Die Zukunft der Leichtathletik Kampf um junge Fans - "Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit"
Die Leichtathletik will junge Fans weiter für ihre Disziplinen begeistern. Der Weltverband sieht sich in einem "Wettlauf gegen die Zeit" - und will neue Wege gehen, um relevant zu bleiben.
Leichtathletik ist eine der traditionsreichsten Sportarten, doch sie ist eng verbunden mit den Olympischen Spielen. Zwischen zwei Auflagen der Sommerspiele spielt sie eine deutlich kleinere Rolle in der medialen Wahrnehmung.
Dabei gibt es in der Leichtathletik starke Charaktere. Die Athletinnen und Athleten liefern immer wieder spektakuläre Leistungen ab. Sportliche Erfolgsgeschichten, aber auch Dramen gibt es auch abseits der olympischen Spiele. Beim Weltverband World Athletics fragt man sich deshalb längst: Wie bekommt man diese Leistungen besser verkauft, um junge Leute auch in Zukunft für die Leichtathletik zu begeistern?
Weltverbandschef Coe: Andere Freizeitangebote für Jugendliche wichtiger
Kurz vor der WM in Budapest wurde Sebastian Coe zum dritten und letzten Mal als Präsident des Weltverbands gewählt. Anschließend sprach er mahnende Worte. Die Leichtathletik befinde sich "in einem Wettlauf gegen die Zeit", um im Leben junger Menschen dauerhaft eine Rolle zu spielen.
"Es ist kein Kampf gegen andere Sportarten", sagte Coe - und spielte damit auf Freizeitangebote für Jugendliche außerhalb des Sports an. "Es ist ein Wettlauf gegen all die anderen äußeren Einflüsse, die die Zeit der Menschen in Anspruch nehmen. Und diese sind - ehrlich gesagt - in manchen Fällen spannender und relevanter für ihr Leben."
Weltverband-Präsident Sebastian Coe möchte junge Menschen für die Leichtathletik begeistern.
Formel 1 krempelte ihr Geschäftsmodell radikal um
Im Motorsport stand die Formel 1 vor ganz ähnlichen Fragen. Mit dem Einstieg eines Investors änderte sich das Geschäft dann radikal. Mit den USA etwa fremdelte die Formel 1 lange, inzwischen ist die Königsklasse des Motorsports dort fest etabliert. Stand 2021 nur ein Rennen in den USA im Kalender, waren es im Jahr darauf zwei - und in der aktuellen Saison sind es gleich drei in Miami, Austin und Las Vegas. Die USA sind ein Wachstumsmarkt im Sport.
Ein Hilfsmittel für die Formel 1 war der Start der Doku-Serie "Drive to survive" beim Streamingdienst Netflix. Das brachte die Rennserie jungen Sportfans näher. Längst sind eine fünfte und eine sechste Staffel geplant. Dazu nahm die Formel 1 zahlreiche Regeländerungen vor. Und die Formel 1 intensivierte ihre Präsenz in den sozialen Netzwerken. Mit Erfolg: Das Interesse an der Formel 1 stieg.
Netflix-Material: Typen und Geschichten aus der Formel 1
Auch Golf ("Full Swing") und Tennis ("Break Point") versuchten mit Doku-Serien, junge Menschen für sich zu begeistern. Serien sind eine Möglichkeit, den Charakteren und Geschichten aus der Sportwelt eine weitere, zeitgemäße Bühne zu bieten.
Weltverband will ebenfalls auf Doku-Serien setzen
Ein Weg auch für die Leichtathletik? Weltverbands-Präsident Coe kündigte bereits an, die Karte Netflix ebenfalls spielen zu wollen. Zunächst ist eine sechsteilige Serie über die führenden Sprinter geplant.
"Ich denke, so etwas bringt die Athleten näher an die Fans", sagte Coe. So könnten Fans die Sportlerinnen und Sportler nicht nur im Wettkampf erleben, sondern auch den Weg dorthin verstehen, wenn Kameras beispielsweise die Vorbereitung begleiten, sagte Coe.
Werden Disziplinen ausgetauscht?
Doch für nachhaltigen Erfolg und ein gesteigertes Interesse an der Leichtathletik wird es wohl mehr als eine Streamingserie brauchen. Im Gespräch sind möglichst spektakuläre Veranstaltungen zwischen den olympischen Spielen. Zur Debatte steht auch die Zukunft einzelner Disziplinen - und damit beginnen die Konflikte. Zum Beispiel könnten traditionsreiche Disziplinen in den Hintergrund gerückt werden. Cross-Country-Laufen könnte 2028 in Los Angeles dagegen ins olympische Programm kommen. Coe kündigte an, dass der Verband ergründen werde, welche Disziplinen erfolgreich sind - und welche nicht.
Ein erster Fingerzeig ist die Diamond League, die 2020 von 32 auf 24 Kerndisziplinen eingekürzt wurde. Viele Disziplinen wie der Dreisprung oder der Diskuswurf kommen dort weniger zum Zug. Das sorgte bereits für Kontroversen, weil sich mehrere Athletinnen und Athleten bei der Neuausrichtung ihres Sports von Coes Verband übergangen fühlten.