Teamcheck Slowakei
analyse

EM-Teamcheck, Gruppe E Außenseiter Slowakei - wo die Defensive Trumpf ist

Stand: 07.06.2024 14:20 Uhr

Bei der EM-Endrunde setzt die Slowakei auf das taktische Geschick eines Trainers, der lange lieber Kaffee verkaufte. Und auf das Können eines Spielmachers, der auch in Barcelona Eindruck machte.

Für Spektakel wird die Slowakei bei der Europameisterschaft in Deutschland eher nicht sorgen. Seitdem der Trainer Francesco Calzona heißt, hat die Slowakei 16 Spiele absolviert und nur 16 Gegentore kassiert. Sechsmal spielte sie zu Null. Das liegt auch an Stanislav Sobotka, er ist ein Stratege im Mittelfeld, dem die Absicherung ein Anliegen ist.

Ausgangslage

In der EM-Qualifikation wurde die Slowakei in der Gruppe J Zweiter hinter Portugal, holte dort aus 10 Spielen 22 Punkte. Das war ein Erfolg, immerhin hießen andere Gruppengegner etwa Island oder Bosnien-Herzegowina. Doch bei der EM ist die Slowakei in einer Gruppe mit Belgien, der Ukraine und Rumänien - schon das Weiterkommen ins Achtelfinale wäre ein Erfolg.

Trainer

Zum Chef ist Francesco Calzona spät geworden. Der 55-Jährige war in seiner Heimat Italien Co-Trainer von Maurizio Sarri und Luciano Spalletti, beiden assistierte er auch bei der SSC Neapel. Dort spielte der Slowake Marek Hamsik im Mittelfeld. Als die Slowakei im Frühsommer 2022 einen Trainer suchte, empfahl Hamsik Calzona, der noch nie Cheftrainer gewesen war. So hat es begonnen.

Über Calzona gibt es die schöne Geschichte, wie ihn vor 20 Jahren ein kleiner italienischer Klub fragte, ob er nicht Spielertrainer werden wolle. Calzona dachte nach, sagte ab - und empfahl lieber seinen Freund Sarri. So startete dessen Trainerkarriere. Calzona verkaufte lieber Kaffee. Nun ist er doch noch Chef geworden. Zuletzt hatte er sogar einen Doppeljob: Die Slowakei führte er zur EM, gleichzeitig trainierte er Neapel in der Serie A.

In der Slowakei setzen sie nun auch auf Calzonas taktisches Geschick. Die Entwicklung der Nationalmannschaft, hat Mittelfeldspieler László Bénes kürzlich "11Freunde" erzählt, sei eine positive. Was auch an der Arbeit des Trainers liege. Sie hätten zuletzt viel an der Abstimmung in der Defensive gearbeitet und an taktischen Inhalten. Bénes sagte: "Dafür sind italienische Trainer schließlich bekannt."

Superstar

Vor einigen Wochen, als die SSC Neapel im Achtelfinale der Champions League am FC Barcelona gescheitert war, schwärmte der siegreiche Trainer Xavi über einen Unterlegenen. "Er ist ein Spieler, den ich mag, er verliert keine Bälle", sagte Xavi und meinte Stanislav Lobotka. Für seinen Klub Neapel mache Lobotka der 29-Jährige den Unterschied. Einer wie er könne auch für "Barca" spielen.

Lobotka spielt im zentralen Mittelfeld auf der "Sechs". Er hat nicht die Statur eines Zweikämpfers, und in fünf Jahren für Neapel hat er zwei Tore erzielt und zwei vorbereitet. Aber darum geht es nicht. Lobotka ist einer, der den Fußball versteht. Er nimmt das Tempo heraus, wenn es angebracht ist. Er zieht das Tempo an, wenn sich dadurch Vorteile ergeben. Das sieht einfach aus - und ist doch eine Kunst. Für die Slowakei ist er als Stratege unverzichtbar.

Player to watch

Bei Fortuna Düsseldorf hat sich Róbert Boženík als Leihspieler in der Saison 2021/22 nicht etablieren können. In den ersten fünf Spielen traf er zweimal, danach gar nicht mehr. Für einen Angreifer eine unbefriedigende Bilanz. Boženík, 24, war oft nur Joker. Heute spielt er für Boavista Porto und ist dort und auch in der Nationalmannschaft der Slowakei gesetzt. Auf seine Tore hoffen sie bei der EM in Deutschland.

Nice to know

Für die Slowakei als eigenständige Nation ist es die dritte EM-Teilnahme. Sechs Spieler waren schon 2016 und 2021 dabei und stehen auch jetzt wieder im vorläufigen Kader: Patrik Hrošovský, Peter Pekarík, Juraj Kucka, Robert Mak, Ondrej Duda und Milan Škriniar. Gerade Duda hat einen Platz in der Historie der Nationalmannschaft sicher: Er schoss vor acht Jahren gegen Wales das allererste EM-Endrunden-Tor für die Slowakei.

So könnten sie spielen

Calzona lässt im 4-3-3 spielen, wobei in der Defensive manchmal vier gelernte Innenverteidiger spielen. Unklar ist die Besetzung der Rechtsverteidiger-Position. Norbert Gyömbér könnte dort spielen, doch auch Routinier Pekarík, 38, darf hoffen. Ihm vertraute Calzona in der Qualifikation oft.

Slowakei

Slowakei

Im zentralen Mittelfeld bewerben sich mit Kucka, Duda und Bénes drei zentrale Mittelfeldspieler mit unterschiedlichen Profilen um zwei Plätze. Kucka, 37, hat einst in der Serie A 250 Spiele gemacht und für die Slowakei über 100 Länderspiele. Er ist robust und abgeklärt, die defensive Variante. Duda, 29, ist ein Spielmacher mit einem feinen rechten Fuß. Er hat früher Bundesliga für Hertha und Köln gespielt, jetzt steht er bei Hellas Verona in Italien unter Vertrag. Bénes, 26, ist ein ähnlicher Spielertyp, nur nimmt er gerne den linken Fuß. Er spielt beim Hamburger SV.