FIFA WM 2022 Argentinien schafft es in irrem Duell gegen Niederlande ins WM-Halbfinale
Erst ein magischer Messi, dann der doppelte Weghorst, am Ende jubelt Messi. Nach über 120 Minuten plus Elfmeterschießen hat Argentinien ein spektakuläres WM-Viertelfinale gegen die Niederlande mit 4:3 im Elfmeterschießen für sich entschieden. Argentinien und Kroatien spielen damit um einen Platz im Finale.
Louis van Gaal holte sich vor dem Spiel im WM-Viertelfinale am Freitag (09.12.2022) gegen Argentinien deutsche Unterstützung. Der niederländische Bondscoach fragte Bastian Schweinsteiger, der schon zwei Partien der "Albiceleste" im Stadion gesehen hatte, um Rat - zuvor hatte der Sportschau-Experte ihm schon vor dem Achtelfinale gegen die USA (3:1) geholfen.
Scaloni stärkt für Messi die Defensive
"Er weiß, dass ich eben die USA öfter live gesehen habe oder auch jetzt Argentinien. Da hat er mich natürlich auch gefragt, was meine Auffassung ist oder er hat mich nach Tipps gefragt. Ich habe ihm die gegeben. Mal schauen, wie das Spiel wird. Wenn es gut wird, lag es daran", sagte Schweinsteiger.
Einer seiner Tipps war, die fehlende Defensivarbeit von Lionel Messi für sich zu nutzen. Argentiniens Coach Lionel Scaloni ahnte das offenbar, nahm im Vergleich zu den vorherigen Spielen noch einen Offensivspieler aus der Startelf, wodurch acht Argentinier dem Superstar den Rücken freihalten sollten. Entsprechend neutralisierten sich die beiden Mannschaften in der Anfangsphase, Chancen gab es in den ersten 34 Minuten keine.
Der Pass eines Ausnahmekünstlers
Doch dann kam der geniale Moment von einem der genialsten Fußballspieler der Geschichte. Messi bekam tief im Mittelfeld den Ball und spielte einen sagenhaften Pass auf Nahuel Molina, der mit der Fußspitze das 1:0 für Argentinien erzielte (35. Minute). Es war das einzige Highlight einer intensiven, aber sonst recht zähen Partie - aber dafür eines, das es in sich hatte.
Messi machte damit nicht nur etwas, um seinen Traum vom ersten WM-Titel zu erfüllen. Es war sein 24. Einsatz und auch ihm war vor der Partie klar, dass er bei einem Halbfinaleinzug mit Rekordspieler Lothar Matthäus (25 WM-Spiele) gleichziehen würde, bei einem Finale sogar zur alleinigen Nummer eins bei Weltmeisterschaften wird.
Argentinische Defensive unüberwindbar
Argentinien, ohnehin schon taktisch recht defensiv ausgerichtet, baute im Anschluss sein Bollwerk aus. Die letzte Reihe um Altstar Nicolas Otamendi ist eine der Abwehrketten mit der geringsten Durchlässigkeit in diesem Turnier - das mussten auch die Niederländer am Freitag erfahren. Sie hatten den Ball, probierten sich Richtung Tor zu arbeiten, scheiterten immer wieder aber schon frühzeitig.
Wenn es gefährlich wurde, was recht selten der Fall war, war es nach argentinischen Angriffen - mit Messi in der Hauptrolle. In der 63. Minute setzte der 35-Jährige einen Freistoß aus 20 Metern auf das Tornetz. Er selbst holte nach tollem Dribbling selbst diese Standardsituation heraus, wurde von Virgil van Dijk gefoult.
Messi zieht mit Rekordtorjäger Batistuta gleich
Der nächste Versuch von Messi landete dann aber im Tor. Nach einem Foul von Denzel Dumfries an Marcos Acuna gab es Elfmeter, und bei seinem dritten Strafstoß in diesem Turnier war Messi zum zweiten Mal erfolgreich, machte das 2:0 für Argentinien (73.). Es war bereits seine sechste Torbeteiligung bei diesem Turnier (vier Treffer, zwei Vorlagen). Nur Kylian Mbappé (sieben Scorerpunkte) war bisher erfolgreicher.
Insgesamt war es bei Messis fünfter WM-Teilnahme das zehnte Tor. Damit zog er in der argentinischen Rangliste mit Spitzenreiter Gabriel Batistuta gleich, der bei Weltturnieren ebenfalls zehnmal getroffen hat. Messis Tor deutete zu diesem Zeitpunkt an, dass er noch mindestens im Halbfinale die Gelegenheit haben würde, nachzulegen. Denn die Südamerikaner sahen wie der sichere Sieger aus.
Niederlande kommen ran - und gleichen genial aus
Von den Niederlanden kam offensiv lange nichts. Dann gelang Louis van Gaal, der nach dem Turnier als Bondscoach von Ronald Koeman abgelöst wird, der entscheidende Kniff. Der 71-Jährige brachte mit Luuk de Jong und Wout Weghorst zwei hochgewachsene ehemalige Bundesligastürmer in die Partie, setzte voll auf hohe Bälle - und hatte Erfolg damit.
Weghorst erzielte nach einer Flanke von Steven Berghuis den Anschlusstreffer und gab seiner Mannschaft wieder Hoffnung (83.). Und in der elften Minute der Nachspielzeit jubelte der Ex-Wolfsburger schon wieder. Nach einer genialen Freistoßvariante drückte Weghorst den Ball mit der Pike über die Linie und rettete sein Team in die Verlängerung.
Argentinien fehlen nur Zentimeter zum Sieg nach Verlängerung
Im Zuge der spektakulären Wende hatte sich in der Schlussphase ein extrem erhitztes Spiel entwickelt. Insgesamt 13 Gelbe Karten zeigte Schiedsrichter Antonio Mateu Lahoz bis zum Anpfiff der Verlängerung. In der legte sich die Aufregung wieder ein wenig. Argentinien fand zurück in die Partie, zu großen Chancen kamen beide Teams in den ersten 15 Minuten jedoch nicht.
Im zweiten Durchgang der Verlängerung hatte Lautaro Martinez für Argentinien den Sieg auf dem Fuß. Van Dijk blockte seinen Versuch aber noch vor der Linie (114.). Kurz darauf landete ein abgefälschter Fernschuss von Enzo Fernandez auf dem Tornetz (115.). In der 119. Minute musste Niederlande-Torhüter Andries Noppert dann noch einen Martinez-Versuch stark parieren, riesiges Glück hatte die "Elftal" kurz darauf beim Pfostenknaller von Fernandez (120.+1). Wie bei den drei Verlängerungen zuvor in diesem Turnier ging es auch diesmal ins Elfmeterschießen.
Martinez wird zum Helden
Da ging es für die Niederlande denkbar schlecht los. Van Dijk scheiterte an Emiliano Martinez, Messi legte dann cool für Argentinien vor. Martinez sorgte mit seiner zweiten Parade gegen Berghuis für die Vorentscheidung, für Argentinien schoss Leandro Paredes unhaltbar zum 2:0 ein. Die nächsten drei Schützen trafen - dann schoss Fernandez am Tor vorbei und vergab den ersten Matchball. Luuk de Jong glich aus und baute so Druck auf Lautaro Martinez auf, der das Halbfinale für Argentinien auf dem Fuß hatte. Der Stürmer traf - der Rest war argentinische Glückseligkeit.
Van Gaal hört als Bondscoach auf
Für den ehemaligen FC-Bayern-Trainer Louis van Gaal war es das letzte Spiel als Bondscoach der niederländischen Nationalmannschaft. "Ich werde als Nationaltrainer nicht weitermachen, das war mein letztes Spiel in meiner dritten Amtszeit", sagte er nach dem Spiel auf der Pressekonferenz.
"Ich bin unglaublich stolz. Ich hatte eine fantastische, wunderbare Zeit. Das ist das zweite Mal, dass wir bei der WM gegen Argentinien im Elfmeterschießen scheitern, mit demselben Trainer", so van Gaal weiter: "Ich hinterlasse eine exzellente Gruppe. Eine Mannschaft, die sehr eng zusammengewachsen ist, einen hervorragenden Teamgeist hat und fußballerisch stark ist."