FIFA WM 2022 Deutschlands Co-Trainer Danny Röhl - "Haben alle einen Traum"
Glaube kann Berge versetzen und Großes entstehen lassen. Genau darauf setzt die deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Katar.
Als er die Favoriten auf den Weltmeistertitel aufzählt, verzichtet Danny Röhl auf Deutschland. Bewusst? Der Co-Trainer von Hansi Flick, der seine erste WM erlebt, ist kein Sprücheklopfer, umschifft auch die Frage nach der für ihn erfolgreichen Weltmeisterschaft gekonnt wie ein alter Hase. Dabei ist Röhl gerade 33 Jahre alt, auf seinem Gebiet aber schon ein Fuchs. Er begleitete das Projekt RB Leipzig seit der ersten Stunde, machte Erfahrungen in der Premier League und gewann an der Seite von Hansi Flick beim FC Bayern München das Triple.
Ziel: Fans begeistern
Gemeinsam mit Flick und Co-Trainer Marcus Sorg soll die Erfolgsstory jetzt bei der deutschen Nationalmannschaft weitergeschrieben werden. "Wir haben alle einen Traum, an den wir glauben. Wir wissen, dass viel passieren kann und man sich in der einen oder anderen Situation auch das Glück erarbeiten muss", sagte Röhl kurz vor dem Auftakt gegen Japan (Mittwoch, 23.11., 14 Uhr live, ARD) im Sportschau-Interview.
Er wollte sich bei der Zielstellung nicht auf eine Platzierung festlegen. "Wenn unser Weg stimmt, wie wir Fußball spielen wollen und die Menschen sagen: 'He, die Deutschen spielen gut und erfolgreich, es macht Spaß zuzuschauen', dann sind wir zufrieden." Logisch, dass das nur passieren wird, wenn die DFB-Elf auch in den K.o.-Spielen für Furore sorgen wird.
Mit Teamgeist zum WM-Flow
Die Nationalspieler mussten extrem schnell vom Bundesliga-Alltag und der Champions League zur WM umswitchen. Es blieb nicht so viel Zeit, wie in einer sonst üblichen, ausgedehnten WM-Vorbereitung. Im Fokus stehen beim Trainerteam deshalb andere Dinge. Neben den taktischen Inhalten "geht es jetzt vor allem auch darum, die Gruppe einzuschwören. Wir wollen einen gemeinsamen Glauben an die Sache entwickeln und die Spieler zusammenbringen. Das ist die größte Herausforderung", so Röhl, der von einer guten Atmosphäre spricht: "Ich bin überzeugt, da wächst was zusammen."
Röhl: "Ich schlafe absolut ruhig"
Die Bedingungen im Hotel befeuern den Teamgeist, lassen Platz und Raum für Spaß abseits des Rasens. Basketball, Padel-Tennis oder Yoga - das Spektrum ist abwechslungsreich. Das Trainerteam gebe nichts vor, lasse den Jungs Freiheiten, denn "eine Teamdynamik muss sich entwickeln und kann nicht aufgesetzt werden. Das muss von innen heraus kommen", so Röhl, der weiß, dass Harmonie eine Mannschaft durch ein Turnier tragen kann. Röhl ist seit der Wende der erste Ostdeutsche im Trainerstab der A-Nationalmannschaft und WM-Debütant. "Die Anspannung wird von Tag zu Tag größer, aber ich schlafe noch absolut ruhig", lacht er.
Startelf: Bisher nur Gedankenspiele
Für Deutschland und Japan geht es im Auftaktspiel der WM richtig zur Sache, in einer Gruppe mit Spanien wären die Aussichten auf das Achtelfinale bei einer Niederlage schon arg eingetrübt. In den wenigen Tagen vor dem Start mache man sich natürlich mehr Gedanken über den Gegner. Es werde mehr diskutiert. Auch über die Startelf, die Japan vor Probleme stellen soll.
Festgelegt haben sich Hansi Flick und seine Co-Trainer noch nicht. "Es gibt natürlich Gedankenspiele, aber zu früh festlegen, ist nicht immer gut als Trainer", sagt Röhl, der gemeinsam mit dem Trainerteam den Auftaktgegner in allen Facetten studiert hat. In erster Linie schaue man bei aller Gegnervorbereitung und Videostudium aber auf das eigene Team. "Wir wollen unsere Spielprinzipien gut auf den Platz bringen", fordert Röhl und meint damit hohes Pressing, frühe Ballgewinne, schnelles Spiel mit viel Aktivität und Tiefgang hinter die letzte Linie.
Röhl und Flick - mit einem Anruf fing alles an
Für jene Spielphilosophie steht das deutsche Trainertrio, von dem Röhl schwärmt: "Wir haben ein phantastisches Trainerteam, in dem wir uns alle gut ergänzen und einbringen können, mit einem phantastischen Cheftrainer an der Spitze, der uns gut führt und voll mitnimmt." Der gebürtige Zwickauer ist seit Jahren die rechte Hand von Flick. Den ersten Kontakt gab es am Telefon. Flick rief Röhl während einer Amerika-Reise der Bayern an. Schon beim ersten Treffen war klar, dass beide ähnlich ticken. Die Zusammenarbeit wurde in München Woche für Woche vertrauter, die Sympathie füreinander größer.
Schreibt Flick Geschichte?
Was bei Bayern klappte, soll jetzt auch bei der Nationalmannschaft fruchten. Gewinnt die DFB-Elf tatsächlich den WM-Titel, würde Hansi Flick auf den Spuren von Jupp Derwall wandeln. Der 2007 verstorbene Fußballlehrer wurde in seinem ersten Turnier als verantwortlicher Cheftrainer prompt Europameister. Das war 1980. 2022 könnte Flick mit dem Titel "Weltmeister" noch einen draufsetzen. Warum das möglich ist? Röhl: "... weil wir eine extrem gute Mannschaft hier haben, mit gutem Spirit und einem großen Glauben. Mit so einer Gemeinschaft kann man viel erreichen." Oder eben Berge versetzen...