In Australien längst ein Vorbild Torhüterin Arnold - Elfmeterheldin mit besonderer Geschichte
Australiens Torhüterin Mackenzie Arnold war eine der Heldinnen bei den "Matildas", die durch ihren Sieg im Elfmeterschießen gegen Frankreich erstmals in ein WM-Halbfinale eingezogen sind. Arnold verschoss ihren Elfmeter, hielt aber gleich drei. Ein Vorbild ist sie für viele Menschen in Australien allerdings auch aus einem anderen Grund.
Nach dem längsten Elfmeterschießen der WM-Geschichte brach über Mackenzie Arnold der Jubel ihrer Mitspielerinnen zusammen. Vor knapp 50.000 Fans im ausverkauften Brisbane Stadium hatte die Torhüterin die Nerven behalten. "Ich habe mich noch nie so gefühlt wie jetzt. Ich bin so stolz auf die Mädels. Aber ich weiß nicht, was ich sagen soll - ich bin überwätigt", sagte die sichtlich bewegte Spielerin des Spiels.
Schon zwei Elfmeter der Französinnen hatte sie gehalten, als sie mit ihrem eigenen Versuch als fünfte Schützin das Halbfinale hätte klarmachen können. Doch sie scheiterte am Pfosten. Die 29-Jährige schaute, als könnte sie es selbst nicht glauben.
Der Grat zwischen Deppin und Heldin war schmal, aber Arnold ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Zehn Elfmeter (insgesamt waren es 20), eine weitere Arnold-Parade und ein Pfostentreffer später war das australische Wintermärchen um ein Kapitel reicher. In Sydney treffen die "Matildas" am Mittwoch (16.08.2023, 12 Uhr MESZ, live im Ersten und auf sportschau.de) im brisanten Halbfinale auf England.
Heldin mit zwei Hörgeräten
Heldenstatus hatte Arnold, die ihre erste WM spielt, allerdings schon Monate vor dem Turnier erlangt. Und dabei spielten ihre sportlichen Qualitäten eine deutlich kleinere Rolle. Im April machte die Frau aus Queensland bei Instagram öffentlich, dass sie schlecht hört und ab sofort Hörgeräte trägt.
Ein Video zeigt sie bei ihrem Besuch beim Hörgeräte-Akustiker und mit ihrer "kleinen Anpassung". Sie habe sich lange vor diesem Tag gedrückt, aber er verändere ihr Leben. "Ich könnte nicht dankbarer sein", sagte Arnold.
Sehr positive Resonanz bei Instagram
Ihr Post löste unter ihren damals 44.000 Followern (mittlerweile sind es fast 100.000) große Freude aus. Eine 15-Jährige antwortete: "Du bist dabei, ein großes Vorbild für Mädchen wie mich zu werden, die selbst Hörprobleme haben und sich fragen, was die anderen auf dem Fußball-Platz denken." Eine andere Frau kommentierte: "Das ist großartig. Du weißt gar nicht, wie viele Menschen du damit inspirieren wirst."
Ich kann es kaum erwarten, dir ins Ohr zu schreien, wie sehr ich dich liebe.
Und auch zahlreiche Mitspielerinnen im Nationalteam reagierten. Katrina Gorry meinte bespielsweise: "Ich bin stolz auf dich. Ich kann es kaum erwarten, dir ins Ohr zu schreien, wie sehr ich dich liebe." Caitlin Foord frotzelte, wie sehr sie sich darauf freue, nicht mehr alles ständig wiederholen zu müssen.
Hörschwäche wird in Zeiten von Corona zum großen Problem
Arnolds Hörschwäche war besonders in der Corona-Zeit zu einem richtigen Problem geworden. "Als alle Masken getragen haben, habe ich erst gemerkt, wie oft ich tatsächlich Lippen lese", sagte sie in einem Interview. Ihre Hörfähigkeit lag zwar noch bei 70 Prozent, aber hohe Töne konnte sie kaum noch wahrnehmen und auch bei bestimmten Lauten wurde es immer schwieriger.
Ihr Bruder überzeugte sie schließlich, dass sie in London, wo sie für West Ham United in der Super League spielt, unbedingt eine Expertin aufsuchen muss. Und weil diese ihr erklärte, dass das Problem immer schlimmer würde, wenn sie nichts dagegen tut, stimmte sie zu.
In den WM-Spielen ohne Hörgeräte
Nach 29 Jahren ohne fremdelt Arnold allerdings nach wie vor mit ihren Hörgeräten. In den WM-Partien trägt sie diese nicht, weil sie "daran zu viel herumspielen würde". Für Trainer Tony Gustavsson ist das okay, für ihn sei es egal, "ob ich sie von der Seite vier-, fünfmal oder bloß ein-, zweimal anschreien muss", sagte er schmunzelnd.
Arnold selbst erklärte, es sei ja nicht so, dass sie eine Unterhaltung mit ihren Mitspielerinnen führen wollte, wenn sie auf den Platz geht. Womöglich würden sie die vielen Zuschauer und das ganze Drumherum sogar ablenken. "Ich habe nicht das Gefühl, etwas zu verpassen", sagte die Torhüterin.
Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, ob ich meine Hörgeräte trage oder beiseite lege.
Eigentlich trägt sie die Hörgeräte aber mittlerweile zumindest während der Spielvorbereitung immer. Und so führte sie ihre nicht so gute Leistung im zweiten Gruppenspiel gegen Nigeria (2:3), nach der Australien schon vor dem WM-Aus gestanden hatte, auch darauf zurück, dass sie Hörgeräte teilweise beiseite gelegt hatte. "Ich bin viel aufmerksamer und viel mehr mit allem verbunden, wenn ich sie trage", haderte die 29-Jährige, die aus ihrem Fehler lernte.
Trainer Gustavsson: "Arnold hat uns das Spiel gewonnen"
Gustavsson betonte jedenfalls, wie gut Arnold mit Tony Franken zusammengearbeitet hätte. Der Torwarttrainer hatte die Torhüterin auf die französischen Schützinnen vorbereitet. Der Chefcoach pries allerdings besonders die Stärken der Keeperin. "Dass 'Macca' den Elfmeter verschossen hat und trotzdem im Spiel geblieben ist, zeugt von ihrer mentalen Stärke. Sie war die Person, die Spielerin, die uns das Spiel gewonnen hat", sagte Gustavsson.
Große Party im Stadion - hohe Einschaltquote zu Hause
Und das machte Arnold vor einem riesigen Publikum. Mehr als 4,7 Millionen Menschen haben sich die Partie laut australischen Medienberichten am Fernseher angeschaut - mehr als bei allen großen Sportereignissen der vergangenen 15 Jahre. Getoppt wurde diese Zahl zuletzt, als Tennis-Nationalheld Lleyton Hewitt 2005 im Finale der Australian Open stand (5,56 Millionen).
Arnold konnte es auch am Morgen nach der großen Party in Brisbane rund um das Viertelfinale gegen Frankreich nicht fassen. "Ich bin immer noch sprachlos, was für eine Nacht. Danke Brissy", schrieb sie bei Instagram. Dazu das Versprechen: "Dieses Team wird weiter alles geben." Und das gilt ganz sicher auch für seine Torhüterin selbst. Die antwortete auf die Frage, ob Australien Weltmeister werden könne, kurz und knapp: "Natürlich!"