Im US-Basketball wurde die "Unrivaled"-Liga neu gegründet. / imago images/Imagn Images

Icon League, Unrivaled und Co. Icon League, Unrivaled und Co. als neue Formate: Wenn der Sport nach den Regeln der Unterhaltungsindustrie spielt

Stand: 12.02.2025 13:40 Uhr

Neue Formate, Ligen und Wettkämpfe revolutionieren bestehende Regeln und fordern etablierte Verbände heraus. Die Ziele: mehr Entertainment und jüngere Zuschauer. Funktioniert das? Von Lukas Witte

Wenn von Oktober bis Mai die nordamerikanische Frauen-Basketballliga WNBA pausiert, ist es für die Spielerinnen eigentlich nichts Ungewöhnliches, die freie Zeit mit kleinen Turnieren zu füllen, um im Training zu bleiben und einen kleinen Zuverdienst zu haben. Doch für Deutschlands beste Basketballerin Satou Sabally ist derzeit vieles anders, wenn sie das Trikot des Phantoms BC überstreift.
 
Die Berlinerin ist Teil der neugegründeten "Unrivaled"-Liga, die seit diesem Winter in den USA für Aufsehen sorgt. Gespielt wird drei gegen drei statt fünf gegen fünf, aber trotzdem auf zwei Körbe. Das Feld ist kleiner und das Spiel endet nicht nach abgelaufener Uhr, sondern mit dem Erreichen einer Punktzahl. Alles soll schneller und spektakulärer als im klassischen Basketball sein.

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Das innovative Format reiht sich in eine Großzahl neuer Ligen und Turniere ein, die in verschiedenen Sportarten derzeit aus dem Boden sprießen. Ein wenig überraschender Trend, findet Sportmarketing-Experte Patrick Seitter. "Dass wir einen veränderten Medienkonsum haben, Gamification ein Ding ist und Sportinhalte unterhaltender sein können, das erzählt man sich im Marketing seit Jahren. Dass man darauf jetzt Produkte baut, ist irgendwie logisch."
 
Hierzulande ist die Entwicklung besonders deutlich im Fußball zu beobachten. Mit der Baller League und der Icon League gibt es in Deutschland bereits zwei Kleinfeld-Hallen-Formate, die große Arenen füllen und teils hohe Zuschauerzahlen verzeichnen. Schon bald soll mit der Kings League von Ex-Weltmeister Gerard Piqué eine weitere neue Liga auf den deutschen Markt drängen. Aber auch kleinere Sportarten wie Schach versuchen sich durch innovative Veranstaltungen immer wieder neu zu erfinden.

Unterhaltungsprodukt statt sportlicher Wettkampf

"Es geht bei den neuen Formaten nicht darum, eine bestehende Regel leicht abzuändern. Vielmehr soll der Nutzen für den Betrachter unter den Möglichkeiten der Digitalisierung maximal ausgeschlachtet werden." Es seien viel expliziter Unterhaltungsprodukte, die den Regeln der Unterhaltungsindustrie folgen, erklärt der Sportökonom Dr. Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln.

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Übersetzt heißt das: Streaming und soziale Medien statt Übertragungen im linearen Fernsehen, kurzweiliges und dynamisches Spielgeschehen statt 90 Minuten Verharren vor dem Bildschirm, letztes Tor entscheidet statt Verwaltung des Sieges über die Zeit. Teilweise können Zuschauer über Abstimmung sogar direkten Einfluss auf das Spiel nehmen und den Teams Vor- oder Nachteile verschaffen. Immer mit dabei: Influencer, Ex-Profis, oder - wie bei Unrivaled in den USA - sogar aktuelle Stars.

Alles für die jungen Leute

Der Innovationsgeist scheint sich auszuzahlen: Laut Marketingexperte Seitter ziehen die neuen Formate vor allem junge Menschen an. Und damit auch viele Unternehmen und Werbepartner, die ihr Geld sonst nicht unbedingt in den Sport investieren würden, aber eben diese Generationen erreichen wollen. "Auf Basis der jungen Zielgruppe werden neue Produkte entwickelt. Und das hat man an vielen Stellen sehr gut gemacht und eben nicht in einem Korsett von Jahrhunderte alten Regeln, sondern auf einem weißen Blatt Papier", sagt Seitter.
 
Auch die großen klassischen Sportverbände würden schon länger versuchen, ihr Angebot für jüngere Generationen attraktiver zu machen, sagt Sportökonom Breuer. Die neuen Formate könnten dabei zum Vorbild werden. "Dort wird vieles ausprobiert. Da kann der traditionelle Sport auch ganz entspannt drauf schauen und gucken, wie das ankommt und was er für sein klassisches Angebot daraus lernen kann. Das muss sich schließlich auch weiterentwickeln."

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Kein Ende in Sicht

Breuer glaubt deshalb nicht an ein schnelles Ende des Trends. "Es gibt sehr viel Innovationspotential und es ist davon auszugehen, dass wir weiterhin immer mehr neue Formate sehen werden." Zudem seien die Barrieren für den Markteintritt gering. "Sie brauchen eben keinen Beschluss eines Sport-Weltverbandes, sondern man legt einfach los", sagt er.
 
Sorgen vor der neu heranwachsenden Konkurrenz müssen sich die etablierten Ligen und Turniere der großen Verbände aber wohl keine machen. "Ich sehe keine allzu große Gefahr, dass dort irgendetwas abgelöst wird. Es ist aber erfrischend, dass man in allen Sportarten langjährige Formate mal auf den Prüfstand stellt und überlegt, ob man diese nicht neu, anders und besser in die Zeit passend interpretieren kann", erklärt Seitter.
 
Für Sportstars wie die Berliner Basketballerin Sabally zahlt sich die Teilnahme an Formaten wie Unrivaled auf jeden Fall aus. Durch das hohe Interesse der Sponsoren kann die Liga all ihren 36 Spielerinnen ein Gehalt von 220.000 Dollar bezahlen – mehr als Sabally in der WNBA verdient.