Abschied Benedikt Doll: Das "Charakter-Monster" geht von Bord
Nach 323 Weltcuprennen hängt Biathlet Benedikt Doll seine Ski und das Gewehr an den Nagel. In zwölf Jahren schwang er sich zum Kapitän des DSV-Teams auf. Nun geht er von Bord. Weggefährten verabschieden ihn.
Sein letztes Rennen führte Benedikt Doll auf Platz 26, doch das war am Ende natürlich zweitrangig. Immerhin hatte gerade einer der erfolgreichsten deutschen Biathleten aller Zeiten zum letzten Mal die Ziellinie überquert.
Doll: Wollte keinen "Show-Wettkampf" im letzten Rennen
Dabei wollte er es auf den letzten 12,5 Weltcup-Kilometern seiner Karriere nicht langsam angehen. "Was will ich an einem Rennen genießen, da gebe ich Vollgas", sagte Doll rückblickend nach dem Rennen im ZDF-Interview. Er wollte "keinen Show-Wettkampf machen". Auf der Schlussrunde habe er aber doch "die Jungs dann ziehen lassen, da wollte ich die letzten Meter für mich genießen".
Es ist die Einstellung, die Doll zu dem erfolgreichen Biathleten hat werden lassen, der mit der Bronzemedaille bei der WM in Nove Mesto Anfang des Jahres seiner Karriere auf den letzten Metern noch den perfekten Schliff verpassen konnte.
WM-Titel 2017 in Hochfilzen ragt heraus
Sechs WM-Medaillen holte Doll in seiner Karriere, davon zwei in Einzeldisziplinen. Die besonderste sicher: WM-Gold im Sprint von Hochfilzen 2017. "Dieser 2017er WM-Titel der ragt schon einfach heraus", blickt Doll in der ARD-Dokumentation "Benedikt Doll - der letzte Weltmeister" zurück auf den größten Erfolg seiner insgesamt zwölfjährigen Karriere.
In Bansko 2013 wurde er Europameister und das nur ein Jahr nach seinem Weltcup-Debüt. Das gab der Junge aus dem Schwarzwald fast auf den Tag genau vor zwölf Jahren. Am 16. März 2012 lief er im sibirischen Chanty-Mansijsk zum ersten Mal im Weltcup auf und holt Platz 32. Damals war noch nicht zu erahnen, welche Karriere Doll noch hinlegen sollte.
Vom Anfänger zum Kapitän
Bei Olympia in Pyeongchang 2018 holte er Bronze in der Verfolgung und in der Staffel. Vier Junioren-WM-Titel dürfen auch nicht verschwiegen werden. Doch all der Erfolg stieg ihm nie zu Kopf.
Der heute 33-Jährige mit der besonderen Vorliebe für Kaffee und Kuchen am Nachmittag blieb immer am Boden und schwang sich über die Jahre zum Kapitän des deutschen Teams auf. Seine Weggefährten und aktuellen Teamkameraden wünschten ihm nach seinem letzten Rennen nur das Beste.
Das "Charakter-Monster" verlässt das deutsche Team
"Es fehlt einer, der vorneweg geht", erkannte Philipp Nawrath. Für Sportdirektor Felix Bitterling geht ein echter Leader: "Für nen Anführer brauchts mehr als ein guter Sportler zu sein, sondern Charakter und da ist der Benni ein Monster", würdigte Bitterling seinen Schützling im ZDF.
Auch Johannes Kühn verabschiedete sich von seinem langjährigen Mitstreiter mit einem gemeinsamen Foto aus alten Tagen. "Nach mehr als 14 Jahren - ein letzter Tanz mit dir", schrieb der Bayer. Doll und Kühn waren schon im zweitklassigen IBU-Cup gemeinsam gestartet.
Doll selbst nahm die Glückwünsche und Würdigungen freudestrahlend im Zielraum von Canmore entgegen. Er sei "nicht am Trauern, dass die Biathlon-Zeit vorbei ist", sagte der Schwarzwälder. Er freue sich auf das, was nun kommt. Das wird für Doll zunächst die Familie um Frau Miriam und den gemeinsamen Sohn sein.
Keine Rückkehr als Trainer oder Experte
In den Sport wird er so schnell wohl nicht zurückkehren. Eine Tätigkeit als Trainer und Experte reizt ihn aktuell nicht. Doll hat ein abgeschlossenes Studium in Marketing und Vertrieb-Wirtschaftsingenieurwesen. Im Herbst startet er ein zweites Studium, diesmal über nachhaltige Energiesysteme in Offenburg.
Was er im Biathlon und während seiner Karriere gelernt habe, wurde er zum Abschluss gefragt: "Aus den Tiefen sich herauszuarbeiten, da lernt man positive Denkweise und ich glaube, das bringt einen im Leben weiter, wenn man versucht, Sachen schnell abzuhaken und nach vorne zu gucken."