Leverkusens Florian Wirtz, Amine Adli, Victor Boniface und Jonas Hofmann gucken enttäuscht
analyse

Nach enttäuschendem Remis Die Luft scheint raus bei Titelverteidiger Bayer 04

Stand: 13.04.2025 10:54 Uhr

Langsames Spiel, kaum Torchancen, viele Spieler, die nach ihrer Form suchen. Im Saisonendspurt scheint Bayer 04 Leverkusen die Luft auszugehen.

Sein Blick ging immer wieder hilfesuchend zur Außenlinie. Lukas Hradecky wollte in den letzten Sekunden des Spiels gegen Union Berlin im gegnerischen Strafraum mithelfen, den Ball irgendwie über die Torlinie zu drücken. Aber die Erlaubnis von Trainer Xabi Alonso blieb aus. Und so musste der Torhüter leidvoll aus der Distanz mit ansehen, wie seine Kollegen vor allem an sich selbst scheiterten - und damit die Chance auf die Titelverteidigung wohl verspielten.

"Ich war bereit", sagte Hradecky und garnierte diese Formulierung mit einem einem lauten Lachen nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Union Berlin. "Aber mit dem Ball hätte ich dann auch nichts anfangen können." Und obwohl er der loyale Hradecky dies nicht wollte, stellte er damit eine Diagnose des jüngsten Leverkusener Scheiterns.

Leichtigkeit ist verschwunden

Die Werkself hat es in den vergangenen Wochen auf für sie ungewöhnliche Weise verpasst, sich an die Tabellenspitze zu setzen - und dies, obwohl der FC Bayern die Möglichkeit dazu angeboten hatte. Die jüngste Heimniederlage gegen Werder Bremen und jetzt das erneut enttäuschend zustande gekommene Remis gegen Union Berlin verhindern wohl den erneuten Triumph.

Es hapert seit einigen Wochen im kreativen, fußballerischen Bereich bei der Werkself. Gerade im Angriff, wo in der vergangenen Spielzeit noch Ideen im Überfluss entstanden waren und der Ballführende stets mehrere Anspielmöglichkeiten hatte, stottert der Leverkusener Motor. Die Leichtigkeit sowie die vollständige Überzeugung, jeden Gegner in seine Schranken weisen zu können, sind nicht mehr gegenwärtig. Und daran hätte auch Hradecky nichts ändern können.

Ernüchterung bei den Verantwortlichen

Und: Das schnelle, variantenreiche Spiel ist einem häufig wenig effektiven und vor allem viel zu langsamen Ballgeschiebe im Mittelfeld gewichen. Der so oft bestaunte und berauschende One-Touch-Fußball der Vorsaison ist scheinbar spurlos verschwunden.

"Wir bekommen momentan nicht genug Tempo in unser Spiel", sagte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes nach der Partie gegen die über weite Strecken destruktiv agierenden Berliner. "75 Prozent Ballbesitz ohne Tempowechsel bedeuten für mich nichts. Nur drei Torschüsse, das ist viel zu wenig", urteilte Alonso, der ebenfalls sichtlich ernüchtert über die Vorstellung seines Teams war.

Sportschau, 12.04.2025 19:48 Uhr

Formkurven vieler Spieler zeigen nach unten

Das alles, was im Double-Jahr so selbstverständlich wie die Last-Minute-Tore war, ist schlicht nicht mehr vorhanden. Das Problem der Leverkusener ist also ausgemacht - die Ursachen dagegen vielfältig. Und die sind nicht allein in der zuletzt verletzungsbedingten Abwesenheit von Florian Wirtz suchen.

Vor allem die Formkurven einiger Spieler zeigen seit einiger Zeit nach unten. Nachdem in der Vorsaison gefühlt alle Bayer-Profis in nahezu jedem Spiel an ihre Leistungsgrenze gehen konnten, ist kaum zu übersehen, wie sehr einige wichtige Akteure seit einiger Zeit nach ihrer Form suchen.

Von der Abwehr bis in den Sturm - von Jonathan Tah über Alejandro Grimaldo, von Granit Xhaka über Exequiel Palacios, von Nathan Tella über Jeremie Frimpong. Diese Liste der Suchenden ließe sich mühelos fortsetzen. "Unsere Energie ist im Moment nicht die beste", sagte Alonso. Die Luft scheint raus zu sein bei Bayer 04.

Ohne Wirtz nichts los

Dass mit Wirtz einer kreativsten Spieler der Bundesliga zuletzt ausfiel, hat der Mannschaft nicht zuletzt aufgrund der Leistungsdellen der Kollegen intensiver geschadet, als es zu erwarten war. Denn das Alonso-Team suchte eben diese spielerischen Lösungen geradezu händeringend, die der 21-Jährige so verlässlich abgeliefert hatte - und es war nie in der Lage, diesen Ausfall zu kompensieren.

Das blamable Halbfinal-Pokalaus gegen Drittligist Arminia Bielefeld, der schwache Auftritt beim FC Heidenheim (1:0) in der Bundesliga und nun das torlose Remis gegen die Berliner waren allesamt Belege für das kollektive Formtief und auch für die Ratlosigkeit der Werkself. "Mit Florian sind wir eine bessere Mannschaft", sagte Alonso am Samstagnachmittag. Dass seine Mannschaft allerdings so abhängig vom 21-Jährigen ist, dürfte den Coach ernsthaft beunruhigen.

Kaum noch Titel-Hoffnung

Die Leverkusener bleiben trotz ihrer Schwäche im Endspurt im Titelrennen dabei. Denn auch die Münchner konnten sich gegen Borussia Dortmund nicht durchsetzen (2:2). Auch wenn die Chancen mit sechs Punkten in fünf ausstehenden Partien eher theoretischer Natur sind.

"Einen Gefallen haben wir uns heute nicht getan. Es wird nicht einfacher", sagte Hradecky. Und Alonso ergänzte: "Es ist nicht vorbei.“ Dennoch habe er das Gefühl, dass es nun "schwieriger ist. Wir sind nicht euphorisch.“ Ernsthafte gemeinte Zuversicht sieht sicherlich anders aus.