Deutschlands Rollstuhl-Basketballer jubeln

Paralympics-Medaille möglich Rollstuhl-Basketball: Die lange Durststrecke soll enden

Stand: 04.09.2024 23:25 Uhr

Die deutschen Rollstuhl-Basketballer stehen zum ersten Mal seit 32 Jahren wieder in einem paralympischen Halbfinale. Eine Medaille ist vor der Partie am Donnerstag (05.09.2024) gegen Großbritannien zum Greifen nah.

Von Martin Bromber

Große Emotionen: Nico Dreimüller und Matthias Güntner liegen sich freudestrahlend in ihren Rollstühlen in den Armen. Jens-Eike Albrecht macht aus dem jubelnden Duo ein Trio und Jan Haller wird von seinen Emotionen überwältigt. Von den Tribünen der Bercy Arena brandet tosender Applaus.

Kurioser Medaillengewinn 1992

Gerade eben war der Schlusspfiff ertönt in der Viertelfinal-Partie gegen Spanien. Das deutsche Rollstuhlbasketball-Team steht nach dem 57:49-Sieg im Halbfinale und hat die Chance erstmals seit 1992 wieder eine paralympische Medaille zu gewinnen.

In Barcelona verlor Deutschland damals das Halbfinale gegen die Niederlande deutlich. Danach gewann man die Partie um Bronze gegen Frankreich. Weil aber Finalsieger USA wegen eines Dopingfalls disqualifiziert wurde, ging das deutsche Team schließlich als Silbermedaillengewinner in die Paralympics-Geschichte ein.

Sieg gegen den Angstgegner macht selbstbewusst

"Wir haben so viel gefighted. Gestern haben wir gegen Kanada so haushoch aufs Maul bekommen. Und dann spielen wir heute und machen das so gut. Ich kann's noch nicht so ganz glauben", sagte Nico Dreimüller nach dem Sieg gegen Spanien. "Ein Sieg von einer Medaille entfernt. Das ist so unglaublich", ergänzte der 26-Jährige.

Dass Deutschland ausgerechnet gegen Spanien den Halbfinal-Einzug geschafft hat, ist besonders erwähnenswert. Denn Spanien ist so etwas wie der "Angstgegner" des deutschen Teams. Jeweils im Viertelfinale der letzten beiden paralympischen Turniere und auch bei der letzten WM kam gegen die Spanier das Aus. Der Sieg in Paris dürfte das Selbstbewusstsein steigern.

Die Leistungsträger: Böhme und Dreimüller

Dreimüller ist neben dem 33-jährigen Thomas Böhme der Leistungsträger im deutschen Team. Gegen Spanien waren die beiden die kompletten 40 Spielminuten auf dem Feld und erzielten zusammen mehr als 50 Prozent der deutschen Punkte. 26 Punkte gingen dabei auf das Konto von Böhme, der dazu auch noch 15 Rebounds holte. Im Schnitt sind beide über 30 Minuten pro Partie auf dem Parkett und schließen vor allem in der gegnerischen Zone hochprozentig ab.

Der Trainer: Michael Engel

Erst seit Dezember ist Michael Engel der Trainer der deutschen Teams. "Er ist sehr kreativ, wie er uns immer catcht", sagt Dreimüller über seinen Coach. Und der Trainer hat mit seiner Art Erfolg. Im April sicherte sich das deutsche Team das letzte freie Ticket für die Spiele in Paris.

Anschließend ging es ins Höhenstrainingslager nach Livigno, auch um den Zusammenhalt zu stärken. Engel legt viel Wert auf die Verteidigung. Sein Ziel ist es, dass Deutschlands Defense die beste im ganzen paralympischen Turnier ist.

Michael Engel - der neue Bundestrainer im Rollstuhl-Basketball

Sportschau Paralympics 2024, 29.08.2024 10:50 Uhr

Engels Vorbild ist dabei Jürgen Klopp: "Ich glaube, Jürgen würde gerne mit mir tauschen. Dann hätte er schon zwei Mal die Champions League gewonnen", sagt Engel scherzhaft und zitiert den erfolgreichen Fußballtrainer: "Taktische Dinge sind wichtig, Emotionen machen den Unterschied."

Diesen Coaching-Stil kann auch Böhme bestätigen: "Er ist immer voll dabei und ist dann genauso durchgeschwitzt wie wir nach dem Spiel."

Der Halbfinalgegner: Großbritannien

Im Halbfinale am Donnerstag (16 Uhr, im Livestream bei sportschau.de) kommt es zum Re-Match gegen Gruppengegner Großbritannien. Im ersten Spiel des paralympischen Turniers unterlag das Engel-Team mit 55:76. Zu viele eigene Fehler und zu viele britische Punkte innerhalb der eigenen Zone waren zu Turnierbeginn ausschlaggebend für die Niederlage.

Die deutsche Verteidigung steigerte sich in den darauffolgenden Spielen. Gegen Spanien, eine der besten Offensivreihen der Welt in der gegenerischen Zone, hat Deutschland "Weltklasse verteidigt", so der Trainer. Eine ähnliche Defensiv-Leistung muss auch gegen Großbritannien her, will Deutschland das Finale erreichen.

Großbritanniens Rollstuhl-Basketballer Gregg Warburton (l.) versucht einen Wurf von Deutschlands Alexander Budde zu verteidigen.

Deutschland wird seine Chancen gegen Großbritannien konsequent nutzen müssen.

Wie auch im Gruppenspiel wird Gregg Warburton wieder eine entscheidende Rolle im britischen Angriffsspiel einnehmen. Im Hinspiel erzielte Warburton 24 Punkte. Im Schnitt ist er über 35 Minuten auf dem Parkett und trifft hochprozentig aus der Mitteldistanz.

"Ich war noch nie im Halbfinale, daher weiß ich nicht genau, wie es sich anfühlt“, sagt Trainer Michael Engel mit Blick auf das anstehende Halbfinale und ergänzt: "Wir nehmen diesen hart erarbeiteten Erfolg einfach mit" - mit ganz viel Emotionen.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Paralympics 2024 | 06.09.2024 | 11:15 Uhr