Highlights für die Technik-Asse auf dem Programm: Die Nachtslaloms in Courchevel und Madonna di Campiglio. Linus Straßer und Lena Dürr rechnen sich Podestchancen aus.
Linus Straßer dürfte dieser Tage besonders motiviert sein. Das hat gleich mehrere Gründe. Nach dem verpatzten Saisonauftakt ist der Münchner beim traditionellen Nachtslalom im italienischen Madonna di Campiglio am Freitag (ab 17:40 Uhr im BR-Livestream und im Sportschau-Liveticker) auf Wiedergutmachung aus.
Gute Erinnerungen an Madonna di Campiglio
Platz neun in Gurgl vor gut einem Monat war vor allem deshalb nicht zufriedenstellend, weil sich Straßer mit zwei gröberen Fehlern selbst um jede Chance auf das Podest brachte: Erst kostete ihn ein Innenski-Fehler viel Zeit, im zweiten Lauf musste er die Skier gar querstellen. Dass er das Zeug für die vorderen Plätze hat, stellte der 31-Jährige in seiner Karriere aber bereits mehrfach unter Beweis.
So auch vor fast exakt einem Jahr, als er auf der berühmten Canalone Miramonti Piste in Madonna di Campiglio zu Platz drei gekurvt war. Nicht auszuschließen, dass Straßer damals mit den Gedanken auch woanders war. Schließlich war kurz zuvor seine Tochter zur Welt gekommen. Vielleicht war es aber auch gerade dieser zusätzliche Schub, der ihn mit zwei fehlerfreien Läufen bis auf das Podest befördert hatte.
Straßer liefert vielversprechende Vorbereitung ab
Dieses Mal blieben die Vaterfreuen zwar aus, an Straßers Motivation ändert das aber nichts. Insbesondere da die Vorbereitung vielversprechend lief. Um Rennpraxis zu sammeln, war er im Europacup in Pozzo di Fassa (Italien) mitgefahren. Ein nach eigener Aussage "schweres Rennen", bei dem er mit Platz zwei aber zu überzeugen wusste.
Der Tross des Deutschen Skiverbandes (DSV) blieb im Anschluss in Südtirol und trainierte unter "Top-Bedingungen" für den Ernstfall am Freitag. Entsprechend positiv blickt Straßer der kommenden Aufgabe entgegen. "Mir geht’s gut, ich bin gesund und freue mich jetzt auf das Rennen in Madonna." Neben ihm schickt der DSV mit Sebastian Holzmann (SC Oberstdorf), Fabian Himmelsbach (SC Sonthofen) und Anton Tremmel (SC Rottach-Egern) noch drei weitere Athleten ins Rennen.
Wer schlüpft ins "Maglia Fulmine"?
Favoriten auf den Sieg werden allerdings andere sein. Allen voran Manuel Feller, der das bisher einzige Slalom-Rennen in einem von wetterbedingen Absagen geprägten ersten Saisondrittel vor seinen österreichischen Landsmännern Marco Schwarz und Michael Matt gewonnen hatte. Auch Vorjahressieger Daniel Yule (Schweiz) und Henrik Kristofferson (Norwegen) gehören zu den Anwärtern auf das begehrte Trikot "Maglia Fulmine" beim traditionellen Vorweihnachtsevent, das nicht nur wegen seiner besonderen Atmosphäre unter Flutlicht und vor tausenden Zuschauern im Kalender der Technik-Fahrer heraussticht.
Die steile Piste in Madonna di Campiglio gehört zu den anspruchsvollsten im Weltcup-Zirkus und erfordert von den Athleten maximale Konzentration, aber eben auch technisches Können und den nötigen Speed. Allesamt Dinge, die Straßer an einem gutem Tag in den Schnee zaubern kann. Und dass ihm Nachtslaloms liegen, weiß auch die versammelte Weltspitze spätestens seit seinem sensationellen Triumph beim Nightrace in Schladming im Januar 2022. Eine erneute Top-Platzierung ist also alles andere als ausgeschlossen.
Dürr startet als Mitfavoritin in Courchevel
Apropos Top-Platzierung: Während Straßer noch auf sein erstes Podest in dieser Saison hinarbeitet, hat Lena Dürr bereits abgeliefert. In zwei von drei Rennen schaffte es die 32-Jährige vom SV Germering bereits auf das Treppchen. Zudem wurde sie einmal Vierte. Der Lohn: Platz zwei in der Disziplinwertung hinter US-Star Mikael Shiffrin. Kein Wunder, dass Dürr beim Slalom im französischen Courchevel am Donnerstag (ab 17:45 Uhr im Sportschau-Liveticker) als Mitfavortin neben Shiffrin, Petra Vlhova (Slowakei) und Sara Hector (Schweden) an den Start geht.
Entsprechend groß ist auch die Vorfreude. "Ich freue mich auf das Rennen in Courchevel, speziell auch, weil es ein Nachtslalom ist. Mir macht das riesig Spaß, weil es immer eine ganz besondere Atmosphäre ist, unter Flutlicht zu fahren", blickte Dürr voraus. Hinzu kommen die mehr als positiven Erinnerungen an den Weltcup-Ort. Bei der Weltmeisterschaft im Februar dieses Jahr hatte sich mit Bronze ihre erste WM-Einzelmedaille gewonnen. "Seit letztem Jahr und der WM verbinde ich gute Erinnerungen mit Courchevel. Die WM war wirklich eine ganz besondere."
Dürr will "attackieren und aktiv fahren"
Davon ungeachtet ist der Respekt vor der Piste groß. "Das Rennen wird sicherlich wieder eine Herausforderung", glaubt Dürr, die die Strecke "in einem sehr guten, harten Zustand" erwartet. Ihre schlichte Devise: "Vom ersten Tor weg attackieren und aktiv fahren." Was sich bei den ersten beiden Weltcup-Stationen schließlich bewährt hat, soll sie auch dieses Mal nach vorne tragen. Dann ist sogar der ganz große Wurf möglich. Wie sich das anfühlt, weiß Dürr nach ihrem Premieren-Triumph im Januar in Spindlermühle ja mittlerweile.
Aicher kommt mit Selbstvertrauen
Neben Dürr komplettieren Emma Aicher (SC Mahlstetten), Andrea Filser (SV Wildsteig) und Jessica Hilzinger (SC Oberstdorf) das DSV-Quartett in den französischen Alpen. Vor allem Allrounderin Aicher dürfte nach ihren hervorragenden Auftritten zuletzt in der Abfahrt und im Super-G mit reichlich Selbstvertrauen an den Start gehen.
Im Slalom hat die hochveranlagte 20-Jährige laut Bundestrainer Andreas Puelacher zwar noch viel Luft nach oben, was sich auch bei den bisherigen Slalomrennen mit Platz 23 als bestem Ergebnis niederschlug. Das Potenzial für regelmäßige Top-Ten-Plätze ist aber auch in dieser Disziplin vorhanden. Für Filser und Hilzinger dürfte die Qualifikation für den zweiten Lauf bereits als Erfolgsergebnis gewertet werden.