Der deutsche Para-Athlet Johannes Floors wird von Para-Athletin Irmgard Bensusan getröstet.

Paralympics-Medaillen und Karriereende "Geschwister" Bensusan und Floors feiern mit Champagner

Stand: 07.09.2024 11:23 Uhr

Irmgard Bensusan kämpfte zum Karriereende mit den Tränen. Johannes Floors haderte am Freitag (06.09.2024) nach seinem Rennen über 400 m im Stade de France. Grund zum Feiern haben die beiden deutschen Sprinter, die wie Geschwister füreinander sind, bei den Paralympics in Paris dennoch genug.

Von Florian Neuhauss, Paris

Johannes Floors hatte sich über die 400 m gerade noch als Zweiter ins Ziel gerettet. Seinem Blick war deutlich anzusehen, dass er nicht so recht wusste, wie ihm geschehen war. Gold war sein erklärtes Ziel gewesen. Doch da fiel ihm schon Irmgard Bensusan um den Hals. Seine Teamkollegin aus Leverkusen und gute Freundin hatte nach ihrem Rennen und den ersten Interviews extra noch an der Laufbahn auf sein Rennen gewartet. Sie umarmte ihn und übergab ihm die deutsche Fahne.

"Ich bin super stolz auf ihn. Er ist gut gelaufen", betonte die 33-Jährige, die kurz zuvor über 100 m nur als Achte ins Ziel gekommen war. "Scheiße" sei das gewesen. Aber umso mehr freute sie sich, dass sich Floors auch noch eine Medaille geholt hatte. Sie selbst hatte sich in Paris über 200 m bereits Bronze gesichert.

Floors sprach, nachdem die erste riesige Enttäuschung verflogen war, von "gemischten Gefühlen". Seine Gedanken würden von "das kann jawohl nicht wahr sein" bis "ich habe eine Silbermedaille gewonnen" reichen. Außerdem habe sein Weltrekord (45,78 Sek.) ja weiter Bestand.

Johannes Floors "kann es gar nicht einordnen"

Sportschau Paralympics 2024, 06.09.2024 20:47 Uhr

Floors sieht Woodhall erst, als es zu spät ist

Der 29 Jahre alte beidseitig Unterschenkelamputierte hatte die Stadionrunde in einem Höllentempo begonnen. Doch spätestens auf der Zielgeraden war sein großer Rivale Hunter Woodhall gewaltig aufgekommen. Er habe bis dahin gedacht, dass er richtig gut unterwegs sei, so Floors. "Und dann taucht auf einmal Woodhall neben mir auf." Der Deutsche musste den US-Amerikaner ziehen lassen. Woodhall siegte in 46,36 Sekunden.

Ich weiß nicht, was schiefgelaufen ist. Aber man soll ja nicht fluchen ...
Sprinter Johannes Floors

Mit dem Wimpernschlag-Vorsprung von einer Hundertstelsekunde blieb der Deutsche (46,90) vor dem Niederländer Olivier Hendriks (46,91/persönliche Bestzeit). Für Floors, der eigentlich eine Zeit unter 46 Sekunden angepeilt hatte, war das Saisonbestleistung. "Ich weiß nicht, was schiefgelaufen ist. Aber man soll ja nicht fluchen ..."

"Alles gut" für Bensusan zum Karriereende

Davon war Bensusan in ihrem 100-m-Rennen weit entfernt gewesen. Allerdings hatte die gebürtige Südafrikanerin vor dem immer näher kommenden Karriereende sehr mit ihren Emotionen zu kämpfen. Immer wieder seien ihr die Tränen gekommen. Schon beim Warmmachen, noch mal als sie kurz vor dem Rennen mit ihrem Trainer sprach.

Ich bin so emotional. Ich habe versucht, alles im Stadion aufzusaugen und in meinem Herz zu speichern. Ich bin stolz und froh, dass ich dabei sein konnte.
Sprinterin Irmgard Bensusan

Über 200 m hatte sie noch Bronze gewonnen. Über 100 m habe ihr dann die Spannung gefehlt. Aber auch, wenn ihr ein letzter Erfolg auf der Bahn verwehrt geblieben war, habe sie den Lauf trotzdem genießen können. "Ich wollte nicht Letzte werden, aber alles gut."

Woodhall bei der Laufbahn im klaren Vorteil

Floors war es zunächst sichtlich schwer gefallen, seinen Lauf zu genießen. Bensusan, die mit ihm mehr als zehn Jahre lang in Leverkusen trainiert hat, kündigte an, später mit ihm reden zu wollen. Aber: "Ich bin stolz auf seine Leistung. Er ist der Zweitschnellste der Welt. Das kann nicht jeder sagen."

Dass es nicht mit Gold geklappt hatte, führte sie auch auf die Bahnverteilung zurück. Floors konnte Woodhall, der hinter ihm lief, die ganze Zeit nicht sehen. "Das ist kacke, das hatte ich in Tokio auch", sagte Bensusan, die vor drei Jahren ebenfalls Silber gewonnen hat.

Bensusan wie eine Schwester für Floors

Floors' Silber, Bensusans Bronze und "der letzte Tanz von Irmgard" - Grund zum Feiern gibt es genug. Mit "ganz viel Champagner", wie sie ankündigte.

Und Floors freut sich auch nach Bensusans Abschied auf die gemeinsame Zukunft: "Wir lieben uns wie Geschwister. Ich werde sie sehr vermissen, sie hat mein Leben bereichert. Und wohin es sie auch ziehen mag. Das werden bestimmt schöne Urlaubsziele sein."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Paralympics 2024 | 06.09.2024 | 20:15 Uhr