FIFA WM 2022 Solidarität mit Protesten - Irans Spieler schweigen bei Nationalhymne
Die Nationalmannschaft des Iran setzt vor dem WM-Spiel gegen England ein Zeichen gegen das Regime in ihrem Heimatland. Auch die Fans ziehen mit, das iranische Fernsehen schaltet ab.
Die Spieler der iranischen Nationalmannschaft haben im Vorfeld ihres WM-Auftaktspiels gegen England (2:6) ein Zeichen der Solidarität mit der Protest-Bewegung in ihrem Heimatland gesetzt. Während des Abspielens der Nationalhymne schwiegen die Spieler und schickten so eine stumme Botschaft der Unterstützung in ihr Heimatland.
Bereits bei einem Testspiel gegen den Senegal im September hatte die Mehrheit der Spieler darauf verzichtet, bei der Hymne mitzusingen. Zudem trug die Mannschaft damals schwarze Jacken, um nationale Symbole zu verdecken.
Da auch die iranischen Basketballer, Wasserballer und Sitzvolleyballer zuletzt das Mitsingen bei der Hymne verweigert hatten, hatten Journalisten aus dem Iran genau dieses Zeichen des Teams erwartet.
Iranisches Fernsehen unterbricht Übertragung
Der iranische Staatssender unterbrach die Live-Übertragung bei der Hymne. Den Spielern könnten nun Konsequenzen drohen. Im Iran war spekuliert worden, dass sie möglicherweise gesperrt werden, sollten sie bei der Hymne schweigen.
Vor der Partie hatten auch einzelne Fans ihre Unterstützung für die Proteste im Iran ausgedrückt. Rund um und im Chalifa-International-Stadion waren immer wieder Anhänger mit iranischen Trikots und der Aufschrift "Frauen, Leben, Freiheit" zu sehen. Laut eines Berichts der New York Times soll es jedoch auch Fälle gegeben haben, in denen protestierenden Fans der Zutritt zum Stadion verwehrt worden sein soll. Demnach seien iranische Anhänger mit persischen Flaggen oder anderen Anti-Iran-Botschaften am Eingang abgewiesen worden.
Erste Solidaritäts-Bekundung schon auf der PK
Irans Nationalmannschafts-Kapitän Ehsan Hajisafi hatte sich schon auf der Pressekonferenz mit den Protesten in seinem Heimatland solidarisiert und damit ein erstes Zeichen gesetzt. "Im Namen des Gottes des Regenbogens", sagte er und richtete dann einige Worte direkt an die trauernden Familien im Iran.
"Sie sollen alle wissen, dass wir bei ihnen sind und sie unterstützen. Wir leiden mit ihnen." Der Gott des Regenbogens ist im Iran zu einem Symbol für Kian Pirfalak geworden, der von Einsatzkräften des Regimes erschossen wurde.
Irans Trainer Carlos Queiroz bat derweil nach dem Spiel darum, sein Team nicht ständig mit den Protesten im Iran zu konfrontieren. "Moralisten und Lehrer, lasst die Kids das Spiel spielen. Sie wollen einfach nur das Spiel spielen", sagte er. Es sei nicht korrekt, die Nationalspieler nach Dingen zu fragen, "für die sie nicht können". Die iranische Mannschaft sei in Katar, "um den Leuten in der Heimat Stolz und Freude zu geben".
Proteste laufen seit mehr als zwei Monaten
Seit die Kurdin Mahsa Amini am 16. September wegen eines falsch getragenen Kopftuchs ("Hijab") von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen worden war und später im Krankenhaus starb, wird in vielen Städten des Iran protestiert, die Einsatzkräfte des Regimes gehen mit großer Härte gegen die Menschen vor.
Die Nichtregierungsorganisation Iran Human Rights zählte bis zum 19. November 379 Tote, darunter 47 Kinder und 27 Frauen. Dabei geht die Organisation davon aus, dass die tatsächliche Zahl höher ist. Am Sonntag hatte es zudem das insgesamt sechste Todesurteil seit Beginn der Proteste gegeben.