Paralympics 2024 in Paris Truwit überlebte Hai-Angriff - "Schwimmen hat mir das Leben gerettet"
Ein Schnorcheltrip veränderte ihr Leben - das sie weiterführen kann, weil sie eine herausragende Schwimmerin ist. Alexandra Truwit startet 15 Monate nach einer Hai-Attacke bei den Paralympics.
Ihr wichtigstes Rennen hat Alexandra Truwit bereits gewonnen - wenn auch nicht unbeschadet. Bis vor 1,5 Jahren träumte sie noch davon, als Schwimmerin bei den Olympischen Spielen antreten zu können. Auf einer Urlaubsreise mit ihrer guten Freundin Sophie Pilkinton zu den Turks- und Caicosinseln wollte sie sich ein wenig Erholung vom Training und dem zuvor gemachten College-Abschluss gönnen. Doch sie wäre beinahe nicht mehr zurückgekehrt.
Auf einem Schnorcheltrip wurden Truwit und Pilkinton von einem Hai angegriffen. "Er tauchte aus dem Nichts auf und griff uns an. Wir haben uns gewehrt, aber ziemlich schnell hatte er mein Bein in seinem Maul", sagte die 24-Jährige beim US-Sender NBC. "Das nächste, was ich weiß, ist, dass er meinen Fuß und einen Teil meines Beines abgebissen hat. Mein erster Gedanke war: 'Bin ich verrückt oder habe ich gerade keinen Fuß?'"
Der Hai-Angriff sorgte auch für ein Trauma
Ihr zweiter war dann offenbar: Schwimm' um dein Leben! Wie weit es bis zu ihrem Boot war, weiß Truwit nicht genau, aber: "Das Schwimmen hat mir definitiv das Leben gerettet." Denn sie und ihre Freundin und Schwimmkollegin schafften es, dem Hai zu entkommen, Pilkinton stoppte dann die Blutung mit einem Druckverband. "Schwimmen ist das erste, was mir das Leben gerettet hat, das zweite war meine Teamkollegin Sophie. Ich bin ihr für immer zu Dank verpflichtet", sagte Truwit.
"Ali", wie sie nur genannt wird, war 15 Jahre lang auf Leistungsniveau geschwommen, nun überlebte sie zwar, aber ihre Karriere schien vorbei. Sie wurde mit einem Flugzeug nach New York geflogen und ins Krankenhaus gebracht, dort dreimal operiert, an ihrem 23. Geburtstag wurde ihr Bein unterhalb des Knies amputiert - doch diese Erfahrung hatte auch traumatische Folgen. "Es war schwierig für mich, Wassergeräusche auch nur zu hören und nicht gleich wieder gedanklich in die Momente des Hai-Angriffs zurückgeworfen zu werden."
Ich habe mich auf die Comeback-Geschichten anderer gestützt, um an der kühnen und unrealistischen Hoffnung festzuhalten, einen Hai abzuwehren, zu überleben, eine Gliedmaße zu verlieren und es innerhalb eines Jahres zu den Paralympics zu schaffen.
EM-Silber in diesem Jahr
Drei Monate nach diesem schicksalhaften 24. Mai 2023 kehrte sie aber ins Wasser zurück und trainierte wieder. "Ich wollte für all das kämpfen, was ich zurückkriegen könnte. Meine Liebe fürs Wasser gehörte dazu", sagte Truwit, die sich so schnell an ihre Einschränkungen gewöhnt hat, dass sie bei der EM in diesem Jahr schon Zweite über 400 Meter Freistil wurde.
Bei den Paralympics wird die Amerikanerin am 5. September über diese Strecke an den Start gehen, einen Tag später über 100 Meter Rücken. Ihren ersten Auftritt hatte Truwit am Sonntagmorgen (01.09.2024) über 100 Meter Freistil. Paralympics-Athletin zu sein sei "ein verrücktes Gefühl, vor allem wenn man bedenkt, wo ich vor etwas mehr als einem Jahr war", sagte sie.
Truwit liebt "Comeback-Geschichten"
Und sie möchte eine solche Story schreiben, wie sie sie selbst am liebsten hat. "Ich liebe Comeback-Geschichten. Ich habe mich auf die Comeback-Geschichten anderer gestützt, um an der kühnen und unrealistischen Hoffnung festzuhalten, einen Hai abzuwehren, zu überleben, eine Gliedmaße zu verlieren und es innerhalb eines Jahres zu den Paralympics zu schaffen", so Truwit, die sogar Medaillenchancen hat.
Sie habe "viele dunkle Tage" erlebt, "aber ich bin am Leben und das wäre ich fast nicht gewesen". In Paris wird ihre Lebensgeschichte um einen ganz besonderen Moment reicher, wenn sie die USA bei den Paralympics vertritt. "Ich denke, meinen Namen in diesem Team zu hören, hat mich daran erinnert, dass ich stärker bin, als ich glaube", sagte Truwit. "Dass wir alle stärker sind, als wir glauben."