Biathletin Vanessa Voigt

Neue Startgruppenregel Bleibt umstrittene Biathlon-Regeländerung bestehen?

Stand: 07.01.2025 16:34 Uhr

Der Biathlon-Weltverband wollte das erste Drittel der Saison zum Test einer neuen Regel in den Einzelrennen nutzen. Nun steht in Oberhof das zweite Drittel an. Bleibt die Regel bestehen?

Das neue Biathlon-Jahr beginnt am Donnerstag in Oberhof (09.01.2025, 14.20 Uhr im Live-Ticker) mit einem Sprint der Frauen – und damit in einem vor der Saison heftig umstrittenen Format. Das 7,5-Kilometer-Rennen wird im Individual-Start ausgetragen, und dafür hatte sich der Weltverband eine neue Startgruppenregel ausgedacht. Die besten Athletinnen und Athleten dürfen sich seit diesem Winter die Startgruppen nicht mehr selbst aussuchen, sondern werden je nach Weltcupplatzierung zugelost. Die Besten kommen zum Schluss. Und das soll auch so bleiben.

Sportdirektor Böhm: "Mehr Action, mehr Drama"

"Wir haben viel Feedback erhalten, dass die Qualität des Produkts dadurch gestiegen ist, dass man einen längeren Spannungsbogen hat, dass auch wirklich mehr Action und mehr Drama zu einem späteren Zeitpunkt in den Rennen ist", berichtet Daniel Böhm, Sportdirektor beim Biathlon-Weltverband IBU im Sportschau-Gespräch. Nach einer "Evaluierung zwischen Weihnachten und Neujahr unter Einbezug des Athletenkomitees, des technischen Komitees und Feedback von TV-Seite und Fans" sei "im Vorstand die Entscheidung gefallen, keine Änderung für das Trimester zwei vorzunehmen".

Statistische Analyse - keine signifikanten Unterschiede

Grundlage für die Entscheidung seien neben dem allgemeinen Feedback auch statistische Analysen gewesen. Demnach habe sich die Befürchtung der besten Athleten, durch spätere Startzeiten benachteiligt zu werden, nicht bewahrheitet. "Wir haben uns das mit einer Universität im Tieferen angeschaut. Wir konnten keine signifikanten Unterschiede zu den vergangenen Jahren feststellen."

Den Einwand, dass sich beim Sprint-Weltcup im französischen Le Grand Bornand der Weltcupspitzenreiter Johannes Thingnes Bö wegen schlechter werdender Bedingungen mit Rang zwei hinter seinem zeitiger gestarteten Teamkollegen Martin Uldal begnügen musste, lässt Böhm nicht gelten: "Zwischen ihm und Martin Uldal lagen 26 Startnummern. Das hätte mit dem alten System genauso in der Startgruppe 1 auch passieren können, dass einer die 1 und einer die 26 gehabt hätte", so Böhm, der das Resümee zieht: "Wir gehen nicht davon aus, dass dieses Startgruppensystem das Rennen entschieden hat."

Kritikerin Preuß: "Hat sich gut eingespielt"

Während der Protest der Athletinnen und Athleten gegen das neue System vor der Saison noch sehr laut war, sind die kritischen Stimmen leiser geworden. Auch bei Franziska Preuß, die gerade den Winter ihres Lebens erlebt und in Oberhof mit dem Gelben Trikot der Weltcupspitzenreiterin den Sprint läuft. "Ich war am Anfang richtig dagegen und habe das überhaupt nicht verstanden", sagt die Ruhpoldingerin im am Donnerstag (09.01.2025) erscheinenden Sportschau-Podcast. "Man erarbeitet sich über Jahre den Vorteil, dass man in den Top 15 ist und die Startgruppe frei wählen darf. Und dann wirst Du bestraft, dass Du jahrelang gut warst."

Die Skepsis ist bei Preuß aber gewichen: "Es hat sich gut eingespielt", meint die 30-Jährige, die aber darauf verweist: "Es steht und fällt mit den äußeren Bedingungen. Die ersten Wochen waren gut. Aber wenn es jetzt mal wärmer wird und hinten raus tiefer, dann könnte es von Nachteil sein."

Athletenkomitee ändert Kritik

Böhm berichtet, dass auch das Athletenkomitee weniger kritisch auf die Änderung blickt. So werde die Frage der Fairness im ersten Trimester "von Athletenseite in keinster Weise infrage gestellt". Stattdessen habe sich die Kritik verändert: "Das Athletenkomitee stellt aktuell noch in Frage, ob es wirklich eine Verbesserung des Produkts für den Zuschauer und für den Fan darstellt. Dafür muss man auch nochmal tiefer in die Analyse gehen." Und auch Preuß sagt: "Ich fand das alte System besser. Jetzt ist immer diese Warterei beim Anschießen ..."

Der Weltverband IBU behält sich weiterhin eine kurzfristige Änderung der Startreihenfolge vor, falls das Wetter und die äußeren Bedingungen keine fairen Wettkämpfe für die Besten zulassen, erklärt Böhm. Spätestens bis drei Stunden vor Rennbeginn könne man die Startreihenfolge noch verändern.

Böhm freut sich auf Oberhof: "Beeindruckt"

Preuß und Böhm freuen sich bereits auf Oberhof. Unter anderem wegen der tollen Stimmung. In diesem Jahr scheinen stabile Minusgrade für faire Bedingungen sorgen. Möglich, dass sogar mal die Sonne zu sehen ist. "Ich glaube, es wird ein toller Weltcup in Oberhof, mit toller Stimmung und guten Bedingungen für alle Athleten. Ich muss sagen, ich bin beeindruckt", so Böhm, der einst selbst Biathlet war.

Vittozzi noch krank - Chevalier beendet Karriere

In Oberhof nicht am Start stehen wird weiterhin die Italienerin Lisa Vittozzi. Wie der italienische Verband in der vergangenen Woche mitteilte, laboriere die Weltcup-Gesamtsiegerin der Vorsaison noch an ihren Rückenproblemen. Daher werde sie in Oberhof nicht starten können.

Aus dem französischen Team wurde sogar ein Karriereende bekannt: Chloe Chevalier, die zuletzt im zweitklassigen IBU-Cup unterwegs war, beendete ihre Karriere. Auf Instagram schrieb sie, sie wolle jetzt "ein neues Kapitel aufschlagen". Im IBU-Cup war die Schwester von Anais Chevalier-Bouchet zuletzt Gesamt-Dritte. Im Weltcup lief sie 2023 in Antholz im Sprint auf Rang zwei. Mit der französischen Staffel gewann sie drei Weltcups.