Nominierung trotz Boykotts Spaniens Spielerinnen streiken weiter - Hermoso meldet sich
Spaniens Fußballerinnen setzen ihren Streik auch nach ihrer Nominierung für die kommenden Spiele fort. Jennifer Hermoso beklagt "Manipulation" von Verbandsseite.
Im Streit um Spaniens Fußball-Weltmeisterinnen hat sich auch Jenni Hermoso zu Wort gemeldet und den Verband RFEF attackiert. Dieser hatte am Montag 15 der streikenden Spielerinnen in den Kader für die kommenden Nations-League-Spiele berufen, ohne erfolgreiche Rücksprache mit diesen.
"Die Spielerinnen sind sich sicher, dass dies eine weitere Strategie der Spaltung und Manipulation ist, um uns einzuschüchtern, mit rechtlichen Konsequenzen und finanziellen Strafen zu drohen", schrieb Hermoso in der Nacht auf Dienstag bei X, vormals Twitter.
Erst Nominierung, dann Streik-Ankündigung
Nach ihrer Nominierung für die ersten beiden Spiele der UEFA Nations League hatten die Nationalspielerinnen um Weltfußballerin Alexia Putellas am späten Montagabend (18.09.2023) mitgeteilt, sie würden ihren Länderspiel-Streik fortsetzen und mit einer Klage gedroht. In dem von Aitana Bonmatí auf X veröffentlichten Kommuniqué heißt es: "(...) unser fester Wille, aus berechtigten Gründen nicht nominiert zu werden (...) bleibt in vollem Umfang gültig."
Wenige Stunden zuvor hatte die neue Nationaltrainerin Montse Tomé vor Journalisten in Madrid noch versichert, sie habe mit den von ihr nominierten Fußballerinnen gesprochen und keine von ihnen habe die Teilnahme an den Begegnungen am Freitag in Schweden sowie am Dienstag darauf daheim gegen die Schweiz verweigert.
Hermoso wurde nicht nominiert
Hermoso selbst fehlt in dem Aufgebot, laut Verband zu ihrem eigenen Schutz. Die 33-Jährige war nach dem gewonnenen WM-Finale in Sydney bei der Siegerehrung von dem mittlerweile zurückgetretenen spanischen Verbandspräsidenten Luis Rubiales ohne ihre Zustimmung übergriffig auf den Mund geküsst worden. Der Fall löste weltweit Empörung aus. Nach langem Widerstand trat Rubiales zurück. Die spanische Justiz leitete Ermittlungen ein.
"Wovor soll ich geschützt werden? Und vor wem?", schrieb Hermoso nun. Schutz durch den Verband habe es in der Vergangenheit nie gegeben. Die Nominierung der Spielerinnen, die ausdrücklich darum gebeten hatten, nicht berufen zu werden, sei nun "ein weiterer Beweis dafür, dass sich nichts geändert" habe.
Absetzung von Verbandsfunktionären gefordert
Bereits am 25. August hatten die Weltmeisterinnen und weitere Spielerinnen angekündigt, unter der aktuellen Verbandsspitze nicht mehr für ihr Land antreten zu wollen. Damals war Rubiales noch im Amt. Am vergangenen Freitag bekräftigten 21 der 23 Weltmeisterinnen ihren Streik und forderten unter anderem auch die Absetzung von RFEF-Interimschef Pedro Rocha und weiterer Funktionäre, die Rubiales nahestehen.
Der Verband hatte den streikenden Spielerinnen nach Medienberichten am Sonntag personelle Änderungen in der Organisation angeboten, ihnen gleichzeitig aber auch ein Ultimatum gestellt, das in der Nacht von Sonntag auf Montag um 0 Uhr ablief. Demnach drohte der RFEF mit Geldstrafen und mehrjährigen Sperren für jene Spielerinnen, die sich weigern sollten, für "La Roja" anzutreten. Eine offizielle Bestätigung für diese Information gibt es bislang nicht.
Solidarität mit Kolleginnen
"Ich möchte erneut meine volle Unterstützung für meine Kolleginnen zum Ausdruck bringen, die nun wieder gezwungen sind, auf eine unglückliche Situation zu reagieren", schrieb Hermoso weiter. Diese sei "von den Menschen ausgelöst" worden, "die in der RFEF weiterhin die Entscheidungen treffen".
Spanische Sportbehörde will schlichten
Auch die Regierung hat sich in die aktuelle Diskussion eingemischt. Víctor Francos, Präsident der obersten spanischen Sportbehörde CSD, kündigte Gespräche und einen Schlichtungsversuch an. Sollte dieser scheitern, kündigt er Konsequenzen an. "Wenn die Spielerinnen nicht antreten, muss die Regierung, so leid es mir tut, handeln und dem Gesetz Geltung verschaffen", sagte Francos dem spanischen Radiosender El Larguero am späten Montagabend.
Dem spanischen Sportgesetz zufolge stellt die Weigerung, trotz Nominierung nicht anzutreten, eine besonders schwere Verfehlung dar, die Geldstrafen zwischen 3000 und 30 000 Euro sowie Sperren von mehreren Jahren nach sich ziehen kann.
Unterstützung erhielten die Spielerinnen von Sportminister Miquel Iceta: "Wir fordern den Verband auf, die Strukturen zu ändern, damit er ein Ort der Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Professionalität ist. Darauf haben die Spielerinnen und die spanische Bevölkerung ein Recht."
Mindestens elf streikende Spielerinnen beim Teamhotel
Am Dienstag beugten sich aber mindestens elf der fünfzehn nominierten Weltmeisterinnen dem Druck des Königlich Spanischen Fußballverbandes RFEF, und traten bei der Nationalelf an. Torhüterin Misa Rodriguez macht dabei keinen Hehl aus ihrer Stimmungslage. Auf die Reporterfrage, ob sie glücklich sei, hier zu sein, hatte sie eine kurze Antwort parat: "Nein". Weltfußballerin Alexia Putellas, die ebenfalls dem Druck nachgab, antwortete auf dem Flughafen von Barcelona auf die Frage, wie sie sich fühle: "Schlecht".
Die spanischen Fußball-Nationalspielerinnen befinden sich zum Großteil gegen ihren Willen im Trainingscamp des Weltmeisters. Dies stellte Barca-Verteidigerin Mapi Leon nach der Ankunft am Flughafen von Valencia vor der Weiterreise zum Teamquartier Reportern gegenüber klar. "Wir sind gezwungen worden, hierhin zu kommen. Aber wenn sie uns bestrafen wollen, dann müssen wird eben kommen", sagte die 28-Jährige, die nicht zum siegreichen WM-Team gehört hatte: "Wir können ausgiebig darüber diskutieren, ob wir hier an einem sicheren Ort sind, wenn wir doch gezwungen wurden, hier zu sein."