Jahresrückblick 2023 Der Trainerwechsel des Jahres - von Flick zu Nagelsmann
Erstmals in der Geschichte des DFB ist ein Bundestrainer entlassen worden. Nach Hansi Flick ist Julian Nagelsmann gekommen, die Zweifel rund um Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft sind auch am Ende des Jahres geblieben.
Die sporthistorisch bedeutendste Stunde für Deutschland im Jahr 2023 war die am 10. September zwischen 16 und 17 Uhr. Das wäre sie auch ohne Dazutun des Fußballs geworden, denn in Manila auf den Philippinen wurden die Basketballer erstmals Weltmeister.
Um 16.40 Uhr deutscher Zeit liefen die Eilmeldungen vom Finalsieg gegen Serbien über den Nachrichtenticker, der 14 Minuten vorher schon Dringliches gemeldet hatte. "HANSI FLICK ALS BUNDESTRAINER ENTLASSEN (OFFIZIELL)", titelte der Sport-Informationsdienst.
Damit war offiziell Sportgeschichte geschrieben worden, denn der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der seit dem Jahr 1900 existiert und 1926 erstmals einen Cheftrainer für seine Eliteauswahl berief, hatte noch nie zuvor einen solchen Cheftrainer entlassen beziehungsweise freigestellt, wie es arbeitsrechtlich korrekt heißt.
Eine verhängnisvolle Doku des Scheiterns
Hansi Flick ist auch der erste Bundestrainer, der mit einer Nationalmannschaft nie über die Gruppenphase eines großen Turniers hinauskam. Das Scheitern bei der Weltmeisterschaft in Katar hatte dem DFB längst nicht zur Freistellung gereicht. Der Verband mit Präsident Bernd Neuendorf an der Spitze und einer sehr einflussreichen Task Force als Einflüsterer schwor Flick zunächst die Treue und hielt ihn für geeignet, die auch gesellschaftlich und wirtschaftlich eminent wichtige Europameisterschaft 2024 sportlich zu verantworten.
Nachträglich wurde das Aus in Katar ihm aber doch noch zum Verhängnis, denn das Scheitern war hautnah von einem Filmteam begleitet und Monate später gesendet worden. Zwei Tage nach den Graugänsen flog dann auch Hansi Flick. Vordergründig war ein 1:4 in Wolfsburg gegen Japan dafür verantwortlich, aber der graue, hilflose Eindruck, den der Bundestrainer in der Doku der Reihe "All or Nothing" für jeden sichtbar hinterließ, dürfte bei der sporthistorischen Entscheidung eine wichtige Rolle gespielt haben.
"Die Gremien waren sich einig, dass die A-Nationalmannschaft der Männer nach den zuletzt enttäuschenden Ergebnissen einen neuen Impuls benötigt. Wir brauchen mit Blick auf die Europameisterschaft im eigenen Land eine Aufbruchstimmung und Zuversicht", wird Neuendorf in der Mitteilung vom 10. September zitiert.
Zunächst gefiel dem DFB die Richtung
Es ging in den Tagen danach in eine Richtung, die dem DFB gefiel. Mit Rudi Völler als Interims-Rudi gewann die Nationalmannschaft gegen Frankreich, mit dem neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann gewann sie in den USA gegen die USA und erreichte gegen Mexiko ein Unentschieden.
Nagelsmann hatte versprochen, seinen Arbeitsstil den Gegebenheiten anzupassen, die beim DFB nun mal vorsehen, deutlich weniger Zeit für die Arbeit auf dem Trainingsplatz zu haben als bei einem Verein.
Dann kam das erste Länderspiel mit Nagelsmann in Deutschland, und es wurde kompliziert - in jeder Hinsicht. Nach der Niederlage gegen die Türkei gab es eine weitere in Österreich, eine sehr ernüchternde, die eine Stimmung hervorrief, die weder die Vokabel "Aufbruch" noch "Zuversicht" kennt.
Da erst im März 2024 wieder Fußball gespielt wird, nutzte Nagelsmann einen Auftritt im "Sportstudio" des ZDF, um zu versichern, dass es nun aber wirklich unkompliziert werde, dass nun aber wirklich nicht mehr experimentiert werde, und dass Manuel Neuer vermutlich bei der EURO 2024 im Tor stehen wird.
Vom DFB wurde bekannt, dass er kein externes Filmteam beim Turnier zulassen wird.