Deutschland vor Achtelfinale Trotz Kroos und Spezialtrainer - harmlose DFB-Standards
Deutschland hat in der Gruppenphase acht Tore erzielt, keines davon nach einer Standardsitution. Obwohl Toni Kroos die meisten Eck- und Freistöße schießt, trägt die Arbeit des Standardtrainers, der eine besondere Beziehung zu Achtelfinalgegner Dänemark hat, keine Früchte.
Seit 2016 ist es im Fußball erlaubt, beim Anstoß den Ball auch nach hinten zu spielen. Es ist zum Standard geworden, bei der ersten Standardsituation eines Spiels von dieser Regeländerung Gebrauch zu machen.
Als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft für das zweite Gruppenspiel bei der EURO 2024 gegen Ungarn bereit stand, sah es auch danach aus, als sollte der Ball nach hinten gespielt werden, denn Kai Havertz und İlkay Gündoğan blickten am Mittelpunkt zum eigenen Tor. Aber dann zog Havertz den Ball mit der Sohle zurück und somit nach vorne, vier weitere Spieler sprinteten los.
Wirtz' designtes Tor nach Anstoß
Wie der Angriff weiter konzipiert war, deutete Toni Kroos an: "Wir wollten uns flach durchspielen." Der Plan scheiterte, denn Gündoğan spielte einen Fehlpass, der beinahe einen sehr frühen Rückstand zur Folge gehabt hätte.
Dass der erste Angriff an der Taktiktafel entworfen wurde, liegt jedoch nahe. Spätestens seitdem Deutschland durch einen designten Spielzug nach acht Sekunden im Testspiel gegen Frankreich in Führung ging, ist klar, dass Mads Buttgereit sich schon für den Anstoß etwas einfallen lässt.
Mads Buttgereit - Nagelsmanns Experte für Standards
Buttgereit ist einer der Assistenten von Bundestrainer Julian Nagelsmann, sein Fachgebiet sind die Standardsituationen, sowohl die offensiven als auch defensiven.
Mads Buttgereit bei der Standardbesprechung mit Niclas Füllkrug
Vor dem Achtelfinale am Samstag (29.06.2024) gegen Dänemark erhält Buttgereit mehr Aufmerksamkeit als üblich. Das liegt aber weniger an vielen guten Chancen, Toren oder Gegentoren nach Standardsituationen, sondern an Buttgereits Herkunft und Vergangenheit.
Bei EM 2021 noch im dänischen Trainerstab
Die Mutter des 39 Jahre alten Buttgereit ist Dänin, er wuchs teilweise in Dänemark auf, studierte Dänisch, spielte und trainierte in Dänemark, bei der Europameisterschaft 2021 war er Assistent des dänischen Nationaltrainers Kasper Hjulmand. Bis ins Halbfinale schaffte es die Mannschaft, verlor dann gegen England, das Deutschland schon im Achtelfinale ausgeschaltet hatte.
Nagelsmann: "Das war von Mads herausragend vorbereitet"
Nach dem Turnier wechselte Buttgereit, der über Standards sagt, sie seien "so was Geiles", den Verband. Der damals neue Bundestrainer Hansi Flick holte ihn zum Deutschen Fußball-Bund (DFB), und nachdem gleich in den ersten Spielen mal ein Tor nach einer Standardsituation erzielt wurde, erhielt Buttgereit größere Aufmerksamkeit.
In der Zwischenzeit wurde es dann aber still, bis zum "Tor des Monats" März 2024, dem Treffer von Florian Wirtz nach acht Sekunden in Frankreich. "Das war von Mads herausragend vorbereitet", lobte Nagelsmann seinen Assistenten.
Höhepunkt WM 2014
Die offensiven deutschen Standardsituationen bei der EM 2024 sind bislang wirkungslos geblieben. Dabei führt sie in der Regel wieder Toni Kroos aus, der damit maßgeblich zum Titelgewinn bei der WM 2014 beigetragen hat. Das Turnier in Brasilien war herausragend, was deutsche Effektivität bei Eck- und Freistößen angeht.
Im Finale der Champions League nutzte der vergleichsweise kleine Dani Carvajal eine Ecke von Kroos, um Real Madrid gegen Borussia Dortmund in Führung zu bringen.
Bei der EM in Deutschland bleibt einzig ein Eckstoß aus dem Spiel gegen Ungarn in Erinnerung, den Robert Andrich am zweiten Pfosten direkt abnahm. Der Schuss flog aufs Tor, wurde aber abgeblockt.
Buttgereit: "Standards können alles verändern"
Gerade in engen Spielen, sagt Buttgereit, könne eine Standardsituation "alles verändern". In der abgelaufenen Bundesligasaison wurde ein Viertel aller Tore nach Standards erzielt, bei der EM sind es bislang nur 19 Prozent.
Bislang waren die Spiele von Dänemark bei der EURO 2024 nicht nur eng, sondern endeten auch jeweils unentschieden. Dem 0:0 gegen Serbien waren zwei 1:1 gegen Slowenien und England vorangegangen. Sloweniens Tor entstand durch einen von Morten Hjulmand abgefälschten Distanzschuss, dem ein Eckstoß vorangegangen war.
Auch Deutschland kassierte schon einen Treffer nach einer Standardsituation. Antonio Rüdiger unterlief gegen Schottland ein Eigentor per Kopf, nachdem ein Freistoß von Andrew Robertson an mehreren Verteidigern vorbei durch den Strafraum geflogen war.
Offensiv steht bei den Dänen ein Tor nach einer Standardsituation zu Buche. Christian Eriksen erzielte es nach einem Einwurf, den Jonas Wind mit der Hacke weitergeleitet hatte. Die Konzeption hätte von Mads Buttgereit stammen können. Vielleicht war es auch so.