Karl-Heinz Rummenigge steht in der Kritik.

Übergriff gegen Hermoso "Inakzeptabel" - Kritik an Rummenigges Unterstützung für Rubiales

Stand: 30.08.2023 20:40 Uhr

Immer mehr Frauen im Fußball kritisieren Karl-Heinz Rummenigge dafür, dass er den sexuellen Übergriff von Spaniens Verbandspräsident Luis Rubiales gegen Jennifer Hermoso verteidigt hat. Der DFB äußert sich nicht zu seinem Gremienmitglied.

Nationalmannschaftkapitänin Alexandra Popp kritisierte Rummenigges Aussagen scharf. "Ich habe nur mit dem Kopf geschüttelt", sagte Popp bei der NDR-Talkshow "DAS!". "Dass sowas dann auch noch aus der deutschen Riege kommt, schockiert mich, schockiert mich wirklich."

Popp sei von den Bildern "sehr erschrocken" gewesen. "Eine Frau so zu untergraben vor Milliarden von Augen, ist einfach brutal. Ich glaube, wir sind mittlerweile in einem Jahrhundert, wo so etwas einfach, gerade auf solchen Positionen, nicht mehr sein darf", so die Stürmerin vom VfL Wolfsburg.

Der spanische Verbandspräsident Luis Rubiales hatte nach dem gewonnenen WM-Finale die Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund geküsst. Einvernehmlich sei das geschehen, betont Rubiales, Hermoso sagte mehrfach, dass dies nicht der Fall sei. Mittlerweile hat die FIFA Rubiales vorläufig suspendiert, die Staatswaltschaft in Madrid hat sich zudem eingeschaltet. Rummenigge hatte Verständnis für Rubiales' Verhalten geäußert. "Wenn man Weltmeister wird, ist man emotional. Und was er da gemacht hat, ist - sorry, mit Verlaub - absolut okay", hatte Rummenigge gesagt. Außerdem sei im Fußball Emotionalität wichtig, man solle die "Kirche im Dorf lassen".

Ex-Nationalspielerin Peter: "Unangemessen und inakzeptabel"

Die frühere deutsche Nationalspielerin Babett Peter äußerte sich ebenfalls deutlich zu den Worten Rummenigges. "Unangemessen, unnötig und inakzeptabel für einen Mann mit seiner Erfahrung und in seiner Rolle, in der er über Jahrzehnte wichtige Funktionen im internationalen Fußball innehatte", sagte Peter der "Sport Bild".

Rummenigge stehe beim FC Bayern auch für das Frauen-Team des Klubs. "Das Zeichen, das er mit seiner total missratenen Aussage auch gegenüber den eigenen Spielerinnen gesendet hat, besorgt mich", sagte die Weltmeisterin von 2007.

Die ehemalige deutsche Nationalspielerin Babett Peter

Die ehemalige deutsche Nationalspielerin Babett Peter

Mit Inka Grings äußerte sich bei WDR 5 eine weitere frühere Nationalspielerin zu Rummenigges Worten. Auf die Frage, ob man Rummenigge diese Aussage durchgehen lassen könne, sagte sie: "Auf gar keinen Fall. Das spricht bei allem Respekt für solch einen Charakter." Solch eine Aussage finde sie inakzeptabel, sagte die Schweizer Nationaltrainerin.

Sandra Schwedler, Aufsichtsratsvorsitzende des FC St. Pauli, nannte Rummenigges Worte "verheerend". Die Aussagen würden zeigen, "wie dramatisch eigentlich die Situation ist, an dieser Stelle nicht das Reflexionsvermögen zu besitzen".

Und Nationaltorhüterin Almuth Schult schrieb in einem Gastbeitrag für das Redaktionsnetzwerk Deutschland in Bezug auf eine ähnliche Aussage von Lothar Matthäus: "Es ist ein Stück weit typisch für die Blase Fußball, in der oft andere Maßstäbe herrschen und es häufig um den Impuls geht, seine Kollegen zu stützen und zu schützen."

Luis Rubiales, Präsident des spanischen Fußballverbands

Luis Rubiales, Präsident des spanischen Fußballverbands

DFB äußert sich nicht zum Mitglied der Task Force Nationalmannschaft

Karl-Heinz Rummenigge ist nicht nur Mitglied im Aufsichtsrat des FC Bayern und im UEFA-Exekutivkomitee, in dem auch Rubiales sitzt. Rummenigge war von DFB-Präsident Bernd Neuendorf nach der Männer-WM in Katar in die Task Force Nationalmannschaft berufen worden.

Wie Rummenigge kam DFB-Präsident Bernd Neuendorf in der vergangenen Woche am Rande einer Veranstaltung von "Sport Bild" zu Wort. "Ich habe mir vorgestellt, man wäre in einer ähnlichen Situation: Ich glaube, ich hätte nicht so gehandelt", sagte Neuendorf der Deutschen Presse-Agentur. Auf eine Anfrage der Sportschau, wie er die Aussage von Rummenigge bewertet und ob er sogar Konsequenzen erwägt, verwies der DFB auf das Zitat von Neuendorf.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf

DFB-Präsident Bernd Neuendorf: "Hätte mich anders verhalten."

Mannschaftsrat des deutschen Teams: "Es ist traurig"

Ausführliche Worte kamen aber sehr wohl aus dem DFB. Der Mannschaftsrat der Nationalmannschaft der Frauen - bestehend aus Alexandra Popp, Svenja Huth, Sara Däbritz, Lena Oberdorf, Lina Magull und Almuth Schult - äußerte sich deutlich. "Solch ein Verhalten ist nicht akzeptabel", hieß es in einer Stellungnahme zum erzwungenen Kuss von Rubiales. "Und noch weit untragbarer ist, es auch noch herunterzuspielen. Es ist traurig, wenn auch in der deutschen Fußballwelt noch nicht alle aufgeklärt genug sind, das einschätzen zu können."

Der letzte Satz dürfte Rummenigge und anderen Männern im deutschen Fußball gewidmet sein, die Rubiales verteidigten. Die Erklärung wurde von mehreren Nationalspielerinnen auf ihren privaten Instagramprofilen veröffentlicht. Der DFB verbreitete die Mitteilung über seine Kanäle nicht.

Lena Oberdorf gehört zum Mannschaftsrat des Frauen-Nationalteams

Lena Oberdorf gehört zum Mannschaftsrat des Frauen-Nationalteams

Ex-DFB-Präsident Grindel unterstützt Rummenigge

Der frühere DFB-Präsident Reinhard Grindel nahm Rummenigge gegen Kritik in Schutz. "Bei Rummenigge muss man sehen: Der sitzt mit Rubiales im UEFA-Exekutivkomitee. Und der Rummenigge ist ein ganz loyaler Mann. Der ist anständig, durch und durch. Aber er mag nicht öffentlich den Eindruck erwecken, jemandem da was reinzudrücken", sagte Grindel der Deutschen Presse-Agentur.

"Ich könnte mir vorstellen, dass er das heute anders formulieren würde. Aber ich sehe diese Äußerung mehr als ein Ausdruck von Loyalität gegenüber einem Kollegen, mit dem er zusammen an einem Tisch sitzt, als eine Verharmlosung der Sache selbst", sagte Grindel.

Reinhard Grindel nimmt Karl-Heinz Rummenigge in Schutz.

Reinhard Grindel nimmt Karl-Heinz Rummenigge in Schutz.